Dr. Jürgen Toennissen ist viel herumgekommen. Der plastische Chirurg engagiert sich für die Hilfsorganisation „Interplast”. Doch was ihm bei seiner letzten Reise in die armen Bergregionen von Nepal widerfuhr, hat der Arzt noch nicht erlebt.

Im Jahr 2008 war Toennissen bereits einmal in Nepal gewesen - frühere Einsätze hatten ihn unter anderem nach Namibia, Indien, Guatemala,Sumatra oder Thailand geführt. Insgesamt 27 Reisen hat er seit 1987 für die Hilfsorganisation unternommen. Vor Ort operieren der Arzt und sein Team dann Patienten mit Verbrennungen, Missbildungen oder Unfallschäden, die in ihrer Heimat sonst keine Chance auf eine solche Behandlung gehabt hätten. Zu den Menschen hingehen und sie vor Ort operieren ist das Motto von „Interplast”. In Nepal sind die Behandlungsmöglichkeiten für den pensionierten Mülheimer Chirurgen noch vergleichsweise gut: Hier gibt es ein professionell ausgestattetes kleines Hospital. Die Fälle, die er dort behandeln muss, sind allerdings oft tragisch: „Häufig gibt es Verbrennungen, da die Menschen in ihren Hütten nur offenes Feuer haben,” erklärt Toennissen. „Und da sich viele keine Saris aus Seide leisten können, tragen sie eben welche aus Nylon. Und wenn das Feuer fängt, verschmilzt es richtiggehend mit der Haut.” Zum Glück für die Menschen dort kann der Chirurg durch Hautverpflanzungen vielen helfen.

Neben Druckgeschwüren, häufig bei Menschen, die durch eine unbehandelte Hirnhautentzündung querschnittsgelähmt wurden, Hasenscharten oder Geburtsfehlern behandelt Dr. Toennissen manchmal aber auch Fälle, die den gestandenen Arzt sprachlos werden lassen: „In Nepal habe ich eine 62-jährige Frau behandelt,” berichtet er. „1,50 Meter groß, höchstens 40 Kilo schwer. Sie hat in den Bergen Ziegen gehütet und als es angefangen hat zu regnen, stellte sie sich in eine Höhle.” In dieser Höhle lebte bereits ein ausgewachsener Bär, der die Frau angriff. Nach einem viertelstündigen Kampf konnte sie schwer verletzt fliehen: Der Bär hatte ihr einen Unterarm gebrochen, viele oberflächliche Verletzungen zugefügt und einen großen Teil der Kopfhaut weggerissen. So lief die Nepalesin noch zwei Stunden durch die Berge bis zum nächsten Dorf. Zu ihrem Glück konnte Jürgen Toennissen sie behandeln und ihr neue Kopfhaut verpflanzen. Die Frau überstand alles gut.

Im Herbst will er mit seinem Team nach Indien reisen, um sich dort um mittellose Patienten zu kümmern.