Herne.. Die Herner Geflügelzüchterin Melani Marfeld kämpft gegen die Stallpflicht als Maßnahme gegen die Vogelgrippe. Sie hält die Gesetze für veraltet.

„Furchtlose Streiterin“ – das ist ja so ein Klischee. Aber warum soll man sie so nicht nennen, fragt Melani Marfeld – rhetorisch: „Das bin ich ja“, sagt sie. Seit vergangenem Herbst mehr denn je. Als Geflügelzüchterin gehört sie schon länger zu all jenen, die sich mit dem Thema „Vogelgrippe“ befassen.

Am vorvergangenen Wochenende kam die Meldung: Das Veterinäramt des Kreises Recklinghausen hebt auch für die Stadt Herne die Stallpflicht auf. Untersuchungsergebnisse hätten keine Hinweise auf Geflügelpest bei Wildvögeln ergeben, und höhere Temperaturen hätten für eine rasche Eindämmung des Influenzavirus in der Umwelt gesorgt sowie den Rückzug von Wildvögeln in ihre Brutgebiete gefördert: „Daher hat sich die Lage rund um die Geflügelpest H5N8 entspannt“, hieß es.

Kritik an veralteten Gesetzen

In Herne gebe es sechs Züchter und, soweit bekannt, mindestens 50 Halter von Geflügel, und sie seien trotzdem allesamt „genervt“, sagt Melani Marfeld. Seit Februar gelte eine EU-Verordnung, die im Umkreis von Risikogebieten (Seen, Rast- und Nistplätzen von Wildvögeln) ganzjährige Stallpflicht vorsehe. Das trifft zurzeit auf Herne nicht zu. Aber für den kommenden Herbst, sagt Melani Marfeld, sei erneut die Stallpflicht wegen der Vogelgrippe zu erwarten.

Melani Marfeld gehört zur Arbeitsgemeinschaft VogelFrei Cimbria (= kämpferisches Volk), die sich anders als das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die Landesministerien und das Friedrich-Löffler-Institut gegen eine flächendeckende Stallpflicht und vorsorgliche Keulung gesunder Tiere ausspricht: „Das Gesetz ist zehn Jahre alt. Es gab damals die Angst vor einer Pandemie, aber nichts ist passiert.“ Die Veterinärämter seien lediglich die Exekutive, die die Anordnungen der Ministerien ausführten und hätten kaum Handlungsspielraum.

Wissenschaftler unterstützen AG-Standpunkt

Der Standpunkt der Arbeitsgemeinschaft wird von Wissenschaftlern gestützt. Drei Symposien hat die AG bislang veranstaltet. Eines davon in Herne, mit 100 Besuchern zum Thema „H5N8 – Veterinäre, gefangen zwischen Wissenschaft und Politik“, mit hochrangigen Wissenschaftlern, Ornithologen und Verbänden. Auch Simone Brand, die Sprecherin für Landwirtschaft, Tier- und Verbraucherschutz der Piratenfraktion im Landtag NRW, informierte sich auf dem Symposium.

Melani Marfeld: „Die Argumentation der Wissenschaftler belegt, dass die Verordnung veraltet ist, weil sie auf einem zehn Jahre alten Gesetz beruht, als die Wissenschaftler noch keine wesentlichen Erkenntnisse zu der Gefährlichkeit der Vogelgrippeviren hatten.“ Die damals befürchtete Pandemie sei ausgeblieben; die Verbreitung der H5N8-Viren verlaufe nicht entlang der Fluglinien von Wildvögeln, sondern entlang der globalen Handelsrouten, vor allem zwischen Asien und Europa.

AG will gegen Keulung klagen

Melani Marfelds Geflügel hat sich an einem sonnigen Märzmorgen ein schattiges Plätzchen auf der Wiese gesucht. Das sah zurzeit der Aufstallungspflicht ganz anders aus: „Das Paradies war leer, die Tiere saßen dicht gedrängt im Stall.“

Für die Gegner der Stallpflicht seien die Verordnungen, das Keulen sowieso, „staatlich verordnete Tierquälerei und ein Verbrechen“. Und außerdem: Ein Ei von einem „freilaufenden“ Huhn, das auf Amtsanordnung im Stall untergebracht ist, das sei wohl kaum im Sinne der Verbraucher. Was der Arbeitsgemeinschaft zunächst bleibt: Sie werde demnächst, wie schon in anderen Fällen, wenn Tiere gekeult werden sollten, klagen, kündigt Melani Marfeld an.

Auf der Wiese in Holsterhausen picken und gurren die Hühner. Jetzt sind sie erst mal draußen. Bis zum nächsten Herbst.

>> Wissenschaftler ausganz Deutschland

Beim Symposium in Herne zur Vogelgrippe sprachen unter anderem der Ornithologe Dr. Peter Petermann (Wissenschaftsforum Aviäre Influenza), Prof. Dr. med. Sucharit Bhakdi, Facharzt für Mikrobiologie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, dort Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene und Prof. Dr. rer. nat. Karina Reiss (Klinik für Dermatologie am Campus Kiel des Universitätsklinikums)

Neben dem Symposium in Herne fanden zwei weitere Treffen in Kiel und Templin statt.

Weitere Informationen auf www.lachshuhnzucht-herne.com