Herne. Joe Bausch, Arzt und Tatort-Star, hat in Herne aus seinem neuen Buch gelesen. Der Abend war spannend – wegen der vielen Gefängnis-Anekdoten.

Im Knast kennt er sich aus: Joe Bausch – Arzt, Autor, Schauspieler und TV-Star, hat sein zweites Buch über seine Erlebnisse als Gefängnisarzt veröffentlicht. Am Dienstagabend fesselte er mit seiner anekdotenreichen Lesung aus „Gangsterblues“ im Herner Kulturzentrum Jung und Alt.

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Bausch kennt sie alle: RAF-Frauen, Betrüger mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen, Dealer und andere schwere Jungs. Der Alltag in einem Knast ist demnach abwechslungsreich, und Bausch hat ihn in einer über 30-jährigen Tätigkeit als Arzt in der Justizvollzugsanstalt Werl von der Pike auf kennen gelernt. „Die ganze Welt ist bei mir eingeflogen“, stellt er lakonisch fest. Gemeint ist: Menschen aus 65 Nationen fanden während seiner Dienstzeit ein mehr oder weniger langfristiges Logis. Eine Tatsache habe sich im Lauf seiner langjährigen beruflichen Erfahrungen herauskristallisiert: „Wir haben eine große Zunahme an manifest psychiatrisch kranken Menschen in den Gefängnissen.“

Bausch: Die meisten Häftlinge akzeptieren ihre Internierung

Auch ohne eine entsprechende Diagnose kämen viele Häftlinge nach einer langjährigen Haftzeit im „normalen“ Leben nicht mehr klar, der Knast sei zu ihrer Heimat geworden. Schuldig bekenne sich kaum einer, doch die meisten akzeptierten ihre Internierung: „Unter’m Strich ist ok“, habe der Gefängisdoc oft gehört. Der Knast habe eine Subkultur mit ihren eigenen Regeln, deren Nichtbefolgung sanktioniert werde, ohne dass für Personal und Doc Joe immer nachvollziehbar sei, wie das passiert. So werde ein Vergewaltiger und Kinderpornodealer mit schweren Genitalverstümmelungen gefunden.

Die Gesellschaft im Knast sei bunt: Ein Einbrechertrio, „alter Bottroper Einbrecheradel“, will es nach der Haftentlassung noch einmal wissen – und rückt nach filmreifen Einbrüchen mit einem Oldtimeropel wieder ein, ein verletzungsbedingt gescheiterter Nachwuchsfootballstar wird zum Dealer, ein notorischer Querulant, der einen Hammer zum Totschlagen der Zeit beantragt, erbt Millionen und drangsaliert die Knastgesellschaft. Seine Prognose falle entsprechend gut aus: „Der muss keine Bank mehr überfallen, dem gehört die Bank.“

Doch so breit das Spektrum der Persönlichkeiten in diesem Mikrokosmos auch gefächert ist, ein Interesse teilten fast alle: „Sie schauen gern Aktenzeichen XY – wenn Herr Zimmermann wüsste, dass seine Sendung ‘Weiterbildung’ ist … “.