Mülheim. Das Geld, das Krankenkassen für Alltagsbetreuer zur Verfügung stellen, bleibt häufig ungenutzt. Ein Workshop der Alzheimer Gesellschaft und dem Runden Tisch Demenz informierte am Weltalzheimertag über das Thema.
Diesen Satz hört man nicht oft – grundsätzlich und erst recht nicht in der Pflege. Peter Behmenburg von der Alzheimer Gesellschaft Mülheim sagt ihn dennoch und meint ihn absolut ernst: „Das ist gut finanziert; es stehen ausreichend Mittel zur Verfügung.“ Doch werden die schlichtweg nicht abgerufen. Angehörige, die einen an Demenz erkrankten Menschen pflegen, können einen Alltagsbetreuer engagieren, durch ihn Unterstützung und Entlastung erfahren. Der Runde Tisch Demenz und die Gesellschaft nutzten den Weltalzheimertag, um auf die Möglichkeit hinzuweisen und Betreuer mit einem Workshop zu unterstützen.
Alltagsbetreuer sind in der (Alten-)Pflege diejenigen, die Zeit haben, wenn die Pflegekraft schon wieder weiter muss. Sie kümmern sich um die Menschen abseits der Pflegeaufgaben, verbringen Zeit mit ihnen, gehen mit ihnen aus, helfen im Haushalt und beschäftigen sie. In Seniorenheimen gehören sie vielfach zum Team, entlasten dort das Pflegepersonal, sind für „die Ansprache zuständig“, wie es Peter Behmenburg formuliert.
Einen lieben Menschen im Stich lassen
Doch auch ambulante Pflegedienste beschäftigen Alltagsbegleiter, zudem gibt es selbstständig Tätige. Eben ihr Angebot ist es, das die Mülheimer Alzheimer Gesellschaft bekannter machen möchte. Denn gerade pflegende Angehörige werden durch Alltagsbetreuer entlastet, können mal rauskommen, Verantwortung abgeben.
Doch Letzteres ist oft der Knackpunkt, weiß Margret Illigens, die die Alzheimer-Selbsthilfegruppe leitet: „Viele haben den Anspruch, es alleine zu machen, und es fällt ihnen schwer, zuzugeben, dass sie es nicht mehr schaffen.“ Scham stecke oft dahinter, ein schlechtes Gewissen und das Gefühl, einen lieben Menschen im Stich zu lassen. Da ein Umdenken zu bewirken, weiß Margret Illigens aus unzähligen Gesprächen, ist unheimlich schwierig.
Fachleute sind sich sicher, dass das ein Grund, wenn nicht der Hauptgrund ist, warum das Geld, das die Krankenkassen für Alltagsbetreuer zur Verfügung stellen, ungenutzt bleibt, nach 18 Monaten verfällt. „75 Prozent der Mittel werden nicht ausgeschöpft“, sagt Behmenburg, der glaubt, dass mehr Information nötig ist. „Kein Pflegedienst wirbt mit seinen Alltagsbetreuern, weil das nichts einbringt.“
Dabei seien Alltagbegleiter meistens gut ausgebildete Fachleuchte: Wer selbstständig tätig ist, braucht etwa eine 400-stündige Fortbildung plus Zulassung der staatlichen Pflegekassen. Auch in Heimen haben alle Pflegebegleiter eine Ausbildung. „Bei Pflegediensten ist die Fortbildung freiwillig, aber wir haben festgestellt, dass die meisten in Mülheim ihre Mitarbeiter gut qualifizieren.“ Auch deshalb widmeten ihnen der Runde Tisch Demenz und die Gesellschaft die Aktion zum Weltalzheimertag – als Zeichen der Wertschätzung für eine Arbeit, die oft verkannt werde.