Herne.. 250.000 Kilometer – so lange hält ein LKW-Reifen. Diese und andere spannende Infos erfahren Leser bei WAZ öffnet Pforten bei Reifen Stiebling.


„Die meisten wissen gar nicht, dass wir auch Reifen produzieren“, sagt Christian Stiebling zur Begrüßung und fügt lachend hinzu: „Aber das werden Sie nachher alles sehen.“ Für fünf Leser öffnet die WAZ die Pforten der Firma Reifen Stiebling am Hölkeskamp­ring. Um einen Überblick zu bekommen, was das Familienunternehmen alles macht, zeigt der Geschäftsführer zunächst eine Präsentation. 200 Mitarbeiter und 20 Azubis arbeiten in zwölf Filialen im Ruhrgebiet. Eine Filiale gibt es auch in Bocholt, an der holländischen Grenze: „Wenn sie gerne Matjes essen, müssen sie unbedingt mal nach Dinxperlo fahren“, rät Christian Stiebling.

1929 gründete der Großvater das Unternehmen, das damals noch Vulkanisierungsanstalt hieß. „Die Runderneuerung von Reifen liegt uns nach wie vor am Herzen.“ Dabei sei Stiebling unabhängig von Marken. Auch wenn heute keine Autoreifen mehr runderneuert werden, weil es sich nicht mehr lohnt. Aber bei LKW-Reifen mache dies durchaus Sinn. Für einen neuen LKW-Reifen werden 83 Liter Rohöl und 80 Kilogramm Rohstoff verbraucht. Für eine Runderneuerung hingegen braucht es nur 26 Liter Rohöl und 15 Kilo Rohstoff. „Das ist ein enormer Beitrag zum Umweltschutz.“ Dass die Laufleistung eines LKW-Reifens bei über 250 000 Kilometern liegt, können die Leser kaum glauben.

Runderneuerung schont die Umwelt

Stiebling verkauft über 300 000 Reifen im Jahr. LKW- und Busreifen machen die Hälfte des Geschäfts aus. Auch Reifen für Gabelstapler werden bei Stiebling gepresst. „Der Bereich Autoteile geht übrigens auf meine Großmutter zurück“, verrät Christian Stiebling. Sie wollte aktiv werden. „Wir haben allerdings vor Kurzem umstrukturieren müssen, weil klassisches Zubehör wie Öl kaum noch gekauft wird.“ Seitdem gibt es Trägersysteme – für Fahrräder – der Firma Thule, die immer beliebter werden. „Dachboxen können bei uns ausgeliehen werden.“

Nach einem kurzen Flug durch die Historie des Unternehmens geht es zunächst in die Einsatzzentrale der Pannenhilfe. Stiebling verfügt über 18 mobile Montagewagen, die rund um die Uhr ausrücken, wenn einer der Kunden eine Reifenpanne hat. An dieser Stelle übernimmt Günther Mankowski. Er hat 47 Jahre als Vulkaniseur für Stiebling gearbeitet, ist seit zwei Jahren im Ruhestand, führt aber immer noch gerne Besucher durch „seine“ Abteilung, die Runderneuerung. Hier arbeiten ausschließlich Vulkaniseurgesellen und -meister. „Die Karkassen werden abgeholt und zum Trocknen reingeholt“, erklärt Günther Mankowski. Anschließend folgt die Sichtkontrolle. „Werden Schäden festgestellt, wird der Reifen sofort ausgemustert.“ Das ist auch nötig: Denn ein defekter Reifen könnte auf der nächsten Prüfstation, dem Druckprüfer, explodieren. Sind die Reifen aber in Ordnung, geht es für sie weiter in die Werkhalle.

Damals war das Knochenarbeit

Eine Raumaschine fräst das Gummi an den Seiten ab. „Bis vor 15 Jahren musste das alles noch von Hand gemacht werden, das war ein Knochenjob.“ Es folgt eine weitere Sichtprüfung. Macken werden von Hand aufgeraut, damit es hinterher keine Lufteinschlüsse gibt. Mit Hilfe von Bindegummi werden die Laufstreifen aufgebracht. Die Rohlinge kommen in sogenannte Envelopes, auf Vakuum. Dann geht es in den Kessel zum Vulkanisieren: Vier Stunden bei 150 Grad. Nach einer Endkontrolle sind die neuen Reifen fertig.

Günther Mankowski räumt während der Führung mit einem weit verbreiteten Irrglauben auf: „Dass runderneuerte Reifen empfindlicher sind, stimmt nicht.“ Eine Studie von Straßen.NRW belege, dass zwei Drittel der Reifenfragmente auf den Straßen von Neureifen stammen. „Im Übrigen sollten Sie ihre Reifen alle sechs Jahre wechseln.“