Herne..
WAZ-Interview mit dem Imam Ali Riza Yavuz: Der 48-Jährige will sich um Integration bemühen. Ute Eickenbusch sprach mit dem Islamwissenschaftler.
Für fünf Jahre hat der türkische Staat den Islamwissenschaftler aus Sakarya entsandt. Da er wenig Deutsch spricht, hat Muzaffer Oruc, der Vorsitzende des Herner Integrationsrates, seine Aussagen zusammenfassend übersetzt.
Was ist die Rolle eines Imams in der Moscheegemeinde?
Ali Riza Yavuz: Die eine Seite ist die religiöse. Als Geistlicher spreche ich die Gebete. Auf der anderen Seite habe ich eine soziale Rolle. Ich besuche die Kranken und die Sterbenden, bin Eheberater und als Autorität gefragt.
Wie groß ist Ihre Gemeinde?
Ali Riza Yavuz: Von 2000 bis 3000 Menschen, die mich kennen, kommen zu den Gebeten 800 bis 1000 regelmäßig.
Wie haben Sie sich auf Deutschland vorbereitet?
Ali Riza Yavuz: Von 70 000 Imamen, die ins Ausland wollen, werden 300 bis 400 ausgewählt. Sie müssen drei Prüfungen absolvieren. Voraussetzung ist ein Universitätsabschluss. In einem einmonatigen Kurs werden wir auf Kultur, Bildung und Religion vorbereitet. Ich habe auch vier Monate Deutsch gelernt.
Wie unterscheiden sich Ihre Aufgaben dort und hier?
Ali Riza Yavuz: Hier sollte man sich um Integration bemühen und für die Kulturunterschiede einen gemeinsamen Nenner finden.
Warum sprechen die Imame nicht mehr Deutsch?
Ali Riza Yavuz: Das Problem ist, dass wir vor allem mit Türken zusammenkommen. Ich bin außerdem nur für eine bestimmte Zeit hier und habe viele Aufgaben.
Ist die Integration ein Thema in Gesprächen?
Ali Riza Yavuz: Es wird schon von Benachteiligungen in Behörden und Schulen berichtet. Ich kann nicht beurteilen, ob das objektiv der Fall ist. Ich gebe ihnen mit, dass sie sich an die Regeln halten sollen. Fragen wie die, ob Mädchen am Turnunterricht teilnehmen sollen, wurden mir nie gestellt. Da finden die Menschen selbst eine Lösung. Das Kopftuch wirft keine Probleme auf, da es ja zugelassen ist.
Ali Riza Yavuz: Auf keinen Fall Anwalt. Ich rate eher dazu, auch auf sich zu schauen, auf die eigenen Fehler, und sich zu öffnen.
Haben die Jugendlichen einen Bezug zur Gemeinde?
Ali Riza Yavuz: Mein Eindruck ist: Ein Drittel der hier lebenden Jugendlichen erreicht man, zwei Drittel nicht, was schade ist. Die einen sind schon in die deutsche Gesellschaft integriert, andere auf die schiefe Bahn geraten. Ich besuche auch die Justizvollzugsanstalt in Bochum. Der Anteil der türkischen Jugendlichen ist da sehr hoch, vor allem bei Drogendelikten.
Was tun Sie für sie?
Ali Riza Yavuz: Diejenigen, die länger im Gefängnis sitzen, haben psychische Probleme. Ich möchte sie so stärken, dass sie mit der Situation fertig werden.
Wie stehen Sie zu den ande-ren neun Herner Moscheen?
Ali Riza Yavuz: Wir haben Kontakt. Zu 90 % sind die Gemeinden eher welt-offen. Das hängt von den Ima-men ab. Extremisten kenne ich nicht. Dafür findet sich in den Ditib-Moscheen kein Nährboden, bei den anderen kann ich es mir auch nicht vorstellen.
Laut einer Studie sind religiöse muslimische Jugendliche gewaltbereiter als andere. . .
Ali Riza Yavuz: Das ist unsere größte Sorge, die Jugendlichen, die sagen, sie sind religiös, was aber mit der wahren Religion nichts zu tun hat. Das haben sie auswendig gelernt, um Recht zu behalten und sich zu schützen. Dabei ist der Islam ein Glaube des Friedens. Es gibt auch Eltern, die verbieten ihren Kindern, in die christliche Kirche zu gehen und begründen das mit einer Regel des Islam. Aber man muss die Verse im Zusammenhang sehen. Was praktiziert wird, ist nicht der wahre Islam, es kommt aber so an in der westlichen Welt, und wir müssen uns rechtfertigen.
Was sehen Sie als Ihre größte Herausforderung?
Ali Riza Yavuz: Mir ist wichtig, dass mein Sohn die Sprache gut lernt. Und wenn ich weggehe, möchte ich zur Gemeinsamkeit von Deutschen und Türken beigetragen haben. Ich bin froh, in Deutschland zu sein. Unsere Bevölkerung sollte hier nicht zum Problem werden, sondern zur Weiterentwicklung des Landes beitragen.