Herne.. Die festen Verdienstgrenzen werden durch die Anhebung des Mindestlohns immer mehr zum Problem. Das trifft Firmen ebenso wie die Beschäftigten.
Der Steigerung des Mindestlohns auf 9,19 Euro zu Jahresbeginn sollte eine Anhebung der Verdienstgrenze bei Minijobs folgen. Dieser Forderung aus Kreisen von Politik und Wirtschaft findet auch in Herne Unterstützung. Der Geschäftsführer der Herner Kreishandwerkerschaft, Martin Klinger, betont, dass sich durch das starre Limit beim Minijob Probleme für Betriebe ergeben. Bei der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 bedeutete die Höchstgrenze von 450 Euro noch, dass fast 53 Arbeitsstunden damit möglich waren, bei der nächsten Mindestlohnsteigerung waren es noch etwa 51 Stunden und, jetzt sind es nur noch - rechnerisch genau - 48,96 Stunden. Dadurch ergebe sich die Frage, wer die Arbeit übernehme, für die der Minijobber nicht mehr eingesetzt werden darf. Eine weitere Kraft einzustellen, mache keinen Sinn.
Interessant für Studenten
Angesichts des Fachkräftemangels im Handwerk sei es zudem schwierig, die Aufgaben auf die Schultern anderer Beschäftigter zu verteilen. Zudem hält der Geschäftsführer das Regelwerk für zu unflexibel. Es komme häufig genug vor, gerade auch in den Einsatzgebieten von Minijobbern, dass in einem Monat deutlich mehr Arbeit anfalle als im darauffolgenden. Aber gesetzlich sei es nun mal nicht erlaubt, die Monate miteinander zu verrechnen oder als eine Einheit zu sehen.
Nach Ansicht von Reinhard Mokanski, Geschäftsführer von sechs Rewe-Standorten, hat der Minijob im Laufe der Zeit an Attraktivität verloren. Mitarbeiter möchten mehr Geld verdienen, als das Beschäftigungsmodell mit der Limitierung zulasse, so Mokanski. Als Alternative biete sich der Midijob an (siehe Box), der den Wünschen und Vorstellungen deutlich besser entspreche und mehr Freiräume zulasse. Interessant sei der Minijob aber nach wie vor für Schüler und Studenten, die als Aushilfen im Einsatz sind.
Aus Gastronomiebetrieben verlautete, es sei schwieriger geworden, wenn nach den Minijob-Regeln bezahlt werde. Eine Anhebung der Grenze sei hilfreich, aber – ebenso wie Klinger - wünschen sich Wirte, dass bei den monatlichen Stundenkontingenten der Gesetzgeber mehr Beweglichkeit zulassen würde. Das Deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes in NRW schreibt: „Viele unserer Aushilfen möchten heute nur deshalb maximal 450 Euro verdienen, weil sie bis zu diesem Betrag keine Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen und der Lohn brutto wie netto ausgezahlt wird. Läge der Betrag höher, würden sie auch mehr arbeiten wollen. Für unsere betrieblichen Abläufe und die Personalplanung wäre es wiederum ein großer Vorteil, unsere Aushilfen mindestens 53 Stunden einsetzen zu können, als sie nach 49 Stunden oder noch weniger nach Hause schicken zu müssen“.
DRK hat Vorsorge getroffen
Während der Paketdienst GLS auf Anfrage mitteilte, er habe aufgrund des veränderten Mindestlohns zusätzliches Personal eingestellt, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen, hat das Deutsche Rote Kreuz Vorsorge getroffen, wie Geschäftsführer Martin Krause berichtet. Angesichts des zu erwartenden Anstieges der Lohngrenze habe man von vorne herein weniger Arbeitsstunden vereinbart und zahle ohnehin mehr als es das Gesetz verlange. Vom Grundsatz sieht aber auch Krause beim Minijob Nachbesserungsbedarf.
Eine Alternative: der Midijob
Verdient ein Mitarbeiter zwischen 450,01 und 850 Euro befindet er sich, so die Minijob-Zentrale, in der so genannten Gleitzone. Bei solch einem Midijob müsse er oder sie nicht die vollen Sozialversicherungsbeiträge abführen, sei aber in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entsprechend abgesichert.
Ein Minijobber zahlt, so die Agentur für Arbeit, keine Beiträge in die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, hat somit auch keinen Anspruch auf deren Leistungen. In der Rentenversicherung sind die Minijobber zunächst pflichtversichert, zahlen einen geringen Beitrag, können sich davon aber befreien lassen. Sozialversicherungsbeiträge zahlen allerdings die Unternehmer und müssen diese Abgabe der Minijob-Zentrale mit Sitz in Bochum melden.
In Deutschland gab es nach den Zahlen der Minijob-Zentrale vom Dezember 2018 rund 6,6 Millionen Minijobber im gewerblichen Bereich und rund 306.000 in Privathaushalten.