Mülheim. Aufgrund des Transparenzgesetzes veröffentlichen die meisten städtischen Gesellschaften in Mülheim jetzt die Bezüge ihrer Geschäftsführer. Nun stellt sich die Frage: Wie sollen Politik und Bürger mit den Erkenntnissen umgehen? Was bringt die Veröffentlichung?
Geld regiert die Welt, Geld stinkt nicht, Geld allein macht nicht glücklich... Die Sprichworte zum Thema sind Legion; ein untrügliches Zeichen dafür, wie sehr es die Menschen beschäftigt. Über Geld spricht man nicht, ist auch so ein Sprichwort. Als Steuergeheimnis wurde es sogar per Gesetz festgeschrieben. Doch es gibt Auflösungserscheinungen. Das seit 2010 in NRW geltende Transparenzgesetz zum Beispiel: Es schreibt vor, dass Sparkassen, Stadtwerke und andere öffentliche Unternehmen die Gehälter ihrer Vorstände veröffentlichen. Für die nächste Sitzung des Hauptausschusses am 23. Februar mahnt die MBI-Fraktion erneut an, dass die Fraktionen eine Auflistung aller Gehälter, Dienstwagen, Sonder- und Bonusvereinbarungen städtischer Geschäftsführer erhalten.
„Diese Veröffentlichung gibt es doch längst. Im Internet kann sich jeder im elektronischen Bundesanzeiger die Jahresabschlüsse der Gesellschaften ansehen“, sagt Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der Beteiligungsholding (BHM), unter deren Dach nahezu sämtliche städtische Beteiligungen gebündelt sind. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: die Wohnungsbaugesellschaft SWB und der Energieversorger Medl. Deren Chefs verweisen auf ihre Arbeitsverträge, die eben keine Transparenzpflicht enthielten. Dies soll aber, da es sich um Zeitverträge handele, bei nächster Gelegenheit geändert werden, so Dönnebrink. Bei Neueinstellungen sowieso.
Pflicht zur Transparenz
Abgesehen von SWB und Medl finden sich im Bundesanzeiger tatsächlich Zahlen zu den Gehältern der Geschäftsführer städtischer Beteiligungen. Nun stellt sich die Frage: Wie sollen Politik und Bürger mit den Erkenntnissen umgehen? Verdient der eine zu viel, der andere zu wenig? Und woran ist das festzumachen? Kurz: Was bringt die Veröffentlichung?
„Erstens geht es um öffentliche Gelder“, sagt der Fraktionsvorsitzende der MBI, Lothar Reinhard. „Zweitens dient es der Kontrolle, denn eine Offenlegung verhindert, dass die Gehälter aus dem Ruder laufen. Und drittens ist damit ein Vergleich mit anderen Städten möglich.“ Doch könnte diese Vergleichsmöglichkeit mit anderen bei dem einen oder anderen Geschäftsführern nicht auch das Begehren wecken, mehr zu verlangen? „Das kann er ja tun. Ob er es bekommt, ist eine ganz andere Frage“, so Reinhard.
Zu dieser Gelassenheit rät auch Alexander Kraus vom Bund der Steuerzahler in Berlin. Dort gibt es seit 2005 die Verpflichtung, Gehälter von Geschäftsführern der über 150 städtischen Gesellschaften und Beteiligungen öffentlich zu machen. „Diese Transparenz ist aus unserer Sicht absolut begrüßenswert. Die Gefahr einer Spirale nach oben haben wir nicht wahrgenommen.“ Eine Abwanderung von Geschäftsführern in die freie Wirtschaft habe es auch nicht gegeben. „Die wissen eh, ob sie dort mehr verdienen können oder nicht.“ Für den Bund der Steuerzahler überwiegt der Informationsanspruch der Öffentlichkeit.
„Des Menschen sensibelstes Organ ist sein Geldbeutel“
Peter von Blomberg, stellvertretender Vorsitzender von Transparency International, erinnert sich noch an die jahrelange Diskussion, ob die Bezüge von Vorständen börsennotierter Unternehmen personenbezogen veröffentlicht werden sollen oder nicht. „Inzwischen verlangt das die Rechtslage“. Seine Argumente für Transparenz: „Sie kann verhindern, dass die Bezüge zu stark auseinanderlaufen. Und es entsteht ein Rechtfertigungsdruck, denn die Entscheider müssen sich mehr Gedanken machen und erklären, warum so und so viel verdient wird.“ Der Vorwurf, es werde eine Neiddebatte entfacht, ist für ihn „ein alter Klassiker gegen mehr Transparenz“. Für ihn überwiegt das Positive, wenn auch im öffentlichen Bereich kein Geheimnis mehr aus dem Thema gemacht wird.
Doch es wird wohl immer ein Thema bleiben: „Des Menschen sensibelstes Organ ist sein Geldbeutel“ wird ein gewisser Adnan Zelkanovic im Internet zitiert.