Herne. Die Fußball-EM der Frauen ist im vollen Gange. Doch so beliebt wie die der Männer ist der Wettkampf nicht. Wieso Herne gerne einschaltet.

Bis Ende Juli findet in England die Fußball-Europameisterschaft der Frauen statt. Alle 31 Partien werden live im Fernsehen übertragen. Doch von Autofähnchen in Schwarz-Rot-Gold oder Public Viewing wie bei der Fußball-EM der Männer fehlt in Deutschland jede Spur. Stellt sich die Frage: Wie groß ist das Interesse am Fußballgipfel der Frauen? Wer schaltet zu? Die WAZ hat sich in Herne umgehört.

Nadine Westerhoff: Keine Ahnung, wieso Männerfußball so viel beliebter ist

Nadine Westerhoff ist DFB-Schiedsrichterin und stieg 2014 in die erste Frauen-Liga auf.
Nadine Westerhoff ist DFB-Schiedsrichterin und stieg 2014 in die erste Frauen-Liga auf. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Eine, die den Frauenfußball mit völlig unparteiischen Augen betrachtet, ist die 39-jährige Nadine Westerhoff. Die gebürtige Castroperin ist seit 2012 DFB-Schiedsrichterin und pfeift für den Kreis Herne beim DSC Wanne-Eickel. Zur Saison 2014/15 stieg sie in die erste Frauen-Bundesliga auf. Die Frauenfußball-EM verfolgt sie daher sowohl aus beruflichem als auch aus persönlichem Interesse ganz genau. „Ich habe keine Ahnung, wieso der Männerfußball immer noch so viel beliebter ist“, sagt sie. Auch ihr Ehemann, Schwarz Weiß Essen-Stürmer Sebastian Westerhoff, verpasse kein Spiel der Frauenfußball-EM. 

Nadine Kraus: Frauenfußball-Nationalteam wird sich wieder profilieren müssen

Nadine Kraus ist Trainerin beim DSC Wanne-Eickel und trainiert akjtuell die U13- und U17-Jungen.
Nadine Kraus ist Trainerin beim DSC Wanne-Eickel und trainiert akjtuell die U13- und U17-Jungen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Fußballtrainerin Nadine Kraus (34) findet, dass sich der Frauenfußball auf internationaler Ebene in den vergangenen Jahren positiv entwickelt hat. „Bei dieser EM macht es wirklich großen Spaß zuzuschauen, weil alle Spiele unglaublich spannend sind“, sagt sie. Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft habe jahrelang einen Leistungsvorsprung gehabt. „Andere Länder haben uns nun aufgeholt – wenn nicht sogar teilweise überholt“, so Kraus. Das deutsche Team werde sich nun wieder profilieren müssen. Dennoch wertschätze sie die Leistung der Nationalmannschaft und finde, dass man den Frauenfußball nicht unbedingt mit dem Männerfußball vergleichen darf. Kraus trainiert derzeit die (männlichen) U13- und U17-Teams beim DSC Wanne-Eickel und hat bis zu ihrem 32. Lebensjahr selbst Fußball gespielt. 

Martin Kortmann: Faible für Kleinherne

1860-Fan Martin Kortmann (inzwischen 61).
1860-Fan Martin Kortmann (inzwischen 61). © Unbekannt | MK

Der Sportausschussvorsitzende Martin Kortmann (61) hat eine Lieblingsspielerin bei der Fußball-EM: „Vom Namen her: Sophia Kleinherne“, sagt der Sozialdemokrat. Leider habe die deutsche Verteidigerin ansonsten keinerlei Bezug zu Herne. Auf dem Rasen sticht für ihn die gesamte deutsche Abwehr und insbesondere Torhüterin Merle Frohms hervor: „Diese eine Parade gegen Spanien war Weltklasse!“ Er schaue sich regelmäßig Spiele der Frauen-EM an, „nicht nur von Deutschland.“ Auch bei früheren Turnieren – ob WM, EM oder Olympia – habe er viele Frauen-Partien am Bildschirm verfolgt, sagt der Fan der (Männermannschaften) von Schalke 04 und 1860 München.

Alexander Schmottlach: Frauen sind athletischer und schneller geworden

Fan von Alexandra Popp: Alexander Schmottlach, hier 2017 als Trainer der Sportvereinigung Horsthausen.
Fan von Alexandra Popp: Alexander Schmottlach, hier 2017 als Trainer der Sportvereinigung Horsthausen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Alexander Schmottlach, der mehrere Jahre die Kreisauswahl der Damen betreut hat und mit ihr unter anderem Westdeutscher Meister wurde, schaut sich so viele Spiele der Frauen-EM wie möglich an. Das mache großen Spaß, sagt er. Denn der Frauenfußball habe sich in den vergangenen Jahren sehr weiterentwickelt. Die Frauen seien athletischer und schneller geworden, außerdem taktisch besser geschult, so der ehemalige Trainer der Damenmannschaft von Sportvereinigung Horsthausen. Der 39-Jährige betreut aktuell die erste Mannschaft von TuS Henrichenburg sowie die Minikicker der Sportvereinigung Horsthausen. Seine Lieblingsspielerin: Alexandra „Alex“ Popp. Die 31-Jährige vom Bundesligisten VfL Wolfsburg habe privat mal ein Turnier der Sportvereinigung Horsthausen besucht und dabei einen sympathischen und bodenständigen Eindruck gemacht.

Andrea Oehler: Die frühere Spielerfrau ist geflasht

Bürgermeisterin Andrea Oehler ist „geflasht“ von der Fußball-EM und insbesondere von den Vorrundenspielen des deutschen Teams.
Bürgermeisterin Andrea Oehler ist „geflasht“ von der Fußball-EM und insbesondere von den Vorrundenspielen des deutschen Teams. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Bürgermeisterin Andrea Oehler ist begeistert von der Fußball-EM und insbesondere von der Vorrunde des deutschen Frauen-Teams. „Ich bin geflasht.“ Die Damen hätten (bis zum Viertelfinalspiel gegen Österreich) einen herzerfrischen Fußball gespielt, sagt die Ratsfrau, die für die CDU im Sportausschuss sitzt. Zu verdanken sei das vor allem Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, die für einen tollen Teamgeist gesorgt habe. Andrea Oehler hat auch schon mal live im Stadion ein Länderspiel der Frauen gesehen: 2009 war das, in Bochum, beim 3:1 gegen Russland. Und auch auf eine „aktive“ Fußballkarriere kann die 64-Jährige zurückblicken – allerdings nicht als Spielerin, sondern als Spielerfrau: Ihr Mann Hans-Jürgen Oehler kickte einst als (Halb-)Profi unter anderem für den DSC Wanne-Eickel und Rot-Weiß Lüdenscheid. Bei Auswärtsspielen sei sie regelmäßig dabei gewesen. „Beim DSC durften wir einst zwar im Mannschaftsbus mitfahren, mussten aber vorne sitzen, um die Männer nicht zu stören“, erinnert sie sich. Was Andrea Oehler heute ganz persönlich stört: dass die deutschen Nationalspielerinnen vom DFB nicht so bezahlt werden wie die Männer.

Marcel Freienstein: Frauenfußball ist ehrlicher

Co-Trainer Marcel Freienstein verfolgt die Spiele der Frauen-EM.
Co-Trainer Marcel Freienstein verfolgt die Spiele der Frauen-EM. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Marcel Freienstein, Co-Trainer der Frauenmannschaft des SpVgg Horsthausen, verfolgt die Spiele der Frauen-EM. Die Deutschland-Spiele schaue er sogar jedes Mal mit der gesamten Mannschaft nach dem Training. „Ich habe eine große Bindung zum Frauenfußball, deswegen ist das für mich natürlich interessant.“ Das allgemeine Interesse am Frauenfußball habe in den vergangenen Jahr zwar zugenommen, aber erreiche noch nicht das Ausmaß wie bei den Herren. Frauen- und Männerfußball sei schwer zu vergleichen, sagt Freienstein. Aber: „Frauenfußball ist oft ehrlicher und nicht so theatralisch. Es ist eine andere Art des Fußballs.“ L

Claus Windeler: Lea Schüller ist seine Favoritin

Claus Windeler schaut die Frauenfußball-EM und hat eine Lieblingsspielerin.
Claus Windeler schaut die Frauenfußball-EM und hat eine Lieblingsspielerin. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Claus Windeler: „Seit neuestem schaue ich die Frauen-EM, weil die hervorragend Fußball spielen. Meine Lieblingsspielerin ist Lea Schüller vom FC Bayern München. Die Männer-Meisterschaften schaue ich natürlich auch. Da gibt es meiner Meinung nach schon noch Unterschiede. Die Männer sind ein bisschen besser und haben bessere Spieler.“

Christine Förster: Unterschiede zwischen Männer- und Frauen-Fußball

Christine Förster ist der Meinung, dass man Männer- und Frauenfußball nicht vergleichen kann.
Christine Förster ist der Meinung, dass man Männer- und Frauenfußball nicht vergleichen kann. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Christine Förster: „Ich interessiere mich nicht so für Fußball, aber ich finde es toll, dass Frauen auch Fußball spielen. Es gibt aber meiner Meinung nach Unterschiede zum Männer-Fußball. Beide haben andere Qualitäten. Die Männer sind zum Beispiel eher stärker. Das wären die Frauen auch gerne – klappt aber nicht immer.“

Oliver Jacoby: Bei Männern ist es spannender

Oliver Jacoby informiert sich über die Frauen-EM im Internet.
Oliver Jacoby informiert sich über die Frauen-EM im Internet. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Oliver Jacoby: „Im Moment schaue ich die Frauen-EM nicht live, aber verfolge den Stand im Internet. Ich finde, dass es trotzdem Unterschiede zu den Männern gibt. Da ist die Spannung einfach höher. Aber dennoch ist es interessant. Männer-Fußball lässt sich leider besser verkaufen. Oft ist es dann einfach eine Frage des Marketings.“