Herne. Still stehen sollten die Zuschauer von Ausbilder Schmidt im Kleinen Theater Herne. Beim Hoftheater war aber ein taktischer Rückzug nötig.
Selten freut sich der gemeine Kriegsdienstverweigerer so sehr über militärischen Drill, wie wenn ihn in ausgewaschener Uniform Ausbilder Schmidt stramm stehen lässt und in allseits bekannter Manier, den Ton angibt. So auch am Sonntag beim Kleinen Theater als es beim Pop-Up-Hoftheater „Unterm Sonnensegel“ um „Die Lusche im Mann“ ging. Doch war für ihn und seine Kompanie in spe vorerst ein taktischer Rückzug ins überdachte Innere des Kleines Theaters in der Neustraße notwendig, um sich dem plötzlich einsetzenden Artilleriebeschuss in Form von Regenschauern zu entziehen.
15 freiwillige Besucher haben sich zum Dienst an der Front gemeldet und für ein zwar ausverkauftes, aber durch Absperrband seltsam anmutendes Haus gesorgt, was der Ausbilder mit kerniger Rhetorik kommentiert. Die gute Nachricht vorweg: Der militärische Sprech zieht sich durch die gesamte Vorstellung und hat, glatt poliert durch über 20 Jahre Bühnenerfahrung, auch noch seinen gewissen Reiz. Die schlechte: Manch eine Nummer wirkt so antiquiert wie Opas Schellackplatten-Sammlung an Militärmärschen, aufgelegt zum sonntäglichen Braten.
Charmante Publikumsbeschimpfungen durch Ausbilder Schmidt
Aber der stolze Besitzer des letzten funktionstüchtigen Leopard 2 Panzers ist längst in der von Genderdebatten verweichlichten Gegenwart angekommen, die ihm zwar so gar nicht schmeckt, doch als Platzhirsch der alten Schule weiß er sich irgendwie einzuordnen. Ferner geht es durch etwaige Anachronismen der Militärgeschichte, in der Holland als ewig und zurecht zu besetzendes Land nicht sonderlich gut wegkommt und so für „darf ich darüber lachen?“-Lacher sorgt.
Und weil sich so nach und nach der Schweiß durch das Tropen-Unterhemd kämpft, gibt es zwischendurch einen kräftigen Schluck Blutwurstsuppe mit frischem Mett aus der obligatorischen Feldflasche, gefolgt von manch charmanter Publikumsbeschimpfung – immer mit einem Augenzwinkern hinter den getönten Gläsern seiner Sonnenbrille, versteht sich. Der Umstände wegen, endet das Programm nach einer kurzen doch straffen Stunde, der eine Zugabe folgt, bevor dann die Schnürung der Springerstiefel endgültig gelockert wird.
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