Mülheim.. Minuszinsen muss der Privatkunde nicht fürchten – zumindest in absehbarer Zeit nicht. Die Zweigstellen bleiben, das Beratungsgeschäft wird ausgebaut.
Personalabbau, Gebührenerhöhungen, Filialschließungen, Reduzierung der Ausbildung – Banken reagieren derzeit recht unterschiedlich auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die ihnen zunehmend Sorgen bereitet. Was droht den Mülheimern? „Unser Vorteil ist“, sagt der Vorsitzende des Vorstandes, Martin Weck, im Gespräch mit dieser Zeitung, „dass wir noch eine hohe Kreditquote haben.“ Heißt: Die Sparkasse Mülheim profitiert vorerst noch von den Geschäften der Vergangenheit.
Doch nur bei der Kreditquote steht sich die Mülheimer Sparkasse besser als manches andere Haus: Weck zählt all die Zweigstellen auf, die sich vor noch 15 Jahren wie ein Netz über das recht überschaubare Stadtgebiet gespannt haben. „Wir haben die Zahl von 21 auf zwölf reduziert“, betont er und sieht damit die Sparkasse gut aufgestellt und für den Kunden, egal wo er in der Stadt lebt, dennoch gut erreichbar. Damit habe das Unternehmen auch frühzeitig auf die fortschreitende Digitalisierung reagiert, mit der viele keine Zweigstelle mehr für das alltägliche Bankgeschäft benötigen. Und auch wenn der Sparkassen-Vorstand die Digitalisierung und Technisierung weiter ausbauen will, so denkt er nicht an die weitere Aufgabe von Filialen.
Arbeitszeitmodelle
Einen spürbaren Personalabbau, den viele Arbeitnehmer in der Geldbranche derzeit fürchten und erleben, soll es bei der Sparkasse nicht geben. Man werde, so Weck, jedoch eine gewisse Fluktuation durch Altersabgänge nutzen, ansonsten sei das Haus bestrebt, neue Arbeitszeitmodelle und Altersteilzeit umzusetzen. Und: Bis zum Jahr 2023 sei vorgesehen, jedes Jahr 10 bis 15 Auszubildende aufzunehmen. Wer sich bewährt, soll auch anschließend übernommen werden. Längst nicht überall ist dies mehr selbstverständlich. Dabei ist bis 2023 für die Sparkassen eine sehr lange Zeit. Was alles in den nächsten drei, vier oder fünf Jahren noch auf dem Geldmarkt passiere, wisse keiner. Prognosen mag denn auch keiner in der Sparkasse abgeben.
An dritten Stelle die Produkte
Sicher ist, man will das Beratungsgeschäft weiter ausbauen. Sichtbar wird dies bereits durch die Umbauten der Hauptstelle am Berliner Platz oder jetzt auch in der Zweigstelle in Saarn: Das Personal im Hintergrund ist mehr geworden. Altersvorsorge, Lebensversicherung, Anlagemöglichkeiten – Weck sieht auf vielen Feldern mehr denn je Fachwissen durch Berater gefragt. „Welche Wünsche und Bedürfnisse hat einer, welche Möglichkeiten gibt es, darum geht es, erst an dritter Stelle kommen unsere Produkte, die angeboten werden“, so der Vorsitzende. Für ihn steht fest, es werde immer wichtiger, sich sehr früh um die Altersvorsorge zu kümmern, nicht etwa erst mit 40 Jahren oder gar noch später.
Gute Beratung, schnelle Geldtransfers, mehr Service – das habe, so Weck, seinen Preis. Auch wenn Gebührenerhöhungen nicht anstehen, ist er überzeugt, dass man sich immer mehr auch in Deutschland von der Vorstellung verabschieden muss, dass Konten und Dienstleistungen zu einem sehr kleinen Preis zu haben sein werden. In anderen Ländern Europas kosten Bankkonten längst deutlich mehr als in Deutschland.