Herne.. Diese ehemalige Bergarbeitersiedlung hat einen skurrilen Namen: Hühnerleitersiedlung. Der Name erschließt sich durch die Anordnung der Straßen.


Manchmal muss man die Dinge von oben betrachten, um den Sinn zu entschlüsseln - wie bei der sogenannten Hühnerleitersiedlung in Wanne. Dieser eigentümliche Name erschließt sich bei einem Blick auf ein Luftbild. Darauf sieht man links die Emscherstraße, rechts die Hammerschmidtstraße - und die Sprossen dieser Leiter bilden die Vereinsstraße, Hüttenstraße, Schalkestraße, Mathildenstraße und Glückaufstraße.

Selbstverständlich handelt es sich auch in diesem Fall um eine ehemalige Bergarbeitersiedlung, die Straßenname sind schon deutliches Indiz.

Die Historie reicht zurück bis ins die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Die Zeche Pluto, die 1899 mit dem Schalker Gruben- und Hüttenverein und 1907 mit der Gelsenkirchener Bergbau AG fusionierte, errichtete gemeinsam mit dem Spar- und Bauverein Wanne, aus dem die Gemeinnützige Wohnstättengenossenschaft hervorging, ab 1902 die Siedlung.

Architekt Paul Spanier plante für den Spar- und Bauverein auf der Vereinsstraße bürgerlich großstädtische Häuser, wie Heimathistoriker Heinrich Lührig es auf seiner Internetseite www.wanne-eickel-historie.de beschreibt.

Der Bau der eigentlichen Bergarbeiterhäuser begann im Jahr 1906 an der Mathildenstraße. In den folgenden Jahren entstanden 153 Häuser unterschiedlicher Typen - vom Vierfamilien- bis zum Achtfamilienhaus. Typisch: Von der Siedlung aus war die Zeche zu sehen.

Aus heutiger Sicht betrachtet, war die Ausstattung primitiv, allerdings dürfte sie damals dem Standard entsprochen haben: Es existierte keine Zentralbeleuchtung und kein fließendes Wasser. Die Wohnungen waren etwa 55 Quadratmeter groß und sollten Familien mit fünf Personen und mehr Platz bieten. Heute liegen die Wohnflächen bei rund 90 Quadratmetern. Es gab einen Garten, um die Selbstversorgung mit Kleintieren wie Hühner oder Kaninchen sowie Obst und Gemüse zu ermöglichen. Bei einem Monatsverdienst von 110 Mark gingen 13,50 Mark für die Miete ab. 1919 erhielten die Häuser Gasbeleuchtung, wodurch sich die Miete um eine Mark erhöhte. 1925 entstanden Bürgersteige, es wurden Bäume gepflanzt - eine Maßnahme, die in Anlehnung an den Gartenstadt-Gedanken geschehen sein könnte. 1937 erhielten die Häuser Stromanschlüsse.

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Siedlung von großen Schäden verschont, mit den Jahren erhöhte sich der Anteil der türkischen Bewohner. Als sich die Stadt Herne mit einem Handlungskonzept für Bickern und Unser Fritz dem „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf“ verstärkt zuwandte, war diese Erneuerung in der Hühnerleitersiedlung bereits geschehen.

Ende 1987 begann die Veba als damaliger Eigentümer eine aufwändige Renovierung, die sich bis zum Jahr 1994 zog. 2002 wurden die Siedlungshäuser privatisiert.