Mülheim. Wie viel Polizei braucht die Gesellschaft?Das KGI-Kollektiv brachte in Mülheim jetzt ein scharfsinniges bis skurriles Theaterstück auf die Bühne.

Alles muss seine Ordnung haben – im Leben wie im Theater. Das neue Stück des Theaterkollektivs KGI beginnt daher mit Ansagen an die Zuschauer. „Weitergehen, nicht setzen!“ Sie müssen sich ein makaberes Bild anschauen: Körperteile, die vereinzelt herumliegen, aber munter miteinander sprechen. Was ist geschehen?

In „Die Policey – Versuch über die Sicherheit“ spüren die Schauspieler dem Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Polizei, Freiheit und Sicherheit nach. Mit großem Ernst und scharfsinniger Analyse. Mit eindrücklichen, manchmal skurrilen Szenen, zuweilen sogar mit schwarzem Humor.

Kollektiv verzahnt Schiller mit dem Hier und Jetzt

Ausgangspunkt ist ein Dramenfragment von Friedrich Schiller von 1809 mit dem Titel „Die Policey“. Zur damaligen Zeit waren Theatermacher nicht selten Polizeiwissenschaftler und Rechtsgelehrte, die Disziplinen beeinflussten sich gegenseitig. Das moderne Theater könne Vorbild für eine moderne Gesellschaft sein, in der die Polizei die Regeln vorgebe, so Schiller.

Das KGI-Team verzahnt diesen Ansatz mit Beobachtungen aus dem Hier und Jetzt - und deckt auf. Es geht um Ängste, die viele Menschen heute quälen – vor einer subjektiv empfundenen, objektiv nicht belegbaren diffusen Gefahr. Und um den Ruf nach mehr Sicherheit und Ordnung. Vor allem aber geht es um polizeiliche Gewalt. Reale Bilder von gewaltsamen Polizeieinsätzen sind auf der Videoleinwand über der Bühne zu sehen, überschatten das Spiel.

Erfahrungen mit Polizeigewalt als theatrales Thema

Die sechs Darsteller berichten von tatsächlichen (oder fiktiven) Erfahrungen mit Polizeigewalt. Wieso wurden sie zum Opfer? Welche Formen nimmt Repression an? Wer fühlt sich durch Polizeipräsenz sicher? Wer fühlt sich durch sie bedroht?

KGI gibt viele Denkanstöße und zeigt politische Haltung. Im Zentrum des Stückes steht eine Szene, in der Pistolen und Maschinenpistolen präsentiert und erklärt werden. Sie soll auf rechtsradikale Strukturen innerhalb der Polizei hinweisen.

„Ganz wenig Applaus, dann rausgehen!“

Gibt es ein anderes Universum, in dem „die Körper“ ohne polizeiliche Macht, sondern aus freien Stücken ordentlich und friedlich miteinander leben? Die Frage wird gestellt. Reine Utopie?

Das Stück endet, wie es begonnen hat. Mit Anweisungen an die Zuschauer. „Ganz wenig Applaus, dann rausgehen!“ Das Publikum im Ringlokschuppen widersetzt sich und applaudiert heftig.