Weg von der reinen Bildungseinrichtung, hin zum auch nachmittags geöffneten „Lern- und Lebensraum“ als Treffpunkt für neun- bis 19-Jährige. Das Projekt „Café Ziegler“ in Mülheim könnte landesweite Strahlkraft haben.
Ein Jugendzentrum direkt in einer Schule einzurichten und sie so zum Freizeitreffpunkt weiterzuentwickeln, ist ein Projekt mit landesweiter Strahlkraft. Einen ähnlich konsequenten Versuch gab es in Nordrhein-Westfalen bislang jedenfalls nicht. Auch in Düsseldorf hat man den Vorstoß des Karl-Ziegler-Gymnasiums und der Caritas für die Jugendeinrichtung „Café Ziegler“ wohlwollend zur Kenntnis genommen und prüft derzeit, ob eine 80-prozentige Förderung über drei Jahre (wir berichteten) möglich ist. Die Stadtverwaltung begleitet das Projekt unter dem Namen „Lern- und Lebensort Schule – Café Ziegler“ ebenfalls positiv.
Die Mülheimer Politik wurde in den vergangenen zwei Wochen über den Plan informiert, in dem Gymnasium ein Jugendzentrum einzurichten, das ab 16 Uhr geöffnet haben und ein Treffpunkt mit eigenständigen Freizeit- und Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche zwischen neun und 19 Jahren sein soll. Die Schulkonferenz erfuhr von dem Projekt am Donnerstagabend. Die Reaktionen sind bislang wohlwollend, aber noch zurückhaltend.
Deshalb müsse es jetzt darum gehen, Sorgen und Vorbehalte zu nehmen, sagt Georg Jöres, einer der Ideengeber und Fachdienstleiter der Caritas, die bereits seit 2010 den Offenen Ganztag am Karl-Ziegler-Gymnasium führt. Zum Beispiel müsse das Lehrerkollegium nicht befürchten, die Jugendarbeit übernehmen zu müssen, so Jöres. Dafür wolle man 1,5 Stellen schaffen, um Sozialpädagogen einzustellen. Außerdem seien Ressourcen für studentische Hilfskräfte vorgesehen. Genauso wenig solle mit dem neuen Jugendzentrum eine Konkurrenz zu den bereits bestehenden elf Jugendeinrichtungen in der Stadt entstehen. „Eine sinnvolle Ergänzung“ nennt Jöres das Café Ziegler. Schließlich wolle man die Jugendlichen nicht aus anderen Einrichtungen herausziehen, sondern ein Angebot für diejenigen Mädchen und Jungen schaffen, die sich von den bereits bestehenden Angeboten nicht angesprochen fühlen. Und die gebe es in Mülheim. „Ein Jugendzentrum innerhalb einer Schule – das ist neu“, sagt Georg Jöres. Und es birge Chancen.
Entscheidung nach den Ferien
In der Vergangenheit ist der Freizeitrahmen für Schüler geschrumpft. Eine Folge war unter anderem die Einrichtung des Offenen Ganztags. Die Vorstellung des „Café Ziegler“ geht nun darüber hinaus. Die Idee ist, Schule generell nicht nur als Bildungsanstalt, sondern auch als Lebensort darzustellen und ein offenes Angebot für jeden zwischen neun und 19 Jahren zu schaffen, egal ob er oder sie aufs Karl-Ziegler-Gymnasium geht oder nicht.
Politik, Schulen, Jugendeinrichtungen: Die Klinken, die Georg Jöres und die Karl-Ziegler-Schule putzen müssen, sind zahlreich. Doch den Initiatoren ist wichtig, einen breiten Konsens zu erzielen. „Wir möchten alle mit ins Boot holen“, betont der Caritas-Fachdienstleiter. Deshalb sei ihnen Transparenz ungeheuer wichtig. Ein Anfang waren die Vorstellungsrunden in den politischen Ausschüssen und bei der Schulkonferenz. Nach den Sommerferien möchten die Caritas-Sozialdienste und das Karl-Ziegler-Gymnasium das Projekt konkreter vorstellen und über Inhalte, Standort und die genauen Kosten sowie deren Aufteilung informieren. Danach soll darüber abgestimmt werden, ob das Café Ziegler wirklich an den Start gehen soll.