Herne. Geschäfte in Herne setzen immer stäker auf SB-Kassen. Verdi kritisiert das scharf: Händler machten das nicht aus reiner Kundenfreundlichkeit.
Im Herner Einzelhandel gibt es immer mehr Selbstbedienungskassen. Händlerinnen und Händler begründen die Einführung der SB-Terminals gegenüber der WAZ unter anderem damit, dass die Kundschaft durch das Selbst-Scannen schneller einkaufen könne und das Personal mehr Zeit für andere Aufgaben habe. Bei der Gewerkschaft Verdi stößt das auf entschiedenen Widerspruch. „Wenn Unternehmen in SB-Kassen investieren, dann nicht aus reiner Kundenfreundlichkeit“, sagt Gewerkschaftssekretär Azad Tarhan.
- Lesen Sie auch: Immer mehr SB-Kassen in Herne: Fluch oder Segen?
Grund für die Einführung von SB-Kassen seien in der Regel Einsparungen bei den Personalkosten, da Tarif-Entgelte und eventuell auch Zulagen für das Kassenpersonal wegfielen, sagt Verdisekretär Tarhan zu unserer Zeitung. Letztlich gehe es den Händlerinnen und Händlern darum, die Gewinne weiter hochzutreiben - „auf Kosten der Beschäftigten“.
Weiteres Argument des Einzelhandels: Es sei immer schwieriger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden - SB-Kassen seien deshalb eine Abhilfe. Dieses „Gejammere“, man finde kein Personal für die Kassenbereiche, sei hausgemacht, meint der Gewerkschaftsmann: „Die schlechten Arbeitsbedingungen im Einzelhandel sind nicht gerade ein Aushängeschild für Menschen, die ihre Ausbildung beginnen oder auf der Suche nach einem neuen Job sind.“ Trotz hoher psychischer und körperlicher Belastungen würden die Beschäftigten im Handel von ihren Vorgesetzten häufig herablassend behandelt - und das „bei relativ niedrigen Entgelten und hoher Teilzeitbeschäftigung“.
Die Kassen seien zudem ein Nadelöhr, mehr noch sei es „die letzte Stelle, an der König Kunde seinen Frust ablässt“. Besonders schlimm sei dieser Umstand während der Corona-Pandemie zu Tage getreten, aber auch in der Weihnachtszeit steige der Stress an den Kassen nochmals deutlich an. Die Gewerkschaft kämpfe deshalb nicht nur für höhere Entgelte: „Wir setzen uns auch für Tarifverträge ein, die das Thema Digitalisierung - und darunter fällt eben auch der Umgang mit SB-Kassen - im Sinne der Beschäftigten regelt.“ Erfolgreiche Abschlüsse, so Tarhan, habe Verdi hierzu bereits bei H&M oder IKEA erzielt.