Mülheim..

Erich Kästner hatte selbst auf dem Berliner Opernplatz mitangesehen, wie auch seine Bücher eins nach dem anderen in Flammen aufgingen, „eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners“. Zum zweiten Mal gedachten Mülheimer im Medienhaus mit einer Lesung dem barbarischen Akt gegen Demokratie und Meinungsfreiheit, der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933.

Gut 40 Bürger, Schüler, Politiker und Künstler lasen und hörten Werke von Autoren, die unter der Nazi-Herrschaft als „undeutsch“ diskriminiert wurden. „Der Hass hat ein besseres Gedächtnis als die Liebe“ und „Wer die Vergangenheit nicht versteht, versteht nichts wirklich“, mahnte Bürgermeister Markus Püll (CDU) bemerkenswerter Weise mit den Worten des österreichischen Linksintellektuellen Stephan Zweig.

Keine Berührungsängste mit politisch anders ausgerichteten Autoren

OB Dagmar Mühlenfeld (SPD) zitierte hingegen aus Thomas Manns „BBC-Ansprache an das deutsche Volk“. Franziska Krumwiede (Grüne) hielt’s mit Horvarths „Jugend ohne Gott“ und Christian Mangen (FDP) griff nach Kästners „Gesang zwischen den Stühlen“. Und demonstrierten damit nebenbei, dass es unter demokratischen Parteien keine Berührungsängste mit politisch anders ausgerichteten Autoren gab.

Wetter machte einen Strich durch die Rechnung

Schade, dass diese Aktion der Mülheimer Initiative für Toleranz, Stadtbibliothek und des Agendabüros nicht auf dem Synagogenplatz stattfinden konnte, denn das Wetter machte einen Strich durch diese Rechnung. Das Medienhaus konnte aber so einmal mehr seine Stärke zeigen als öffentlicher Ort der Kommunikation, und nicht allein als moderne Bibliothek.

Leiterin und Mitorganisatorin der Veranstaltung Claudia vom Felde zeigte sich mit dem Zuspruch sehr zufrieden: „Ich fand’ es besonders gut, dass auch der Stadtjugendring sich hier engagiert hat.“ Die Lesung aus verbrannten Büchern soll als Reihe deshalb spätestens im nächsten Jahr weiter fortgesetzt werden.