Herne. Die Qual der Wahl: Aus zehn Arten kürt die Bevölkerung online den „Vogel des Jahres“. Und für wen stimmen Herner Vogelfreunde und -experten?

Eine Premiere: Noch bis zum Ende der nächsten Woche können Herne und der Rest der Republik den „Vogel des Jahres 2021“ wählen, der zuvor 50 Jahre lang unter Federführung des Naturschutzbundes (Nabu) von einem Expertengremium gekürt worden war. Anlässlich des Jubiläums darf nun auch die Bevölkerung ran. Die WAZ hat einige Herner Vogelfreunde nach ihren ganz persönlichen Favoriten befragt.

Die Feldlerche? Fand schon die kleine Hiltrud gut

Hiltrud Buddemeier schwärmte schon in ihrer Kindheit für die Feldlerche.
Hiltrud Buddemeier schwärmte schon in ihrer Kindheit für die Feldlerche. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Zehn Arten sind nach der Vorausscheidung auf der finalen Liste für die Wahl zum Vogel des Jahres gelandet (siehe Kasten). Wenn man bei Hiltrud Buddemeier anruft, um sie nach ihrer Nummer 1 zu fragen, muss man viel Zeit mitbringen - kann die langjährige Herner Sprecherin des Umweltverbandes BUND doch aufgrund ihres unermüdlichen Engagements auch für bedrohte Vogelarten lange Vorträge über jeden Kandidaten halten. Am Ende des 45-minütigen Gesprächs legt sich Buddemeier - wenn auch schweren Herzens - dann doch auf einen Kandidaten fest: die Feldlerche. „Sie liegt mir sehr am Herzen“, sagt sie. Und das schon seit ihrer Kindheit. Ihr Schulweg zum Marien-Gymnasium in Münster habe an Feldern vorbeigeführt, erzählt sie. „Ich habe mich jedes Mal darüber gefreut, wenn die Feldlerchen dort zum Himmel aufgestiegen sind.“

Grünen-Politiker stimmt für den „Singstar“

Für Pascal Krüger ist die Amsel der Vogel des Jahres 2021.
Für Pascal Krüger ist die Amsel der Vogel des Jahres 2021. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Pascal Krüger hat kein gefiedertes Haustier, bei der Wahl zum Vogel des Jahres aber einen klaren Favoriten: „Ich entscheide mich für die Amsel, weil sie ein Singstar ist und es schön ist, mit ihrem Gesang morgens wach zu werden“, sagt der Vorsitzende des Umweltausschusses und Grünen-Ratsherr. Und: Die Amsel sei bisher - genau wie Blaumeise und Stadttaube - noch nie „Vogel des Jahres“ gewesen. Den Wettbewerb findet der 35-Jährige gut, weil der Nabu mit diesem Format häufig „auf den Rückgang der Lebensräume und gefährdete Arten“ aufmerksam mache. „Flächenfraß und Klimaerhitzung setzen der Natur zu. Daher sind Grünerhalt, Entsiegelung und Bepflanzung weiterhin essenziell“, so Krüger.

Nabu-Mann hat eine Botschaft und ein Faible für Rotkehlchen

Norbert Kilimann vom Nabu - hier in seinem Garten - lobt die Intelligenz des Rotkehlchens.
Norbert Kilimann vom Nabu - hier in seinem Garten - lobt die Intelligenz des Rotkehlchens. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Nicht weniger kundig als Hiltrud Buddemeier ist der Herner Nabu-Vorsitzende Norbert Kilimann. Er kann wie die BUND-Aktivistin stundenlang über die Besonderheiten der einzelnen Vogelarten und noch viel mehr über die ihnen drohenden Gefahren philosophieren. Und so ist es dem 65-Jährigen auch ein ganz besonderes Anliegen, anlässlich dieses Wettbewerbs eine Botschaft zu verbreiten: Weil die wichtigsten Lebensräume für viele Vögel noch immer einfache Gärten seien, sollten Herner im Sinne des Natur- und Artenschutzes zumindest einen Teil ihrer Gärten „wild wachsen lassen“. Die Botschaft wäre hiermit übermittelt, doch die Frage nach dem Vogel des Jahres 2021 ist noch offen: „Das Rotkehlchen wäre eine gute Wahl“, sagt Norbert Kilimann. Das sei ein sehr intelligenter Vogel: „Was der alles drauf hat …“, schwärmt Kilimann und berichtet von Rotkehlchen, die sich auf Rasenmäher setzten, um beim Mähvorgang Insekten abzugreifen.

Im Einsatz für die Taube und gegen Tierquäler

Jan-Hendrik Wendt (li.) stimmt nicht nur bei Wettbewerben für Tauben ab, sondern kämpft auch um ihr Überleben. Rechts: Mike Stossun vom Verein Stadttauben Bochum
Jan-Hendrik Wendt (li.) stimmt nicht nur bei Wettbewerben für Tauben ab, sondern kämpft auch um ihr Überleben. Rechts: Mike Stossun vom Verein Stadttauben Bochum © Unbekannt | loc

Im Juni 2020 schlug Jan-Hendrik Wendt mit Gleichgesinnten Alarm: Ein Unbekannter machte an einer Autobahnbrücke an der Südstraße mit Blasrohr und spitzen Pfeilen regelrecht Jagd auf Tauben. Am Ende gelang es den Tierschützern, den Täter bei einer nächtlichen Wache auf frischer Tat zu ertappen und ihn der Polizei zu übergeben. Mit welchem Vogel er bei dem Nabu-Wettbewerb sympathisiert, muss man Jan-Hendrik Wendt deshalb erst gar nicht fragen: „Ich habe meine Stimme bereits für die Stadttaube abgegeben“, sagt der 30-jährige gebürtige Eickeler. Seine Liebe für diese bei einigen Menschen gar nicht gut angesehenen Vogelart wurde vor 16 Jahren im Dorneburger Park geweckt und durch Brieftauben des damaligen Nachbarn noch verstärkt. Heute hält er - im Garten der Eltern - selbst elf Tauben.

Epilog

Online-Abstimmung läuft

Bei der Nabu-Aktion „Vogel des Jahres“ stehen nach einer Vorausscheidung zehn Vogelarten online auf vogeldesjahres.de zur Auswahl. In der ersten Runde erhielten die meisten Stimmen: Amsel, Kiebitz, Stadttaube, Rotkehlchen, Rauchschwalbe, Goldregenpfeifer, Eisvogel, Haussperling, Blaumeise und Feldlerche. Gewählt werden kann noch bis Freitag, 19. März.

Einige Holsterhauser dürften die aktuelle Wahl zum Vogel des Jahres mit besonderem Interesse verfolgen - sind ihre Straßen doch nach Kandidaten der finalen Liste benannt. Konkret: der Lerchenweg und der Schwalbenweg. Und wenn sich alle Bewohner dieser beiden Straßen in Holsterhausen an der Abstimmung beteiligen würde, wäre dies vor allem für die Feldlerche von Vorteil. 325 Menschen sind nämlich nach Angaben von Stadtsprecherin Anja Gladisch auf dem Lerchenweg mit Hauptwohnsitz gemeldet; auf dem Schwalbenweg sind es „nur“ 78. Die Stadttaube könnte dagegen nicht davon profitieren, dass es in Holsterhausen auch einen Taubenweg gibt. Es handele sich hier um eine historische Adresse, die nicht im Straßenverzeichnis stehe, berichtet die Stadtsprecherin.