Herne.. In Herne-Horsthausen bietet die Sparkasse eine ehemalige Kokereifläche zum Verkauf an. BUND und Anwohner sorgen sich: Sie wollen Grün erhalten.
Eine Anzeige auf Immobilienscout.de sorgt in Horsthausen für Unruhe: Die Sparkasse Essen bewirbt auf dem Internetportal eine „riesige Fläche an der A 42 mit vielseitigem Entwicklungspotenzial in Herne“.
Es handelt sich um ein ehemaliges Areal der Zeche Friedrich der Große zwischen Kanalstraße und Autobahn. Anwohner und BUND fordern die Stadt dazu auf, eine Bebauung der mittlerweile dicht bewachsenen Grünfläche zu verhindern und sie stattdessen naturnah zu gestalten.
Nur 200 000 Euro ruft die Essener Sparkasse für die immerhin 12 000 Quadratmeter große Fläche auf. Die Objektbeschreibung im Internet lässt erahnen, warum der Verkaufspreis so niedrig ist: Auf dem Areal standen früher eine Kokerei und eine Teerfabrik, die später abgebrannt ist. „Das gesamte Objekt ist im Altlastenkataster der Stadt Herne eingetragen“, heißt es auf Immobilienscout. Und: „Die Sanierungskosten für eine Baureifmachung hängen von Ihrer Planung ab.“
Nutzungsplan sieht gewerbliche Nutzung vor
Was sagt die Stadt? Das Gelände könne prinzipiell bebaut werden, weil es sich um einen sogenannten unbeplanten Innenbereich handele, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage der WAZ. Ein Bauvorhaben müsse sich jedoch in die Umgebung einfügen. Der Regionale Flächennutzungsplan sehe eine gewerbliche Nutzung vor.
Da Erkenntnisse über Belastungen durch die ehemalige Kokerei vorlägen, wären im Falle einer Bebauung vertiefende Untersuchungen und wohl auch Sanierungsmaßnahmen durch den Bauherrn erforderlich, so Hüsken. Was den Käufern drohen könnte, das zeigt ein Giftskandal auf der benachbarten Leibnizstraße in den 80er-Jahren (siehe unten).
Appell: Stadt soll Areal kaufen
Hiltrud Buddemeier (BUND) sowie Kanalstraßen-Anwohner (und Verdi-Sekretär) Norbert Arndt appellieren an die Stadt, das Grundstück zu kaufen. Nach dem Abbruch der Mauer könnte eine kleine Frischluftschneise entstehen, so Buddemeier. Der Baumbestand auf der von der Natur zurückeroberten Fläche sei gut.
Eine Bebauung lehnt die Umweltschützerin rigoros ab: „Man kann in Herne nicht alles bis zum letzten Flecken bebauen.“ Norbert Arndt wünscht sich eine „Planung mit Augenmaß“, die die Lebensqualität im Umfeld des Areals berücksichtigt.
Stadt lehnt Kauf ab
Der örtliche SPD-Stadtverordnete Walter Hanstein will sich noch nicht konkret äußern. „Ich verstehe aber die Haltung der Anwohner und stehe auch dahinter.“ Zu einem endgültigen Urteil fehlten ihm jedoch noch Informationen, die er in Kürze von der Verwaltung bekommen werde.
Eine sowohl für Hanstein als auch für die Anwohner relevante Information hat die WAZ schon erhalten: „Ein Erwerb durch die Stadt wird nicht in Erwägung gezogen“, erklärt Christoph Hüsken.
Schweigemarsch zum Herner Rathaus nach Giftfunden
„Gift im Boden an der Ruhr“ – so hat „Die Zeit“ im April 1986 getitelt. Die Wochenzeitung berichtete damals über einen Schweigemarsch von 30 Kindern mit ihren Müttern von der Leibnizstraße in Horsthausen zum Herner Rathaus.
Die WAZ hatte zuvor regelmäßig über diesen Giftskandal berichtet: Die Bewohner der Neubausiedlung - unter ihnen der spätere Sodinger Realschulleiter Uwe Scholle - protestierten, weil ihre Häuser offenbar auf verseuchtem Grund gebaut worden waren. Konkret: auf dem Areal der Kokerei und der Benzolfabrik von Friedrich der Große. Grenzwerte wurden um ein Vielfaches überschritten, insbesondere für den krebserregenden Kohlenwasserstoff Benzpyren.
Die WAZ und die Zeit berichteten, dass die Wahrheit nur scheibchenweise ans Tageslicht gekommen sei. Siedler hätten sich auf die Aussage der Stadt verlassen, dass von dem Boden keinerlei Gefahr ausgehe. Erst als beim Aushub einer Baugrube übelriechender Schlamm zutage gefördert worden sei, habe die Stadt Nachforschungen angestellt und schließlich die notwendigen Sanierungen veranlasst, hieß es.