Mülheim. Melanie Laszczynski und Stefanie Böhler teilen sich die Leitung der Commerzbank-Filialen an der Duisburger Straße in Mülheim-Speldorf. Für die Mitarbeiter war die Doppelführung eine Umstellung, mit Frauen im Chefsessel hat aber niemand Probleme.
Ganz Deutschland diskutiert über die Frauenquote. In vielen Unternehmen sitzen kaum Frauen in der Chefetage, bisweilen sogar keine einzige.
In Speldorf gibt man sich zukunftsweisend: Die Commerzbank-Filialen an der Duisburger Straße leiten zwei Frauen. Melanie Laszczynski und Stefanie Böhler sind jung, bestens ausgebildet – und haben Kinder. Deswegen kommt ihnen das „Job Sharing“ entgegen: Sie arbeiten in Teilzeit. Dienstags bis freitags arbeitet Frau Laszczynski, montags und donnerstags ist Frau Böhler da. Dabei sind sie nicht jeweils für ein Geschäftslokal verantwortlich, sondern leiten gemeinsam beide Filialen. „An beiden Standorten haben wir einen gemeinsamen Schreibtisch“, berichtet Böhler. Mindestens einmal am Tag telefonieren sie und stimmen sich ab. „Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut“, erklärt Laszczynski.
"Frauen sind eh die besseren Führungskräfte“
Ein ungewöhnliches Modell, vor allem für eine Führungsposition. Im westlichen Ruhrgebiet gibt es nur zwei weitere Standorte, in denen die Leitung auf zwei Personen aufgeteilt ist: Essen-Kettwig und Duisburg-Rheinhausen.
Für die Mitarbeiter der Commerzbank an der Duisburger Straße 264 und 282 war die Doppelführung zunächst eine Umstellung, berichten die beiden Leiterinnen – wirkliche Schwierigkeiten habe es jedoch nicht gegeben. „Für die Mitarbeiter ist es ein Vorteil, dass sie sich aussuchen können, wen sie bei Problemen ansprechen.“ Dass es sich bei den beiden Leitern um zwei Damen handelt, war für die Mitarbeiter laut Böhler und Laszczynski ebenfalls kein Problem. Besonders von älteren Kollegen, von denen man glauben könnte, sie hätten Schwierigkeiten, eine Frau als Chef zu akzeptieren, bekommen sie Zuspruch: „Ein 57-jähriger Mitarbeiter hat neulich zu mir gesagt: Frauen sind eh die besseren Führungskräfte,“ sagt Laszczynski lachend.
Stimmt das? „Es ist richtig, dass Frauen und Männer einen unterschiedlichen Führungsstil haben – aber dass Frauen per se die besseren Chefs sind, glaube ich nicht.“ Für einen solchen Job qualifiziere man sich eben durch Leistung und eine starke Persönlichkeit, das habe nichts mit dem Geschlecht zu tun, da sind Böhler und Laszczynski sich einig. Es ginge nicht um typisch weibliche Alleinstellungsmerkmale.
"Man muss den Frauen mehr Mut machen“
Warum gibt es dennoch nur wenige Frauen in Führungspositionen? Liegt es an dem schwierigen Spagat zwischen Familienleben und Karriere? „Die Kinderbetreuung will gut organisiert sein“, weiß Stefanie Böhler. Ihre zweijährige Tochter geht ein Mal in der Woche zu einer Tagesmutter. „Meine Tochter freut sich immer darauf“. Melanie Laszczynskis Söhne sind zwölf und fünfzehn – und „zur Selbstständigkeit erzogen“, betont sie. Deswegen könne sie auch an ihren freien Tagen gut von zu Hause aus arbeiten, dafür, sagt sie, haben ihre Söhne Verständnis.
Als Mutter ist man Stress und Konflikte gewöhnt: Ist man deswegen auch besonders geeignet für eine leitende Position? Nicht unbedingt, meint Stefanie Böhler. „Aber als Mutter muss man flexibel sein. Und die Fähigkeiten, die man im Job gelernt hat, kann man teilweise gut in die Kindererziehung einbringen.“
Eine gesetzlich festgelegte Quote halten beide Frauen für nicht notwendig, aber, sagt Melanie Laszczynski, „die Diskussion ist sehr wichtig. Man muss den Frauen mehr Mut machen.“