Moers. Im Pflegefall werden oft Immobilien herangezogen. Eine Moerser Expertin gibt Tipps zum Schutz des Vermögens – und nennt häufige Trugschlüsse.
Der Umzug in ein Pflegeheim geht für Betroffene nicht nur mit großen Veränderungen im alltäglichen Leben einher. Immer häufiger wird der Aufenthalt in einer Einrichtung zu einer finanziellen Belastungsprobe. Wie der Verband der Ersatzkassen laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur ausgewertet hat, ist der durchschnittliche monatliche Eigenanteil in den nordrhein-westfälischen Heimen mit 3200 Euro höher als in allen anderen Bundesländern. Besonders in den vergangenen zwei Jahren sind die Kosten aufgrund der Inflation und Lohnerhöhungen für Pflegekräfte stark gestiegen. Wird der Pflegeheimplatz zum Luxusgut?
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Eine Entwicklung, die Expertinnen und Experten Sorge bereitet. „Mir liegen bereits Bescheide über Zuzahlungen von 4200 Euro vor“, berichtet Silvia Gelbke. Die Fachanwältin für Erbrecht mit Hauptsitz an der Uerdinger Straße in Moers und Zweigstellen in Krefeld und Düsseldorf weiß aus ihrem langjährigen Umgang mit Pflegebedürftigen und deren Angehörigen genau, welche finanzielle Fallhöhe die Aufnahme in einem Pflegeheim mit sich bringt. Bis auf 10.000 Euro (bzw. 20.000 Euro bei Ehepaaren) kann das Vermögen für die Deckung der Heimkosten aufgebraucht werden. Eine Summe, mit der die Erben mitunter gerade so die Kosten für eine Bestattung tragen können. „Im Extremfall kann es sein, dass gar nichts mehr von dem übrig bleibt, wofür man sein Leben lang gespart hat.“
Anwältin aus Moers warnt: Testament schützt Immobilie nicht vor Eigenanteil an den Heimkosten
Auch vor dem Eigenheim macht der Eigenanteil an den Heimkosten keinen Halt: Eigentumswohnungen mit einer Wohnfläche oberhalb von 80m² und Einfamilienhäuser über 90m² zählen laut einem OVG-Urteil aus Münster nicht mehr zum Schonvermögen – und müssen verkauft werden, sofern das restliche Vermögen aufgebraucht ist. Übrigens auch dann, wenn der Partner oder die Partnerin des Pflegebedürftigen noch in dieser Immobilie lebt. „Für viele ist es ohnehin eine große psychische Belastung, wenn der Partner ins Pflegeheim muss. Wenn man dann noch mit Existenzängsten aus seinem Zuhause ausziehen muss, ist das eine Katastrophe für Familien“, betont Silvia Gelbke.
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Solche misslichen Situationen sind – bei rechtzeitiger Vorsorge – aber vermeidbar, betont die Anwältin. Schließlich gebe es mehrere Möglichkeiten, um seine Immobilie vor den Pflegeheimkosten zu schützen. Nicht dazu zählt entgegen dem weit verbreiteten Glauben das Testament: „Das ist ein häufiger Trugschluss. Ein Testament vererbt nur das, was zum Zeitpunkt des Todes noch da ist.“ Private Pflegeversicherungen würden darüber hinaus meist nicht genug zahlen, um die Forderungen der Heime zu erfüllen, so Gelbke. Zumal einige Versicherer ab einem bestimmten Alter keine neuen Kunden mehr aufnehmen würden.
Eigenheim an Kinder weitergeben: Schenkung oder Übertragungsvertrag?
Stattdessen rät die Expertin für Vermögensschutz dazu, eine Übertragung der Immobilie auf die Kinder in Betracht zu ziehen. Das geht entweder per Schenkung oder mit einem Übertragungsvertrag. „Bei der Schenkung gibt es allerdings zwei Gefahren, die viele unterschätzen“, warnt Silvia Gelbke. Zum einen könne die Schenkung innerhalb von zehn Jahren zurückgefordert werden. Zum anderen bestehe kein Rückanspruch der Eltern auf die Immobilie, wenn ihre Kinder vor ihnen versterben oder selbst zum Pflegefall werden. Dann gehe das Eigenheim auf die Erben der Kinder über.
Übrigens: Auch wenn die Tochter oder der Sohn „auf dem Papier“ Eigentümer der Immobilie ist, muss sich nach außen hin nichts verändern. Ein Nießbrauchsrecht ermöglicht es, dass Eltern ihr bisheriges Heim weiter bewohnen und nach eigenem Ermessen nutzen dürfen. Nur bei einem geplanten Verkauf müssten die Kinder eingebunden werden. „Eine Immobilie ist meist das Lebenswerk der Eltern, sie sollten daher auch bis zum Ende Nutznießer sein“, meint die Moerser Fachanwältin.
Eigenheim vor Pflegeheimkosten schützen: „Für Vorsorge ist es nie zu früh, aber oft zu spät“
Im Idealfall solle man mit Mitte 60 damit beginnen, sich Gedanken über den Schutz seines Vermögens zu machen, rät Gelbke: „Für Vorsorge ist es nie zu früh, aber oft zu spät. Viele schieben diese Fragen lange vor sich her, dazu kursiert im Internet unheimlich viel Halbwissen.“ Einfach verständliche Aufklärung anstatt eines Dschungels aus Paragrafen und Behördendeutsch sei daher unabdingbar, sagt die Juristin.
Sofern die Immobilie rechtzeitig übertragen worden ist und andere Vermögenswerte nicht ausreichen, um die Kosten für das Pflegeheim zu zahlen, gibt es Alternativen zur Finanzierung. „Wenn Sie keine Eigenmittel haben, dann muss der Staat dafür aufkommen“, berichtet Silvia Gelbke. Pflegebedürftige können dann unter bestimmten Bedingungen Pflegewohngeld und/oder Sozialhilfe erhalten.