Herne. Die Gas- und Strompreise steigen enorm an. Wie sich das auf die Kundinnen und Kunden in Herne auswirkt und wer aktuell besonders viel zahlt.

Die gestiegenen Energiepreise sorgen derzeit in vielen Haushalten für Verärgerung. Im Laufe des vergangenen Jahres sind die Kosten stetig gestiegen, zum Jahreswechsel dann ein neuer Höchstwert. „Das ist wirklich mittlerweile in einem Maße, das wir so noch nicht kennen“, sagt Angelika Kurzawa, Sprecherin der Stadtwerke Herne im Gespräch mit der WAZ. „Ich möchte eigentlich schon von einer Explosion sprechen.“

Die Preisentwicklung im Einkauf von Gas und Strom während des vergangenen Jahres offenbart, dass sich der Preis für Gas, das aktuell bei rund 90 Euro pro Megawattstunde gehandelt wird, im Vergleich zum Januar 2021 versechsfacht und der Strompreis sich von rund 46 Euro pro Megawattstunde auf aktuell rund 200 Euro pro Megawattstunde mehr als vervierfacht hat.

Die Situation auf den Strommärkten online
Die Situation auf den Strommärkten online © funkegrafik nrw | Pascal Behning

Stadtwerke Herne: Grundversorgung ist teurer geworden

Der Blick auf die Stromkosten im Grundversorgungstarif der Herner Stadtwerke zeigt: Zahlte man 2021 für eine verbrauchte Kilowattstunde noch 7,883 Cent, so sind es 2022 10,740 Cent. Laut den Stadtwerken haben sich die Beschaffungskosten seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt. „Das liegt an einer weltweit steigenden Nachfrage und damit Verteuerung der für die Stromproduktion erforderlichen Brennstoffe“, heißt es in einem Kundenschreiben der Stadtwerke. Ein deutlich geringerer Posten ist im Vergleich dazu die Erhöhung des sogenannten Arbeitspreises der Netznutzung: von 29,67 Cent pro Kilowattstunde auf 30,62 Cent. Für einen Herner Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 2400 Kilowattstunden im Jahr bedeute das monatliche Mehrkosten von insgesamt 1,90 Euro.

Viele Energieanbieter konnten den gestiegenen Preisanforderungen des Marktes nicht gerecht werden, mussten Insolvenz anmelden. „Gerade bei Discount-Anbietern ist das zuletzt der Fall gewesen“, erklärt Stadtwerke-Sprecherin Kurzawa. Als Grundversorger ist das Unternehmen verpflichtet, diese Kunden aufzunehmen. Allerdings zahlt die Neukundschaft in der Strom-Grundversorgung deutlich drauf: Eine Kilowattstunde kostet sie 27,390 Cent, Bestandskundschaft zahlt im Grundversorgungstarif dafür 10,740 Cent.

Energieversorgung in Herne ist gesichert

„Wir haben in den Monaten November und vor allem Dezember rund 1100 Kunden in die Ersatzversorgung Strom und 650 Kunden in die Ersatzversorgung Gas bekommen.“ Dieser Kundenzuwachs sei nicht vorgesehen gewesen, habe aber durch Zukäufe von Strom- und Gasmengen aufgefangen werden können. Auf mittelfristige Sicht sei die Energieversorgung in Herne laut Kurzawa nicht gefährdet, „auf lange Sicht wird das geopolitische Geschehen zeigen, wie es sich weiterentwickelt“.

Angelika Kurzawa von den Stadtwerken Herne erklärt, dass die angespannte Marktlage sich auch auf Herner Haushalte auswirkt.
Angelika Kurzawa von den Stadtwerken Herne erklärt, dass die angespannte Marktlage sich auch auf Herner Haushalte auswirkt. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Bereits jetzt mache sich bemerkbar, dass die Mehrkosten nicht nur Menschen mit finanzschwacher Lage erheblich treffen: „Es erreicht so langsam auf jeden Fall die Mittelschicht.“ Immer häufiger meldeten sich Bürgerinnen und Bürger, die die Kosten nicht tragen können. Wie viele genau, könne Kurzawa nicht sagen, genaue Zahlen werden dazu nicht erhoben. „Wir sind an der Stelle auch wirklich bereit, den Menschen entgegenzukommen, etwa mit Ratenzahlung“, so die Sprecherin der Stadtwerke.

>>> Stadtwerke erhöhen Gaspreise ab April

  • Trotz langfristiger Beschaffungsstrategie: Die Stadtwerke Herne erhöhen den Bestandskundentarif „Stadtwerke-Comfort Gas“ zum 1. April 2022 um 1,20 Cent pro Kilowattstunde brutto.
  • Bei einem Verbrauch von 15.000 Kilowattstunden pro Jahr bedeutet das einen monatlichen Anstieg von 15 Euro brutto (12,61 Euro netto).