Herne. Die neue „Grundschule am Schloss“ soll ein Ausrufezeichen für moderne Bildung sein. An die Forellstraße könnte derweil wieder eine Schule kommen.
Nach 27 Jahren ist mit der „Grundschule am Schloss“ in Herne zum ersten Mal wieder ein Schulneubau eingeweiht worden. Entsprechend groß sind Freude und Stolz der Verantwortlichen bei der offiziellen Schlüsselübergabe an die ebenfalls frisch gebackene Schulleiterin der ehemaligen Grundschule an der Forellstraße, Christine Asholt. Mehr als 15 Millionen Euro hat der Bau gekostet – deutlich mehr als geplant, wie Oberbürgermeister Frank Dudda anmerkt. Und noch ist das Projekt nicht fertig.
Die neue Grundschule ist Teil des Kaiserquartiers, der Neuen Mitte Baukau, zu dem auch Geschäfte, eine Arztpraxis und Wohnhäuser gehören sollen. Auch die Förderschule am Schwalbenweg ist bereits in Sichtweite eingezogen. Lange war überlegt worden, die mehr als 100 Jahre alte und marode Grundschule an der Forellstraße vor Ort neu zu bauen. Doch um bessere Synergien zu schaffen – beispielsweise mit der Kita vor Ort – entschied man sich für den Neubau am Lackmanns Hof. Dieser sei somit der erste Neubau seit dem Bau der Erich-Kästner-Schule in Sodingen 1997, wie OB Dudda anmerkt.
Die Schule sei ein „starkes Ausrufezeichen für moderne Bildung“, so der OB bei der Einweihung. Noch sei nicht alles fertig, die Turnhalle müsse noch gebaut werden, ein kleiner Hexenwald soll angelegt werden. Doch die Schule strahle mit seiner inspirierenden Farbe bereits weit in den Stadtteil hinein. In wenigen Wochen dann solle auch das Kaiserquartier eröffnet werden mit kurzen Wegen für Familien und einer Freizeitentwicklung zum Wasser, die geplant sei, so Dudda. Zwar sucht auch der OB bei der Einweihung vergeblich das Schloss, das Namensgeber der Schule ist, aber er wisse natürlich, wo es sich befinde, sagt er mit einem Schmunzeln.
Neues Lernkonzept wird durch den Schulbau unterstützt
Beim Bau ist ein neues Konzept von Schule umgesetzt worden, das es vergleichbar bereits an der generalsanierten und erweiterten Claudiusschule gibt: So sind alle ersten und zweiten Klassen auf der ersten Etage gebündelt, die dritten und vierten auf der zweiten. Die Klassenräume sind durch Fensterscheiben einsichtig, die Flure werden durch gemütliche Sitzgelegenheiten zu einem Lernraum erweitert. Hier könne beispielsweise die 20-minütige Lesezeit in schöner Atmosphäre verbracht werden, merkt Schulleiterin Christine Asholt an. Außerdem gibt es neben einem großen OGS- und Mensabereich auch einen Ruhe- sowie einen Wutraum und auch eine Kochwerkstatt, was einmalig in Herne sei, heißt es bei einer Führung durch die Schule.
Schon eine Woche nach dem Einzug sind die Flure mit gemalten Bildern und Schriftzügen liebevoll gestaltet. Viel Arbeit sei es in den vergangenen Wochen gewesen, alles in der alten Schule in Kisten zu packen und an der neuen Wirkungsstätte wieder auszuräumen, betont Asholt. Nun seien aber alle angekommen. „Die Kinder sind natürlich begeistert“, sagt sie. „Größter Pluspunkt für die Kinder ist die Toilettenanlage“, sagt die Schulleiterin. Mit ganz viel pädagogischer Arbeit versuchten sie, die neuen Sanitäranlagen auch sauber zu halten. Aber auch die Ausstattung mit Smartboards ermögliche einen komplett anderen Unterricht, freut sie sich.
Neben der durchweg positiven Stimmung ob des Neubaus stellt sich der eine oder andere Gast an diesem Tag die Frage, ob die Schule angesichts des Mangels an Plätzen für Grundschülerinnen und -schüler in Herne nicht hätte größer gebaut werden sollen. „Hier wird eine zweizügige Schule durch eine zweizügige Schule ersetzt“, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Zudem entstünden ja Wohnungen direkt neben der Schule, wodurch sich noch mehr Familien mit Kindern ansiedeln würden. Auch Schulleiterin Christine Asholt fürchtet, dass es eng werden könnte: „Eigentlich ist die Schule für 200 Kinder ausgelegt. Wir sind aber bereits mit 207 gestartet.“ Sie hätte eine dreizügige Schule durchaus für sinnvoll erachtet, merkt sie auf WAZ-Anfrage an. Denn so müsse sie wahrscheinlich beim nächsten Anmeldeverfahren zum ersten Mal Kinder ablehnen, so ihre Sorge.
Schuldezernent Andreas Merkendorf betont hingegen die Vorzüge einer möglichst kleinen, zweizügigen Schule und verweist auf eine Machbarkeitsstudie, die derzeit für die Ohmschule erstellt werde und wo künftig, sollte der Bedarf weiter gesehen werden, zusätzliche Plätze entstehen könnten. Außerdem sei der heutige Platzmangel 2016/17, als die Planung für den Neubau am Lackmanns Hof begannen, noch nicht absehbar gewesen. Zu der Zeit seien Schulen wie die an der Schulstraße noch aufgrund fehlender Schülerzahlen geschlossen worden.
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Die Feierlaune soll deshalb bei der offiziellen Eröffnung nicht getrübt werden. „Das ist für Herne angesichts der klammen Kassen ein toller Erfolg“, stimmt auch Birgit Klemczak, Vorsitzende des Schulausschusses, in den Lobgesang an diesem Tag mit ein. Über die Nachfolgenutzung des alten Gebäudes an der Forellstraße sei man in Gesprächen, verrät Klemczak. „Wir haben in Herne kaum noch Areale für Schulen und dieses Gelände gehört uns, das müssen wir nicht mehr kaufen.“ Eine Expertenrunde erörtere derzeit, welche Schulform als weiterführende Schule in Herne am dringendsten benötigt werde. Diese könne dann an die Forellstraße ziehen – ob das bestehende Gebäude dafür noch zu retten sei, müsse zu gegebener Zeit geprüft werden, so Klemczak. Und auch der Schuldezernent betont: „Wir haben schon mal ein Handtuch auf das Grundstück geworfen. Das ist eine echte Chance.“