Mülheim.. Frank Luderer ist Pilot am Steuer des Blimps. Vom Tempo her ist ihm alles vertraut zwischen Schallgeschwindigkeit und dem Tuckern von „Theo“.


Wenn das WDL-Luftschiff „Theo“ ab Ende April seine Runden über Mülheim und dem Ruhrgebiet dreht, sitzt Frank Luderer am Ruder. Der 54 Jahre alte Luftschiffkapitän genießt die entschleunigte Handarbeit am Steuer in Sichtweite zu Landschaft und Städten unter und den Kontakt zu seinen flugbegeisterten Passagieren hinter sich.

Pilot Frank Luderer im Cockpit eines Verkehrsflugzeugs BAe 146 für den Passagierbetrieb.
Pilot Frank Luderer im Cockpit eines Verkehrsflugzeugs BAe 146 für den Passagierbetrieb. © Luderer, Archiv | FUNKE Foto Services






Vor fast drei Jahrzehnten war sein Arbeitsplatz noch äußerst temporeich (und ziemlich einsam): Luderer saß im Cockpit der MIG 21, ein Kampfflugzeug im Dienst der NVA.

Absolvent der Offiziershochschule

Von doppelter Schallgeschwindigkeit bis zu den gemächlichen 50, 60 Kilometern pro Stunde, mit denen „Theo“ meistens fliegt: Dazwischen liegt ein ereignisreiches Leben. Der gebürtige Bautzener Luderer, der heute mit seiner Familie in Essen wohnt, hatte ja schon Karriere gemacht, als es den zweiten deutschen Staat dann nicht mehr gab: Als Absolvent der Offiziershochschule der Luftstreitkräfte war er Pilot mit Ingenieursdiplom und arbeitete beim Jagdfliegergeschwader im damaligen NVA-Fliegerstützpunkt Holzdorf. Für den flugbegeisterten Luderer ein Weg, der sich schon in jungen Jahren abzeichnete: mit Segelfluglehrgang und Motorflugschein in der (Berufs)-Schulzeit.

Wie sich Schallgeschwindigkeit anfühlt, weiß Frank Luderer: Das Bild zeigt  ihn im Jahr 1990 im Cockpit einer MIG 21.
Wie sich Schallgeschwindigkeit anfühlt, weiß Frank Luderer: Das Bild zeigt ihn im Jahr 1990 im Cockpit einer MIG 21. © Müller | FUNKE Foto Services






Pilot Frank Luderer, für den der Arbeitsplatz in der Luft nicht einfach ein Job, sondern immer auch Berufung war, kann so ziemlich alles fliegen, was sich vom Boden erhebt. Segelflieger, Ultraleichtflieger, Gleitschirme, Motorsegler, Hubschrauber gar . Nach der Wiedervereinigung 1990 ging es darum, den Beruf neu zu (er)finden. Erst mal blieb Luderer auf dem Boden, fuhr ein paar Monate lang Getränke per Lkw aus.

Drachenfluglehrer im Sauerland

Drachenfluglehrer im Sauerland war eine Option, die er erwogen hatte. Im Mai 1991 dann erfuhr er über einen Freund, dass die WDL in Mülheim Leute für die Bodencrew suchte. Er fing als „Seilfänger“ am Mülheimer Flughafen an, und Firmenchef Theodor Wüllenkemper zeigte rasch Interesse an Frank Luderers Pilotenvergangenheit. Nach entsprechender Ausbildung fliegt Frank Luderer seit 1992 Luftschiffe im Dienst der WDL, wenige Jahre später kamen die Verkehrsflugzeuge der WDL-Flotte dazu. Heute sind es Passagierflugzeuge vom Typ BAe 146 mit 100 Sitzen.

Seit 2016 ist Frank Luderer WDL-Flugbetriebsleiter in Mülheim. Zwischen Mai und Oktober steuert er den Blimp, die Verkehrsflugzeuge des Unternehmens in Köln/Bonn in den übrigen Monaten.

Luftschiff „Theo“ wird generalüberholt: Ein neues Triebwerk hat es schon bekommen, die Sitze werde neu mit Leder bezogen.
Luftschiff „Theo“ wird generalüberholt: Ein neues Triebwerk hat es schon bekommen, die Sitze werde neu mit Leder bezogen. © Oliver Müller | FUNKE Foto Services






Mittwochs bis sonntags stemmt Luderer in der Saison vier bis acht Blimp-Flüge am Tag, die Passagiere wechseln, der Pilot nicht. Ist das noch ein spannender Job? „Luftschifffliegen ist noch richtige Handarbeit, weil man sozusagen mit dem Hintern fliegen muss“, sagt Luderer begeistert. So hat das Luftschiff Fußpedale für Seitenruder, Handhebel für Kraftstoff- und Luftzufuhr.

Pilot muss auch Entertainer sein

Das „Hosenbodengefühl“ sei wichtig, erklärt Luderer, eine Frage der Erfahrung. Bei den Fluggästen muss er auch Entertainer sein. „Das Beste ist, wenn man seinen Beruf mag“, sagt Luderer. „Es macht ja Spaß, mit den Leuten zu kommunizieren – die steigen ja aus demselben Grund ein, wie ich: Sie wollen fliegen, und die Erde von oben sehen.“ Fliegt ein Luftschiff eigentlich, oder fährt es, wie ein Ballon? „Wir fliegen!“ sagt Frank Luderer. Der Luftschiffkapitän muss das ja wissen.

Theos Flugsaison beginnt am 1. Mai

Die Flugsaison für „Theo“ beginnt am 1. Mai. Für Betriebs- und Checkflüge wird Pilot Frank Luderer schon ein paar Tage eher aufsteigen. Dann müssen auch die 15 „Seilfänger“ parat stehen, die das Luftschiff bei der Landung festhalten.

Klaus Orben und Hans Kollhof bei Wartungsarbeiten im Hangar.
Klaus Orben und Hans Kollhof bei Wartungsarbeiten im Hangar. © Oliver Müller | FUNKE Foto Services






Derzeit steht „Theo“ noch ohne Werbebanner im Hangar, vor jeder Saison wird er generalüberholt, alles auf den neuesten Stand gebracht. Werkstattleiter Hans Kollhof ist ein erfahrener Mann: Jedes WDL-Luftschiff hat er bisher mitgebaut. Die beiden Lycoming-Flugzeugmotoren, die je 230 PS leisten, werden gewartet, eins der Triebwerke wurde ausgetauscht, obwohl es die rund 2400 Stunden Laufzeit noch nicht absolviert hat.

1500 Fluggäste haben bereits gebucht

Aber sonst müsste man das mitten in der Saison machen, und diese Zeit ist ja schon fest verplant: 1500 Fluggäste haben bereits gebucht, sagt WDL-Sprecher Frank Peylo. Wenn es gut läuft in diesem Jahr, werden es am Ende der Saison über 3000 Fluggäste sein. Das hängt ja auch vom Wetter ab – „über 15 Knoten Wind fliegen wir nicht“, sagt Frank Luderer.

>>>NUR WENIGE PILOTEN KÖNNEN LUFTSCHIFFE FLIEGEN

Nur rund zwei Dutzend Leute weltweit, so schätzt Frank Luderer, können überhaupt Luftschiffe fliegen. Das Unternehmen „Zeppelin NT“ in Friedrichshafen hilft mit Piloten aus, wenn Kapitän Frank Luderer in der Gondel mal vertreten werden muss.



Bei der WDL werden künftig auch Luftschiffkapitäne ausgebildet. Ein Interessent aus England hat sich bereits gemeldet