Herne. In einem kleinen Herner Geschäft weht ein Hauch von Bayern. „Alpintrachten“ bietet als einziges Geschäft im Ruhrgebiet Trachten und Dirndl.
Die Oktoberfestsaison startet wieder. In einem kleinen Herner Geschäft „Alpintrachten“ ist quasi das ganze Jahr Oktoberfest. Es ist nach eigenen Angaben das Einzige im Ruhrgebiet, dass die typisch bayrischen Trachten samt Accessoires verkauft.
Betritt man das kleine Ladenlokal - in den Räumlichkeiten war früher eine typische Revier-Eckkneipe -, entfährt einem spontan ein süddeutsches „Grüß Gott“ statt des ortsüblichen „Glück auf“. Der Blick fällt auf Reihen von Dirndl, Blusen, Lederhosen oder die typisch bayrischen Haferlschuhe. „Alpintrachten“, das ist so etwas wie die modische Botschaft des Freistaats im Ruhrgebiet.
Geografisch noch ungewöhnlicher wird es, wenn man weiß, wer das Geschäft gegründet hat: Mohammad Rehan, ein gebürtiger Pakistani. Seit 1996 sei er in Deutschland, erzählt er beim Besuch der WAZ-Redaktion. Zunächst habe er als Pizzabäcker gearbeitet, vor etwa 15 Jahren sei er auf die Idee gekommen, Trachten zu verkaufen. Ganz offensichtlich war es die richtige Idee, denn das Geschäft mit der landestypischen Kleidung laufe stabil, erzählt Rehan.
Er habe klein angefangen und sei immer weiter gewachsen. Inzwischen bietet er eine große Auswahl an Trachten an - in jeder Preisklasse. Dirndl gibt es schon ab 20 Euro, es kann aber auch ein Exemplar für 300 Euro sein, die Spanne bei Lederhosen liege zwischen 40 und 400 Euro. Neben zugekauften Marken gehören längst auch Eigenmarken zum Programm, zum Beispiel Muniba. Dabei handelt es sich um den Namen von Rehans Tochter. „Ich schaue bei Instagram und anderen Plattformen, was gerade in ist, und lasse mich dann inspirieren“, erzählt sie. Auch die Stickmuster für die Lederhosen entwerfe sie. Genäht werden die Kleider der Eigenmarken in Pakistan, aber auch in China und Italien. Ausgewählte Stücke würden aber auch in Eickel selbst genäht.
„Alpintrachten“ beliefert als Großhändler andere Läden in ganz Deutschland und Österreich, bedient als Einzelhändler aber eben auch Endkunden - und die gebe es auch in der Trachten-Hauptstadt München. Über den Onlineshop sowie über Amazon und Ebay bediene das Herner Geschäft Kundschaft in ganz Europa, doch ein guter Teil der Kunden käme eben auch zum unscheinbaren Ladenlokal im ruhigen Eickel. So seien die Betreiber der Bayernfesthalle seit Jahren Stammkunde, Mohammad liefert die rot-weiß-karierten Hemden für das Servicepersonal. Auch Musikbands, die auf den zahlreichen Oktoberfesten aufspielen, würden ihr Outfit bei „Alpintrachten“ bestellen.
Kundschaft aus dem ganzen Ruhrgebiet
Darüber hinaus käme die Kundschaft aus dem ganzen Ruhrgebiet, aber auch aus dem Münsterland, „weil wir die Einzigen sind und eine große Auswahl bei den Größen haben“, erzählt Muniba Rehan. Und selbstverständlich würden die Trachten bei Bedarf umgenäht.
Dennoch stellt sich die Frage: Können die Trachten den Umsatz des Geschäfts durchs ganze Jahr tragen, denn es handelt sich um ein Saisongeschäft? Die Antwort lautet: Jein. Zwar beginne die Trachtenzeit schon im Sommer und ende teilweise erst im Spätherbst, dann gebe es noch mal ein kleines Zwischenhoch zu Karneval. Um die stilleren Monate zu überbrücken, bietet Rehan auch Arbeitskleidung und Judojacken an, das laufe auch gut. Alles zusammen läuft dann so gut, dass Rehan eine Erweiterung des Ladenlokals plant.
Auch wenn Mohammad Rehan mit Trachten urbayrische Kleidung verkauft: Auf dem Münchener Oktoberfest sei die Familie noch nie gewesen. „Dann müssen wir doch arbeiten.“