Mülheim..
Der Name zeigt: Hier ist man sich der Vergangenheit bewusst. „Alte Schule“ steht in geschwungenen Buchstaben über dem Eingang. Die Anführungszeichen müssen jedoch sein, denn statt Rechnen, Schreiben und Lesen werden dort seit fast 30 Jahren Rouladen, Stubenküken und Lachsforelle aufgetischt. Aus der Schule an der Kölner Straße wurde ein Restaurant in Familienhand.
1902 wurde das Gebäude errichtet, damals als „Dritte Katholische Schule Saarn“. Oft wurde sie seitdem umbenannt: Schule an der Düsseldorfer Straße, an der Düsseldorfer Chaussee und Hermann-Löhr-Schule hieß sie, bevor sie 1947 zur Schule an der Kölner Straße wurde und bis zum Schluss blieb. Raum für zwei Klassen gab es in Selbeck, dazu eine Wohnung für das Hausmeisterehepaar und den Schulleiter. Schluss mit Schule war in der Evangelischen Volksschule schließlich 1961. Die verbliebenen 20 Schüler wurden auf andere Schulen verteilt, stattdessen zogen Flüchtlingsfamilien für ein paar Jahre ein. Anschließend stand das Haus lange leer, allein die einstige Schulrektorin nutzte ihr lebenslanges Wohnrecht.
Großes Grundstück mit Biergarten
1984 kaufte dann die Familie Schmeling das Denkmal, als Ergänzung zum alteingesessenen Gasthaus Schmeling. Denn, sagt Marc Schmeling, „damals hatten wir noch richtig Sommer“. Das große Grundstück lockte die Gastronomen, weil es Platz für einen Biergarten ließ. Und obwohl die Fassade unverändert blieb, tat sich innen dennoch eine Menge.
Ein halbes Jahr renovierten die Schmelings, ließen letztlich nur den ursprünglichen, rustikalen Holzboden und die Zimmeraufteilung unverändert. Denn das Gebäude war in keinem guten Zustand. Marc Schmeling spricht gar von einer „Ruine“, die man übernahm: „Im Keller stand das Wasser einen Meter hoch. Wir mussten einen Kanal bauen, quer über das Gelände. Damals wurde uns gesagt, das würde nie funktionieren, aber die Familie hat daran geglaubt.“ Und letztlich Recht behalten.
Inzwischen kennt Marc Schmeling die Geschichte des Gebäudes ebenso gut wie seine Speisekarte. Denn viele der Gäste, die an den dunklen Holztischen Platz nehmen, um zu essen, holten einst in eben jenen Räumen die Hefte zum Diktat heraus. Und sie erzählen gerne von früher, davon, wie es zuging damals, als noch Ruhe, Respekt, Zucht und Ordnung in den zwei Klassenzimmern herrschte. Als im Winter Schüler selbst für die Wärme sorgen mussten und einer von ihnen früh morgens den großen Bollerofen anheizte. Davon, als der Keller im Krieg Nachbarn Schutz vor Bomben bot. Als die Rückwand des Gebäudes noch grau verputzt war, damit feindliche Flieger das Gebäude aus der Luft möglichst spät entdecken konnten. Davon, als Lehrer und Schüler im benachbarten Schulgarten die Aprikosen-, Apfel-, Haselnuss- und Wildkirschbäume ernteten.
Die Bäume stehen heute noch, allerdings wurde aus dem Schulgarten inzwischen ein Biergarten und die graue Fassade ist inzwischen rötlich gestrichen. Auch der Keller bietet heute nur der Heizung sowie dem Kühlhaus Platz. Dennoch leben die Schmelings die Geschichte ihres Restaurants und leben sie auch aus: Schulszenen von Wilhelm Busch zieren die Wände, die Bordüre an der Wand entpuppt sich als Tafel, Thekenstühle haben Schulbank-Optik und die Wände, sagt Schmeling, „sind wie es sich für eine Schule gehört – abwaschbar“.