Mülheim.. Das Mülheimer Geohaus entwickelt mit sibirischen Wissenschaftlern ein Sensor-System, das helfen soll, Schäden an Gleisen und Straßen frühzeitig zu erkennen.

Neigt sich die Straßenbahn in der Kurve gefährlich weit zur Seite und quält die Umherstehenden dabei mit einem kreischenden Geräusch, „ist es schon längst zu spät“, sagt Hanns-Florian Schuster vom Geohaus.

„Wir arbeiten an einem Verfahren, das Schäden an Bahngleisen, im Untergrund der Gleise sowie Straßenschäden in Zukunft erkennt, bevor sie entstehen“, erklärt Schuster. Zur Entwicklung der dafür notwendigen Sensoren wurden beim zweiwöchigen Besuch der russischen Wissenschaftler Dr. Maxim Altyntsev und Dr. Andrey Ivanov im Kompetenzzentrum vom Geohaus und der Firma Agit aus Aachen Messungen erhoben.

Belastungen messen

„An Bussen und Bahnen installierte Sensoren könnten in Zukunft nicht nur die Verteilung der Belastungen auf Straßen und Schienen messen“, erklärt Dr. Otmar Schuster vom Geohaus die Vorteile der Innovation. „Auch die Qualität der Beschaffenheit der Straßen und Gleise wird dabei erfasst“, so der Vermessungsingenieur.

Sein Sohn Hanns-Florian Schuster erläutert die wirtschaftlichen Vorteile, die sich daraus ergeben: „Bei einer rechtzeitigen Erkennung und Ausbesserung der Gleisschäden würde sich die Lebensdauer der Schienen deutlich verlängern.“

„Wir haben rund zwei Gigabyte Daten gesammelt, die es nun auszuwerten gilt“, sagt Martin Pölöskey von Agit, der sich an den Messungen beteiligte.

Die Kooperation mit den beiden Wissenschaftlern der sibirischen State University of Geo-Systems and Technologies in Novosibirsk stelle „eine fruchtbare Zusammenarbeit mit wertvollen Erkenntnissen für die deutsche und russische Wirtschaft“ dar, so Dr. Maxim Altyntsev.

„Auch unter den widrigen politischen Bedingungen möchten wir die Zusammenarbeit aufrecht erhalten“, betont Dr. Otmar Schuster. Für die Arbeit seiner russischen Kollegen eröffnet die Kooperation mit Deutschland ganz neue Möglichkeiten: „Hier können wir Projekte realisieren, an die aufgrund der bürokratischen Hürden in Russland nicht zu denken wäre“, sagt Andrey Ivanov.

Marktreife in vier bis fünf Jahren

Dr. Otmar Schuster beschreibt die Bedeutung der Geoinformationen in der heutigen Zeit: „Sie ist stärker und zugleich schwächer als je zuvor. Stärker, weil sie von so großer Bedeutung ist, und schwächer, weil sie zum Gegenstand der Politik geworden ist, die darüber entscheidet, wo gebaut werden darf.“

Der Ingenieur Michael Nolden von der Firma Zenit ist ebenfalls an der Entwicklung der Innovation beteiligt und zeigt auf, wie lang der Weg zur Nutzung der sensorischen Messungen im Alltag noch sein wird: „Leider dauert die Markteinführung des Produktes oft länger als die Entwicklung selbst. Wir rechnen in diesem Fall mit vier bis fünf Jahren.“ In den nächsten zwei bis drei Jahren hoffe man jedoch zunächst auf ein Förderprojekt, um die Entwicklung abzuschließen. Interessenten für das neue Verfahren gebe es bereits.