Mülheim.. Seit Samstagmorgen ist die Autobahn 40 in Fahrtrichtung Duisburg auch zwischen Mülheim-Heißen und dem Kreuz Kaiserberg gesperrt. Auf dem acht Kilometer langen Abschnitt kommen seit Montagmorgen noch mehr Fräsmaschinen zum Einsatz, parallel tragen die Bauarbeiter an anderer Stelle bereits Flüsterasphalt auf. 70 Arbeiter sind im Einsatz, der Zeitdruck ist groß.

„Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn.“ Und zwar verkehrt herum, wie legale Geisterfahrer. Auf der Autobahn 40 morgens um halb zehn, zwischen Kaiserberg und Mülheim-Heißen. Seit vier Stunden ist die Strecke gesperrt, acht Kilometer lang. Nichts geht mehr.

Nichts geht mehr? Bauleiter Marc Bertling vom Landesbetrieb Straßen.NRW in Bochum steuert sein Dienstfahrzeug sicher über die Riesenbaustelle, die hier aus dem Nichts entstand. Vor uns liegt das Ruhrtal, gleich hinter’m Kaiserberg. Aber die Sonne scheint nicht, schon gar nicht mit Glitzerstrahl, Dafür regnet es fast pausenlos in Strömen. Die Fahrbahn ist ein graues Band, so grau wie das Wetter, aber daran nagt nicht nur seit langem der Zahn der Zeit, sondern jetzt riesige Fräsmaschinen, auch an den weißen Markierungstreifen.

Und an den grünen Rändern roden Arbeiter den Wildwuchs, heben mit Baggern die Bankette aus, flexen, schrauben die alten Seitenplanken ab. Das Leben ist eine Baustelle, hier und heute.

Flüsterasphalt "OPA" für 60er-Jahre-Belag mit Asbest-Fasern

Bauleiter Bertling hat für diese Baustelle eine Riesenverantwortung, zumindest bis zum 29. Juli. So lange wird es dauern, bis die Dortmunder Baufirma Gehrken und mehrere Subunternehmen die zweispurige A 40 in Fahrtrichtung Venlo vom Uralt-Asphalt der frühen 60er Jahre befreit, die enthaltenen PAK-Partikel und Asbest-Fasern entsorgt, dann den ohrenschonenden Flüsterasphalt namens „OPA“ aufgetragen haben.

Gut Ding will Weile haben. Und so hat auch Marc Bertling, Diplom-Ingenieur aus Castrop-Rauxel, die Ruhe weg. Es ist ja nicht seine erste Großbaustelle. Schon seit 2003 verpasst der 38-jährige Techniker von Straßen.NRW Autobahnen, Bundes- und Landstraßen, Brücken und Kreuzen ein modernes Gesicht, in, um und um das Ruhrgebiet herum.

In Richtung Duisburg ist die A 40 seit Samstagmorgen zwischen Mülheim-Heißen und Kreuz Kaiserberg gesperrt.
In Richtung Duisburg ist die A 40 seit Samstagmorgen zwischen Mülheim-Heißen und Kreuz Kaiserberg gesperrt. © Christoph Wojtyczka / WAZ FotoPool | Unbekannt

Deshalb: Alles Routine! Darum setzt der Westfale auch heute wieder ganz auf seine Gelassenheit, behält den Überblick über die drei, vier, fünf Einzelbaustellen, die auf der Acht-Kilometer-Strecke recht weit auseinanderliegen. Ab Montagmorgen wird es auf der Baustelle enger – und noch viel umtriebiger: „Die Firma Gehrken setzt dann hier noch mehr Fräsmaschinen ein. Gleichzeitig beginnen wir am Montag auch schon mit dem Auftrag des Flüsterasphalts.“

Ab Montagmorgen laufen beide Arbeitsschritte parallel. Bertling macht Tempo. Ende kommender Woche soll ja schließlich alles fertig sein. Dafür steht er gerade. Einer muss die Verantwortung tragen. Auch für die 2,3 Millionen Euro Gesamtkosten.

Wie es geht? „Ja, so weit gut. Auf jeden Fall. Alles hat soweit hingehauen, auch mit der Verkehrssicherung. Es war wohl pünktlich alles gesperrt, heute um halb sechs. Und bisher gibt es keine negativen Berichte von den Mitarbeitern.“

Auch keine bösen Überraschungen in und auf der Baustrecke, zum Beispiel keine Blindgänger. Die PAK- und Asbestartikel seien im Asphalt gebunden, meint Bertling. Und bei dieser feuchten Witterung werden die gesundheitsgefährdenden Teilchen sowieso weniger als sonst freigesetzt. Daher trägt heute auch niemand einen Mundschutz. Nicht mal die Männer, die neben den Fräsmaschinen herlaufen, die diese Riesenschaber zu Fuß fernsteuern.

Für die rund 70 Bauarbeiter ist es auch kein Drama, dass der Sommer mal wieder auszufallen scheint. Im Gegenteil: Das nass-kühle Wetter ist für die Werktätigen da draußen angenehmer als die direkte Sonnenbestrahlung mit rund 40 Grad Hitze auf der Fahrbahndecke. Alles ist relativ.

Es muss laufen wie am Schnürchen

Auf der Autobahn zu arbeiten ist für alle ein harter, gefährlicher Job. Das wissen die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei am Duisburger Kaiserberg, die seit Tagen die Grünstreifen roden. Das wissen die Bauarbeiter, die unter der Autobahnbrücke Mülheim-Dümpten die gepflasterte Böschung aufnehmen und das reparieren, was bei einem Unfall zerstört wurde. Die Fachkräfte, die die Lärmschutzwände und die Betongleitwände an einigen Stellen ausbessern. Das wissen ihre Kollegen, die die Anschlussstelle Duisburg-Kaiserberg und ein paar Asphaltstücke weiter die Ruhr- und Schifffahrtskanalbrücke gleich mit erneuern, das Voraufmaß nehmen, die Straßenabläufe reinigen.

Erst dann wird bis zu einer Tiefe von acht bis zwölf Zentimetern aufgefräst, werden die Spurrillen beseitigt, der wasserdurchlässige, grobporige Flüsterasphalt aufgetragen. Eine Menge Arbeit ist das.

„Alles in einem Aufwasch. Das spart Zeit, Geld und Nerven“, bemerkt Marc Bertling bei der Rundfahrt, wie immer ganz nüchtern und geschäftsmäßig. Vergnügungssteuer zahlt hier keiner. Dafür ist der Lärm zu hoch, der Staub zu dicht, der Zeitdruck zu groß… Alles muss „wie am Schnürchen laufen.“ Darum greift hier ein Arbeitsschritt nahtlos in den anderen. Fehler und Verzögerungen will sich niemand erlauben, nicht auf der A 40, einer der meistbefahrenen Autobahnen der Republik.