Mülheim. Mit den Lockerungen wächst der bürokratische Aufwand für Gastro, Friseure und Co. Sie müssen Kundendaten erfassen. Was mit den Angaben geschieht.

Maske auf, Hände desinfizieren, warten, bis man abgeholt wird – persönliche Daten eintragen. . . Wer den Friseur, sein Lieblingsrestaurant, die Eisdiele und das Fitnessstudio besucht, kennt nunmehr den Ablauf aus dem Effeff. Und doch: Wie sorgfältig gehen die Betriebe mit den Daten um? Wie kritisch sind die Fragen? Und warum spielt mancher Gast nicht mit?

Auf die letzte Frage hat Kirsten Fürbach, Personalleiterin beim Saarner Go Hairstyling, eine kurze Antwort: „Das ist die Ausnahme.“ Nur einen Kunden hatte der Friseur-Betrieb bislang, der seine Daten auf dem „Corona Informationsblatt“ nicht angeben wollte und ging. Wenig später sei er zurückgekommen – weil’s überall ähnlich läuft.

Gewerkschaften und Verbände bieten Musterformulare an

Die Registrierungsvorgaben beim Friseur, Gastro, Fitness- und Tätowierstudios macht hier der Zungenbrecher „CoronaSchVO NRW“. Gewerkschaften und Verbände wie die BWG und Dehoga bieten etwa Formulare gemäß der Landesrichtlinien für Betriebe an. Infizierte sollen anhand der Angaben präzise nachverfolgt werden.

Wer etwa seine seit Mitte März sprießenden Zotteln beim Hairstylisten los werden will, muss bei „Go Hairstyling“ aktuell seinen Namen, Straße, Telefonnummer, E-Mail, Datum und Uhrzeit des Betretens und Verlassens des Geschäfts angeben. Zudem muss er beantworten, ob er Fieber, Husten, Atemnot oder Geschmacksstörungen hat – kein Wortwitz intendiert.

„Die Kundendaten kann kein anderer Kunde einsehen“

Und er muss einverstanden sein, dass diese Daten gespeichert beziehungsweise im Fall des Friseurbetriebs gelocht, abgeheftet und nach vier Wochen datenschutzrichtlinienkonform geschreddert werden. Letzteres versichert Fürbach: „Die Kundendaten kann kein anderer Kunde einsehen. Die Formulare werden im geschlossenen, nicht einsehbaren Karton gesammelt und im Büro verschlossen gelagert. Nach Ablauf der Frist werden sie vernichtet.“

Im Fitnessstudio Sporting hingegen fällt der Zettelkram nicht an. Per Kundenchipkarte wird ohnehin jeder Eintritt und Ausgang ins Studio persönlich erfasst. „Die Kunden müssen uns gegenüber nur einwilligen, dass zur Nachverfolgung auf diese Daten zugegriffen werden kann“, erklärt ein Mitarbeiter. Doch oft ist die Registrierungspflicht ein erheblicher bürokratischer Aufwand, den nicht jeder Betrieb liebt. Vor allem aber: der bundesweit völlig uneinheitlich geregelt ist. In Bayern und Sachsen-Anhalt reichen in der Gastro der Name und die Telefonnummer einer Hauptperson, in NRW muss jeder Gast diese Angaben machen.

Länder legen die Regelungen unterschiedlich aus

Was zudem unter „Kundenkontaktdaten“ zu verstehen ist, legen nicht nur die Länder unterschiedlich aus, es wird auch zwischen Branchen unterschiedlich behandelt. Mal gehören Telefon und E-Mail dazu, mal nicht. Doch welche Angaben sind wirklich notwendig, um eine Infektionskette nachzuvollziehen? Unter Datenschützern umstritten ist etwa die Frage nach dem Gesundheitszustand des Kunden. NRW hingegen schreibt diese Frage für Friseure, Restaurants ebenso vor wie für den Tätowierer und die Fußpflegerin.

Rafael Dryer, Chef der Burger-Schmiede Manducare, erlebt nicht nur manche verunsicherte Kunden, die dann lieber Essen „to go“ mitnehmen, statt sich an den Tisch zu setzen. Fritten gegen Daten? Das geht ihnen zu weit. Der mögliche Konflikt mit Kunden bleibt aber beim Restaurant hängen, das notfalls vom Hausrecht Gebrauch machen soll.

Dehoga: Die meisten Kunden spielen mit

Dryer ist selbst auch verunsichert, weil manches sich kurzfristig ändert: „Bei der Frage der Maskenpflicht hieß es am ersten Tag der Lockerungen zunächst, dass der Gast am Tisch die Maske aufbehalten muss. Noch am selben Tag kam dann die Nachricht – er muss es nicht.“

Wie vernichtet man die Zettel mit Kundendaten richtlinienkonform? „Im Reißwolf oder verbrennen?“, merkt Dryer augenzwinkernd an. Auch mit diesen Fragen fühlen sich manche Betriebe im Stich gelassen. „Wir betreiben derzeit viel Aufwand für wenig Umsatz“, sagt der Chef im Manducare. Dass sich Gastro unter Corona-Auflagen kaum lohnt, bestätigt auch Ratskeller-Chef und Dehoga-Vorsitzender Jörg Thon. Selbst wenn aus Sicht des Verbandes die allermeisten Kunden mitspielen.