Herne. Das Land hat die Stadt Herne kritisiert, sie unternehme nicht genug im Kampf gegen Kinderarmut. Den Vorwurf will die Stadt nicht gelten lassen.
Hernes Sozialdezernentin Gudrun Thierhoff wehrt sich gegen Kritik der Landesregierung: Den Vorwurf, Herne habe Hilfen im Kampf gegen Kinderarmut nicht genutzt, hält sie für inakzeptabel. Vielfach handele es sich bei der Unterstützung aus Düsseldorf mehr um „Aktionismus“ als um grundlegende Konzepte. Die vom Land genannten Förderprogramme (siehe Infobox) seien aus mehreren guten Gründen nicht für Herne in Betracht gekommen.
Die Stadt hätte zunächst einmal einen Eigenanteil zahlen müssen, „doch dazu ist die Kommune angesichts der Haushaltslage nicht in der Lage“, so Thierhoff. Zudem hätte man umfangreiche Entwürfe schreiben müssen, „für die uns aber das Personal fehlt“. Schließlich „passten die Programme auch nicht zu unseren Strategien“, verdeutlicht die Dezernentin.
Herne hat ein vielschichtiges Hilfssystem entwickelt
Herne habe in den vergangenen Jahren ein vielschichtiges System entwickelt, um armen Familien zur Seite zu stehen. Das beginne mit der Geburt der Kinder und setze sich über Kita und Schulen fort. Besonders Augenmerk werde in der Begleitung auf Themen wie Gesundheit, Sprache, Bewegung und Motorik der Kinder gelegt. Doch diese Aspekte seien beispielsweise im dem fraglichen Programm „Kommunale Präventionsketten“ (früher: Kein Kind zurücklassen) nicht in der Form enthalten gewesen. Aus dem Fördertopf „Starke Quartiere - Starke Menschen“ habe man keine Gelder beantragt, weil Quartiersarbeit bereits finanziell aus anderen Programmen flankiert werde. Und auch hier habe das Problem des Eigenanteils bestanden.
Die Krux mit den Förderrichtlinien
Für Dennis Neumann von der städtischen Stabsstelle Zukunft der Gesellschaft liegt in den Förderbestimmungen auch eine Krux: Denn reiche Städte könnten sich eine solche Eigenbeteiligung in aller Regel leisten. Ärmere Kommunen hätten das Nachsehen, „obwohl gerade sie dringend auf Hilfen angewiesen sind“.
Wenn Land oder auch der Bund wirklich zur Verbesserung der Situation in Städten wie Herne beitragen wollten, müsste nach Ansicht von Thierhoff und Stephanie Jordan, Leiterin des Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie, an anderen Stellschrauben gedreht werden. Das Gezerre um die Finanzierung der Schulsozialarbeit sollte endlich ein Ende haben. „Wir brauchen die Sicherheit, dass die Stellen dauerhaft bleiben und zudem wäre es auch erforderlich, noch zusätzliche Stellen zu schaffen“, so Thierhoff. Es zeige sich im Alltag, wie wichtig der Einsatz der Schulsozialarbeiter sei, um Probleme frühzeitig zu erkennen und darauf einzugehen.
Mehr Kitaplätze schaffen
Darüber hinaus sollten auch deutlich mehr Gelder bereit gestellt werden, um den Ausbau von Kitaplätzen voranzubringen. Alle wissenschaftlichen Ergebnisse zeigten, erläutert Jordan, wie wichtig der Besuch eines Kindergartens für den weiteren Bildungsweg eines Kindes sei. Und insbesondere für Kindern von Hartz-IV-Empfängern bestehe die Gefahr, dass sie im Bildungsbereich benachteiligt werden. Kita-Ausbau heiße aber auch, dafür zu sorgen, dass ausreichend geschultes Personal da sei. Wie die Stadt Monheim einen beitragsfreien Besuch des Kindergartens zu ermöglichen, hält Thierhoff für wünschenswert, aber angesichts der Herner Finanzen für nicht umsetzbar. Notwendig wäre darüber hinaus, betont die Dezernentin, den Ganztag an Grundschulen auszubauen. In vielen anderen europäischen Ländern sei das Standard.