Was haben Seelöwen, Fotofische und Barbies in Pelzmänteln gemeinsam? Sie sind Hingucker und ziehen Schaulustige an. Denn das wollen die Künstler erreichen: Innenstadt-Besucher sollen Ungewöhnliches in Schaufenstern erspähen, stehen bleiben – und staunen. Beim ersten Mülheimer Schaufenster-Wettbewerb „Ich sehe was, was Du nicht siehst, und das ist . . .“ stellen 36 Kreativschaffende in 36 Schaufenstern von Einzelhändlern bis zum 15. Oktober ihre Werke aus.
Künstler und Händler bilden eine Kreativeinheit. Und profitieren voneinander – schließlich darf der eine die Fläche des anderen für seine Kunst nutzen, der andere freut sich über die kostenlose und vor allem originelle Gestaltung seiner Werbefläche. So werden Schaufenster zu gläsernen Guckkästen, an denen die Menschen nicht vorüber schlendern, sondern stehen bleiben. Ziel des Ganzen: „Den Mülheimern zu zeigen, dass sich etwas in der Innenstadt tut“, erklärt Daniela Städter von der Wirtschaftsförderung Mülheim und Business, die den Wettbewerb ins Leben gerufen und organisiert hat. Am Samstagvormittag trafen sich alle Beteiligten Künstler, Händler und Schaulustige zum Rundgang über Wallstraße, Löhberg und Kohlenkamp.
„Viele Leute bleiben stehen, sind erstaunt und schauen sich das eine Weile an“, erklärt Peter Jaquet, der ein Pelzmodengeschäft auf der Wallstraße betreibt. In seinem Fenster hat Oliver Hilterhaus eine Barbie-Clique mit kleinen Pelzmänteln ausgestattet. Die Szene gleicht einer Party rund um ein Miniatur-Sofa mit Leopardenfellbezug. „Sonst ist es in meiner Kunst so, dass ich den Wegwerfartikel Barbie extrem entfremde“, sagt Hilterhaus. „In diesem Fall habe ich sie in ihrem Urzustand gelassen – denn so erzielen sie bereits eine interessante Wirkung.“ Peter Jaquet ist mit der Wirkung zufrieden. „Es hat einen Bezug zu den Produkten und es hilft, die Innenstadt zu beleben.“
Glaskunst und Edelstahlwindspiele
Weiter zieht der Tross aus Designern, Fotografen, Malern und Grafikern die Wallstraße hinunter, vorbei an Glaskunst im Second-Hand-Modegeschäft, an glänzenden Edelstahlwindspielen im Drachenshop, an Aquarellen im Reisebüro. Im Schaufenster von Photo Mengede hat Künstler Hermann Rokitta Fenster in Fenstern geschaffen. „Hier sollen die Menschen durch Linsen schauen und Visionen entdecken.“ Stadt-Utopien zeigen sich dem, der durchblickt.
Die Innenstadt-Besucher schlendern vorbei an Fenstern, die zum Nachdenken anregen, zum Lachen bringen oder einfach nur schön aussehen. Bei Tabak Budde schmökern Modelle mit Zigarre in Ledersesseln vor Mülheimer Stadtkulisse, während im Fenster des Bistros nebenan ein Mund geformt aus Klebezetteln zum Betrachter spricht: „Mmhh!“ Meistens haben also die Werke auch einen Bezug zu dem, was verkauft wird. Modefotografie gibt es daher bei Damenmode Jürgens zu sehen: Fotograf Felipe de la Cruz setzte Mülheimer Promis in Szene: Roberto Ciulli im Scheinwerferlicht des Theaters oder Dagmar Mühlenfeld bei der Arbeit im Drehstuhl.
„Eine neue Perspektive in der Innenstadt vermitteln“, möchte Peter Rytz, der bei Art Expo mit Bildern rund ums Motto „Jazz we can“ Aufmerksamkeit erregt. „Wie einst Obama mit dem Slogan Yes we can, können auch wir gemeinsam mehr für die City erreichen“, meint er. Jazz lebe eben von Kreativität und Improvisation – genau wie Mülheim.