Herne. Baumängel, Personalnot, unzureichende Arbeitsbedingungen: Welche konkreten Missstände städtische Bedienstete in Herne zurzeit besonders ärgern.

Was sind die größten Baustellen in Herne? Auf diese Frage dürfte es bei Bürgerinnen und Bürgern sehr unterschiedliche Antworten geben. Die Antwort des städtischen Personals auf die Frage nach den größten Baustellen innerhalb der Verwaltung lässt sich schwarz auf weiß nachlesen. Und zwar: im jährlichen Tätigkeitsbericht des städtischen Personalrats.

Pünktlich zur (nicht öffentlichen) Personalversammlung der Verwaltung am Donnerstag, 21. November, im Kulturzentrum listet die Interessenvertretung von rund 3400 Mitarbeitenden in ihrem internen Papier auf, in welchen Bereichen aus ihrer Sicht der Schuh besonders drückt. Die Liste der Mängel und Missstände reicht vom maroden WEZ über den Kommunalen Ordnungsdienst bis hin zur Personalausstattung. Einige Schaglichter.

Das „ewige Sorgenkind WEZ“

Als „das ewige Sorgenkind“ bezeichnet der Personalrat das WEZ auf der Hauptstraße in Wanne. Die Mängelliste in dem von der Stadt für rund 250 Bedienstete angemieteten ehemaligen Kaufhaus sei lang: Aufgeführt werden unter anderem Wasserschäden und Schimmel in den Büroräumen, Löcher in den Decken oder Wänden, undichte Fenster und defekte Türen, desolate Zustände der Toiletten und beißende Gerüche auf den Fluren. Schon in der Personalversammlung 2023 seien die (überwiegend, aber nicht nur vom Vermieter zur verantwortenden) Missstände im WEZ Thema gewesen. Wesentliche Verbesserungen seien bislang aber nicht eingetreten. Der Personalrat vermisst Transparenz auf Seiten der Stadtspitze und hofft nun auf klare Ansagen, die eigentlich schon fürs erste Quartal 2024 versprochen worden seien.

Hintergrund: Der Mietvertrag der Stadt fürs WEZ läuft bis Ende 2026. Wie berichtet, hat die Stadt dem Vermieter mit Aufgabe des Verwaltungssitzes gedroht, wenn nicht hohe Investitionen getätigt würden. So einfach umsetzen ließe sich das aber wohl nicht: Ein Auszug der Stadt würde die Wanner Innenstadt schwächen, weil es schwer würde, adäquaten Ersatz an diesem Standort zu finden.

Warten auf ... Umkleiden für den KOD

Die Ausstattung des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) sei kontinuierlich verbessert worden, lobt der Personalrat. Vor diesem Hintergrund sei es „kaum zu glauben“, dass die Mitarbeitenden seit mehr als acht Jahren auf Umkleiden und angemessene Sanitärräume warten müssten. Sie müssten sich weiterhin im Archiv oder im Büro umziehen – an Orten, die als Umkleide absolut ungeeignet sind. „Von Hygiene und Privatsphäre kann dabei keine Rede sein. Es ist geradezu absurd, dass diejenigen, die tagtäglich für die Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt sorgen, selbst mit derartigen Missständen kämpfen müssen“, heißt es.

Verbesserte Ausstattung, aber keine Umkleideräume: Das beklagt der Personalrat für den Kommunalen Ordnungsdienst.
Verbesserte Ausstattung, aber keine Umkleideräume: Das beklagt der Personalrat für den Kommunalen Ordnungsdienst. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Nun sei als Provisorium die Einrichtung von sechs Einzelumkleiden genehmigt worden - für 40 KOD-Bedienstete. Es werde höchste Zeit, dass die Verwaltung hier ihrer Verantwortung gerecht werde, so die Forderung.

Klage: Immer mehr Arbeit, immer weniger Personal

Der demografische Wandel belaste die Personalsituation in vielen Fachbereichen, erklärt der Personalrat. „Immer mehr Arbeit muss von weniger Kolleg*innen gemacht werden.“ Zum Stichtag 30. Juni 2023 seien 197 Planstellen unbesetzt gewesen, zum 30. Juni 2024 seien es 201 gewesen. Die Top 3 in diesem (Negativ-)Ranking belegten die Fachbereiche Kinder-Jugend-Familie, Feuerwehr und Gebäudemanagement.

Besonders hervorgehoben wird vom Personalrat die Situation bei den Hausmeisterinnen und Hausmeistern der Stadt. Die Personalnot in diesem Bereich führe zu erheblichen Belastungen für die (häufig älteren) Betroffenen, die auch zu längeren Ausfallzeiten führten. Und: Das derzeitige Vorgehen der Verwaltung, bei externen Einstellungen im Hausmeisterdienst „sachgrundlose Befristungen“ über zunächst ein Jahr vorzunehmen, sei tariflich zwar möglich, „moralisch und ethisch allerdings abzulehnen“. Hier schaffe man bewusst unsichere Arbeitsverhältnisse und nutze diese Unsicherheit bei der Verteilung von Abend- und Wochenenddiensten schamlos aus. Zum Glück habe inzwischen ein Umdenken stattgefunden: Sachgrundlose Befristungen würden 2025 in der Herner Verwaltung Geschichte sein.

Zentraler Betriebshof: Erste Verbesserungen

Einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“ sieht der Personalrat beim Zentralen Betriebshof der Stadt an der Meesmannstraße in Holsterhausen. Wie mehrfach berichtet, herrschten in dem erst 2020 eröffneten Betriebshof für 200 Beschäftigte zum Teil katastrophale Zustände, die vor allem auf Planungsfehler und Baumängel zurückgeführt wurden. Dass nun erste Verbesserungen eingetreten bzw. eingeleitet worden seien, sei vor allem auf die „lautstarke Kritik“ der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie des Personalrats zurückzuführen, heißt es.

>>> Kirsten Weber führt den Herner Personalrat

  • Der 17-köpfige Personalrat - 13 für die Tarifbeschäftigten, 4 für die Beamtinnen und Beamten - ist in diesem Jahr neu gewählt worden. Die Wahlbeteiligung betrug nur knapp 39 Prozent.
  • Bei der Konstituierung des neuen Personalrats ist Kirsten Weber (früher: Presseamt) als Vorsitzende bestätigt worden. Auffällig: Bei der Personalratswahl durch alle städtischen Bediensteten hatten zuvor Kolja Arndt und Manuela Wansel deutlich mehr Stimmen als Weber erhalten.
Kirsten Weber (2.v.re.) führt seit 2021 den städtischen Personalrat. Zur engeren Spitze gehören auch: (v.li.) Manuela Wansel, Kolja Arndt und Anke Kaszemek.
Kirsten Weber (2.v.re.) führt seit 2021 den städtischen Personalrat. Zur engeren Spitze gehören auch: (v.li.) Manuela Wansel, Kolja Arndt und Anke Kaszemek. © Personalrat Stadt Herne