Warum vor allem der stationäre Pflegefall zum Armutsrisiko wird, obwohl die Pflegeversicherung (siehe Kasten) einen Teil der anfallenden Pflegekosten erstattet, macht eine im Sozialamt erstellte Übersicht der Pflegekosten deutlich.

In der Pflegestufe 1 kostet ein stationärer Pflegeplatz, je nach Altenheim, monatlich zwischen 2600 und 3300 Euro. In der Pflegestufe 2 fallen monatlich zwischen 3100 Euro und 4100 Euro an. Und in der höchsten Pflegestufe 3 werden monatlich sogar zwischen 3800 und 4900 Euro fällig. Es zeigt sich: Selbst, wenn man eine monatlich Rente von 1000 Euro und den Zuschuss aus der Pflegeversicherung mit einrechnet, bleibt in allen Fällen eine Finanzierungslücke.

Besonders hoch sind die Kosten in der pflege- und deshalb personalintensiven Pflegestufe 3, weil hier auf 1,8 Bewohner eine Pflegekraft kommt. Dagegen kümmert sich in der Pflegestufe 2 eine Pflegekraft um 2,5 und in der Pflegestufe 1 sogar um vier Bewohner.

Sehr personalintensiv

„80 Prozent der Pflegekosten sind Personalkosten“, unterstreicht Yvonne Fragemann, die in der Geschäftsführung der Mülheimer Seniorendienste, die die städtischen Altenheime Gracht, Kuhlendahl und Auf dem Bruch betreiben, für das Pflegemanagement zuständig ist.

Fragemann schätzt, dass aktuell rund 30 Prozent der 383 städtischen Altenheimbewohner in der Pflegestufe 3 betreut werden. Ihr Kollege Christoph Happe, der im Ruhrgarten den Sozialdienst leitet, weiß, dass derzeit 18 von 100 Bewohnern in der Pflegestufe 3 sind. Fachabteilungsleiter Peter Todt vom Sozialamt schätzt den stadtweiten Anteil der Altenheimbewohner mit Pflegestufe 3 auf 25 Prozent. Warum vor allem die kostenintensive Pflegestufe 3 auch ursprünglich wohlhabende Altenheimbewohner relativ schnell zu Sozialfällen machen kann, zeigen zwei Beispiele aus den Modellrechnungen des Sozialamtes.

Finanziell überfordert

Im Engelbertusstift kostet der Altenheimplatz der Pflegestufe 3 monatlich 3914 Euro. Selbst wenn man eine Rente von 1000 Euro und ein Pflegewohngeld von 344 Euro sowie den monatlichen Zuschuss aus der Pflegeversicherung von 1550 Euro voraussetzt, bleibt ein monatlicher Restbetrag von 1019 Euro . Im besonders personal- und deshalb auch kostenintensiv arbeitenden Ruhrgarten, wo der Altenheimplatz der Pflegestufe 3 monatlich 4965 Euro kostet, bleibt in der gleichen Modellrechnung am Ende des Monats eine zu schließende Kostenlücke von 2062 Euro. Das hat Folgen. Im Ruhrgarten ist der Anteil der Heimbewohner, die ihre stationären Pflegekosten, zu denen nicht nur Personal, sondern auch Unterkunfts- und Bauunterhaltungskosten gehören, nur noch mit Hilfe des Sozialamtes zahlen können, zwischen 2003 und 2013 von 29 auf 37 Prozent angestiegen. Und das ist bei weitem noch nicht der höchste Anteil in Mülheim.

In den städtischen Altenheimen der Mülheimer Seniorendienste schwankt der Anteil der Menschen , die nicht mehr selbst für ihre stationären Pflegekosten aufkommen können, zwischen 49 und 73 Prozent.

Mehr Geld für die Pflege

Für den zuständigen Abteilungsleiter des Sozialamtes, Todt, steht angesichts dieser Tatsachen fest, dass die Pflegekostendiskussion neu und verstärkt geführt und politisch überlegt werden muss, ob man den im demografischen Wandel tendenziell weiter ansteigenden Pflegekosten mit dem Einsatz zusätzlicher Steuermittel oder aber über einen erhöhten Beitrag zur Pflegeversicherung Herr werden will. Eine dritte Möglichkeit (siehe unten) wäre die Stärkung der privaten Pflegevorsorge, die sich aber nicht jeder leisten können dürfte.

Todt weist daraufhin, dass jemand, der Hilfe zur Pflege beantragt, dem Sozialamt seine finanziellen Verhältnisse vollständig offenbaren muss und nur ein Schonvermögen von 2600 Euro behalten darf. Auch Immobilien können zur Deckung der Pflegekosten herangezogen werden, wenn sie nicht von Familienangehörigen bewohnt werden. Auch wenn es Freibeträge gibt und auch Kosten für den Unterhalt von Kindern oder die eigene Altersvorsorge geltend gemacht werden können, betont Todt, dass auch Kinder und Ehepartner mit den Pflegekosten für Angehörige finanziell nicht überfordert werden dürfen. Derzeit müssen pro Jahr aber nur zehn bis 20 solcher Pflegeunterhaltsverpflichtungen von Angehörigen vor Gericht geklärt werden.