Herne. Herne ringt seit 2016 um ein Toilettenkonzept, das die Suche nach öffentlichen und barrierefreien Klos erleichtern soll. Tut sich nun etwas?
Beim Angebot öffentlicher Toiletten ist Luft nach oben. Nach Schließung und Abbau des zentralen und barrierefreien Klos an der Neustraße in Herne-Mitte im Jahr 2016 hat die Politik die Stadt mit der Erstellung eines WC-Konzepts beauftragt. Eine adäquate Umsetzung ist bis heute nicht erfolgt. Nach Jahren der Passivität und auch der Verweigerung will sich die Verwaltung nun intensiver und vor allem zielführender als bisher dem Toiletten-Management im gesamten Stadtgebiet widmen.
Das hat Stadtmitarbeiter Peter Muhss in den jüngsten Sitzungen des Sozialausschusses und der Bezirksvertretung Sodingen signalisiert. Zu große Hoffnungen wollte der zurzeit für Stadtumbau-Projekte zuständige Mitarbeiter allerdings auch nicht wecken. Alle Erwartungen der Politik ließen sich nämlich nicht erfüllen: Die finanzielle Lage lasse die Anschaffung und den (kostenintensiven) Betrieb neuer öffentlicher Toiletten in Herne nicht ohne Weiteres zu, so sein Hinweis.
Eine „verlässliche Toilette“ pro Stadtteil könnte ein Richtwert sein, sagte Muhss. Und auch das strebt er an: Es müsse ein System geschaffen werden, das bei der konkreten Suche nach einem WC aktuelle sowie schnell abrufbare Informationen über bestehende WC-Anlagen sowie Kundentoiletten in öffentlichen Einrichtungen, Geschäften und der Gastronomie liefert. Doch auch hier gebe es einige Fallstricke.
Frage man private Unternehmen, ob sie auch Nicht-Kunden auf die Toilette ließen, laute die Antwort in der Regel: Ja, natürlich. „Fragt man sie dann, ob sie das auch durch ein Schild kenntlich machen wollen, heißt es häufig: Nein, auf keinen Fall“, so Muhss. Begründung: Damit hole man sich Probleme ins Haus. Und es komme ja auch immer wieder zu Vandalismus - wie zum Beispiel im City-Center in der Innenstadt, wo eine behindertengerechte WC-Anlage völlig demoliert worden sei, berichtet der Stadtmitarbeiter.
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Eine weitere Herausforderung: die Technik. Über mehrere Kanäle – Homepage der Stadt, Geoportal, Herne-App, Google – sei eine Toiletten-Suche in Herne möglich. Die Ergebnisse seien jedoch sehr unterschiedlich und nicht immer zielführend, was auch die Suche nach barrierefreien Toiletten betreffe. Es gebe derzeit aber kein Instrument, durch das man vor Ort im Falle eines dringenden Bedürfnisses schnell und zuverlässig checken könne, wo es im näheren Umfeld eine Toilette gibt, ob diese auch geöffnet hat und ob sie behindertengerecht ist. Erschwerend komme hinzu: „Das Angebot verändert sich ständig.“ Zeitnahe Anpassungen der Daten wären deshalb erforderlich.
QR-Codes vor Ort oder eine neue App, die ständig aktualisiert werde, könnten hier möglicherweise Orientierung geben und zielführender sein, so Muhss. Mit dem städtischen Fachbereich Digitalisierung müsse nach Lösungen gesucht werden. Mit CDU-Ratsfrau Bettina Szelag – sie und der von ihr geführte Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderung gaben einst den Anstoß für ein Herner Toilettenkonzept – und weiteren Vertretern aus Politik und Verwaltung ist der Stadtmitarbeiter bereits im Austausch. Die CDU-Sozialpolitikerin begrüßt gegenüber der WAZ ausdrücklich das Engagement von Peter Muhss, der bei der Verwaltung eigentlich für ganz andere Aufgaben zuständig ist.
>>> Dixi-Klos in Parkanlagen
Auch andere Städte treibt die WC-Frage um. So hat die Essener Politik die dortige Verwaltung beauftragt, noch in diesem Jahr ein Konzept für öffentliche Toiletten zu erarbeiten. Für eine Testphase hat die Stadt bereits Dixi-Klos in elf öffentlichen Essener Parkanlagen aufgestellt. Im Oktober soll eine Auswertung erfolgen.
Der Auslöser der Diskussion war ein ähnlicher wie in Herne: In Essen fallen in Kürze gleich zehn öffentliche Toiletten weg, weil die Verträge mit dem auf Stadtwerbung spezialisierten Unternehmen Ströer enden. Am Herner Standort Neustraße/Bebelstraße lief 2016 der Vertrag mit einem Werbe-Anbieter (Moplak) aus, der über ein Koppelgeschäft auch Anschaffung und Betrieb der Toilette finanziert hatte.
Aus Kostengründen wollte (und will) die Stadt an diesem zentralen Standort keine eigene Toilettenanlage errichten und betreiben. Die Verwaltung machte damals die Rechnung auf, dass jeder Klogang Kosten in Höhe von 9,53 Euro für die Stadtkasse verursachen würde.