Mülheim. Holger Steffens trampte sieben Wochen lang mit verschiedenen Luftfahrzeugen quer durch Europa. Seine letzte Etappe führte durchs Ruhrgebiet - von Mülheim nach Dortmund. Der 44-jährige Extrem-Tramper aus Dortmunder hatte bei seiner Reise sogar ganz bewusst auf Bargeld und Kreditkarten verzichtet.
Einmal Mülheim – Dortmund, nicht zurück. Vom hiesigen kleinen Flughafen aus startete Holger „Hoss“ Steffens, der sich selbst gerne als „Extremtramper“ bezeichnet, in der vergangenen Woche die Schlussetappe seines jüngsten Unterfangens. Vom 25. August bis zum 8. Oktober war der Dortmunder per Anhalter quer durch Europa geflogen. Nirgendwo nahm man ihn schneller mit als in Essen/Mülheim. Ein „Rekord“, der den 44-Jährigen am Ende begeisterte.
Für Steffens, der vorrangig als Journalist und PR-Fachmann tätig ist, stellt das „Airtrampen“ den bisherigen Höhepunkt einer Reihe ähnlicher Projekte dar, die vor einigen Jahren „mit einer Wette unter Kollegen“, wie er berichtet, begann. Seinerzeit heuerte er unter dem traditionellen Motto „Hand gegen Koje“ auf Schiffen an. Später trampte er u.a. auf Motorrädern, mit Sulky ohne Pferd oder mit dem öffentlichen Nahverkehr. „Diese Reisen leiste ich mir etwa einmal im Jahr“, sagt der Abenteurer. Nun also sollten ihn beliebige Luftfahrzeuge mitnehmen, von Dortmund nach Lissabon und zurück, jedoch unter erschwerten Bedingungen.
In Ausnahmefällen mit dem Auto getrampt
Denn der Airtramper durfte weder Bargeld noch Kreditkarten mitnehmen, keinen Flug buchen oder bezahlen. Er reiste mit leichtem Gepäck: „Insgesamt elf Kilo, samt technischer Ausrüstung“, also Kamera, Laptop, etc. Es ging durch Deutschland, im Zick-Zack durch Frankreich bis Nordspanien, dann aber blieb Steffens vier nervenzehrende Wochen lang in Bilbao hängen. Bis Lissabon schaffte er es nicht mehr.
Dafür bewältigte er am Ende noch die „Königsdisziplin“: Nachdem ihn überwiegend kleine Privatflieger mitgenommen hatten, jettete er mit der spanischen Vueling Airline über Barcelona nach Düsseldorf zurück. Hier griff eine Sonderregel: „Wenn ein Flugplatz ,tot’ war, überhaupt nicht erreichbar, durfte ich auch als Anhalter mit dem Auto fahren.“ In der NRW-Landeshauptstadt war dies der Fall, denn alle Bereiche, die für den Airtramper interessant gewesen wären, galten als „Safety Area“, waren unzugänglich.
Streckenweise „katastrophal“
Steffens stellte sich also an den Straßenrand, und ein Pkw-Fahrer setzte ihn am Flughafen Essen/Mülheim ab, wo der Abenteuerreisende am Tower anklingelte und eingelassen wurde. „Für die Leute von der Luftaufsicht dort war es eine Frage der Ehre unter Ruhrgebietlern, mich nach Dortmund zu bringen.“ Sie hätten herumtelefoniert und binnen einer Stunde einen Platz in einer zweimotorigen Diamond organisiert. „Das war Rekord“, versichert der Vielflieger, „schneller ging es noch nie.“ Das Team einer Mülheimer Flugschule brachte Steffens heim. Dank persönlicher Kontakte zum Dortmunder Airport wurde ihnen die Landegebühr erlassen.
Und so endete die anstrengendste, streckenweise „katastrophale“ Tramper-Tour des 44-Jährigen doch noch relativ entspannt.
Tour-Tagebuch kann im Internet gefunden werden
Alle Stationen der siebenwöchigen Luft-Tour von Holger Steffens sind dokumentiert unter www.airtramper.com. Die Website gibt es ausschließlich auf Englisch, weil diese Sprache in Fliegerkreisen Standard sei, so Steffens. Auf eine Übersetzung habe man aus zeitlichen Gründen verzichtet.
Zwei Bücher hat der Journalist und PR-Fachmann bislang veröffentlicht, so erschien im Jahr 2009 der Titel „Hand gegen Koje“ über seine Erlebnisse als Schiffs-Tramper, mit dem die Reihe ungewöhnlicher Anhalter-Projekte startete. Ein Buch über das Airtrampen ist noch nicht fest geplant, Steffens hat die Idee aber nach eigenen Angaben mehreren Verlagen angeboten. Reportagen sollen demnächst unter anderem in Flugmagazinen erscheinen.
„In Deutschland hält jeder fünfte Wagen an“
Der 44-Jährige, der in Dortmund lebt, war laut Biografie schon in diversen Berufen tätig, so arbeitete er als junger Mann als Sanitäter in der Boden- und Luftrettung.
Autofahren per Anhalter findet Steffens übrigens hierzulande einfach: „In Deutschland hält jeder fünfte Wagen an. Viele sagen: ,Toll, mal wieder ein Tramper! Das habe ich früher auch gemacht. . .’“