Die Jahresausstellung der Mülheimer Künstler gibt es seit 85 Jahren – ein Novum in der Museumslandschaft. Was ihre Form betrifft, ist die bei Besuchern beliebte und geschätzte Präsentation etwas in die Jahre gekommen. So haben die Mülheimer Künstler in jüngster Vergangenheit an den Stellschrauben gedreht, Themenausstellungen gemacht, die Qualität verbessert – aber Jubel über das Ergebnis sieht anders aus. Größtes Manko: Es mangelt am kreativen Nachwuchs in der Stadt an der Ruhr.
Der Mülheimer Kunstverein hat nun einen Vorstoß gewagt: Ende März wurde auf der Vorstandssitzung beschlossen, den Preis für die Jahresausstellung nur noch alle zwei Jahre zu vergeben und dafür die Dotierung von 2000 Euro auf 5000 Euro zu erhöhen. Dadurch erhält das Ganze einerseits mehr Gewicht. Andererseits soll sich das Format verjüngen und weiter in die Region öffnen, „so dass sich Künstler ruhrgebietsweit auf den Preis bewerben können“, erläutert Vorsitzender Rainer Grillo.
Bei der letzten Jahresausstellung hätte das Durchschnittsalter der Künstler bei 55+ gelegen. Nur vier der insgesamt 58 Teilnehmer seien unter 40 Jahre gewesen. Und so ist eine Überlegung, dass künftig das Augenmerk stärker auf die Nachwuchsförderung gelegt wird.
Bislang war es gängige Praxis, dass sich ausschließlich Mülheimer Künstler für den Preis bewerben konnten. „Aber unter den bisherigen Voraussetzungen verkleinert sich der Kreis immer weiter“, sagt Grillo: „Es ist absehbar, dass irgendwann jeder den Preis haben wird“. Und das sei auch nicht Sinn und Zweck. Wobei sich die Mülheimer Künstler natürlich auch künftig darum bewerben könnten. Nach dem Tod der ehemaligen Sponsorin Beate Lickfeld ist der Kunstverein 2009 eingesprungen, um den Preis auch weiterhin möglich zu machen.
Bei Museumsleiterin Beate Reese, die seit dem Kulturhauptstadtjahr mit 20 Ruhr-Kunst-Museen vernetzt ist und gute Erfahrungen damit gemacht hat, trifft das Vorhaben des Kunstvereins auf offene Ohren. „Ich sehe es als nötig an, eine Öffnung der Jahresausstellung auf das Ruhrgebiet sowie eine Verjüngung herbeizuführen.“ Als Museumsleiterin habe sie die Aufgabe, sich über den Tellerrand hinauszuwagen. „In der allgemeinen Entwicklung muss sich ein Kunstmuseum positionieren.“ Das heiße aber nicht, „dass wir lieb gewordene Traditionen über Bord werfen“. In welcher Form die Jahresausstellungen künftig umgesetzt werden sollen, sei noch zu klären. „Das Ziel ist definiert“, stellt Rainer Grillo klar, „die Kriterien und Modalitäten aber noch nicht“.