Herne.. Die neu gestaltete ständige Ausstellung widmet sich der vorindustriellen Zeit. Seit Anfang Juli ist sie zu besichtigen.
Gut 150 Jahre ist es her, dass in Herne der erste Schacht der Zeche Shamrock abgeteuft wurde. Eine neue Ära begann. Der bis dahin dünn besiedelte ländliche Raum mit den Ortschaften Herne und Eickel verwandelte sich in ein Industriegebiet. Die neu gestaltete Dauerausstellung „Land und Leute“ im Schloss Strünkede widmet sich dieser vorindustriellen Zeit. Seit Anfang Juli ist sie zu besichtigen.
Nicht mehr als das Obergeschoss des Schlosses stand zur Verfügung, im Erdgeschoss wurde bereits 2010 die Strünkeder Geschichte neu inszeniert. Dafür haben Museumsleitung und die Ausstellungskuratoren von ConCultura gute Arbeit geleistet. Nicht allein, dass sie bekannte Stücke in einen neuen Kontext gestellt haben. Es sind auch ganz neue, reich bestückte Abteilungen entstanden. Für „Land“ etwa ist in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv zusammengetragen worden, was über Höfe, Dörfer und Adelssitze an der Emscher zu ermitteln war.
Holszstich und Wappenstein
Zur Orientierung tun Besucher gut daran, sich zwischen den gelblich gekennzeichneten Stadtteilen zentral zu positionieren, so dass in alle Himmelsrichtungen die Ortschaften vor ihnen liegen. Crange zum Beispiel. Leicht zu erkennen am schön restaurierten Karussellpferd, das eine Sammlerin zur Verfügung gestellt hat. Es wurde um 1900 in Thüringen geschnitzt, wie Museumsleiter Oliver Doetzer-Berweger weiß. „Vermutlich war das auch mal auf Crange“. Das Ölgemälde dahinter von 1920 zeigt Emscherbrücher Dickköppe und ein Holzstich Haus Crange, aus dem auch ein Kapitell und eine Stuckverzierung stammen. Mit einem Drahtseil gehalten wird ein 200 Kilo schwerer Wappenstein von 1647 aus einem kleinen Cranger Brauhaus. Schmuckteller, Holzskulptur und andere mit kurzen Texten vorgestellte Teile ergänzen die Ecke.
Die Exponate aus den anderen Ortsteilen sind ähnlich arrangiert. Hier ein Fenster mit Bleiverglasung aus dem 16. Jahrhundert aus Herne-Mitte, dort die Orgeluhr aus Baukau, umgeben von Möbeln, Bildern, Karten - zum Teil lichtgeschützt -, Dokumenten wie historischen Fotos in Hängeregistraturen, von Höfen und Adelssitzen. Dort finden sich auch Angaben zu Einwohnern und sogar zum Viehbestand.
Den häufigen Wechsel der adeligen Herrscher haben die Kuratoren mit einer Porträtgalerie symbolisiert. Die Bilder hängen dicht an dicht an einer Wand im mittleren Teil des Raum, gleich neben einem prachtvollen Lehnsessel aus der Zeit um 1700. „Für die Beherrschten war es wurscht, wer gerade herrschte“, erklärt Doetzer-Berweger. Herne gehörte im Laufe der Jahrhunderte zu verschiedenen Herrschaftsgebieten, was im Alltag der Bauern aber kaum spürbar gewesen sei.
Wie es in den Häusern der Bauern aussah, vollzieht die Abteilung „Leute“ nach. Allerdings bewusst nicht in Manier eines Freilichtmuseums, in dem Räume naturalistisch nachgebaut werden. Diese Art der Darstellung sei nicht mehr zeitgemäß, so der Museumsleiter. Stattdessen eine serielle Anordnung: drei Truhen übereinander im Regal, eine Reihe von Torbalken mit Sinnsprüchen hintereinander. Die im Frühjahr in der Wand entdeckt alte Toilette von 1598 wird natürlich auch präsentiert, hinter Glas.
Geschichte „von unten“ zu erzählen, wie es der Anspruch der Dauerausstellung ist, heißt auch zu fragen: Wie viel Arbeit hatten die Bauersfrauen mit ihrem Haushalt? Was wurde gegessen? Die bekannte Herdstelle ist neu arrangiert. Gerichte wie das westfälische „Durchgemüse“ aus grünen Bohnen, Birnen, Kartoffeln und Speck wurden dort gekocht, das eingesprochene Rezept können sich die Besucher anhören. „Wir wollten zeigen, dass hier westfälisches Platt gesprochen wurde und nicht Ruhrgebietsslang“, erklärt Doetzer. Ein nachgebautes Tragejoch mit einer 20-Kilo-Last lässt die Besucher nachempfinden, welche Last auf den Schultern der Frauen ruhte, die täglich 461 Liter Wasser transportierten. Unter den Exponaten sind viele eigene Stücke, die zum Teil noch nie gezeigt wurden, darunter ein Kranbalken mit Löwenkopfschnitzerei.
Die eiszeitliche Abteilung ist ebenfalls neu gestaltet worden. Dabei wird der Sammler Karl Brandt als Begründer gewürdigt.
Ein Zeitstrahl von 300 000 v.Chr. bis 1857 zieht sich an der Wand durch die Abteilungen.
Geöffnet di-fr, 10-13 und 14- 17 Uhr; sa 14-17 Uhr; so 11-17 Uhr. Eintritt 2 Euro/50 Cent