Ein Säugling fällt in Herne unerträglicher Gewalt zum Opfer. Gebrochene Rippen, innere Blutungen – Tod. Nun steht der Vater (26) vor Gericht.

Bochum/Herne. Diese Anklage zerreißt einem fast das Herz: Nur weil ihn das Schreien und Weinen seines gerade einmal zehn Wochen alten Jungen störte, soll ein Vater aus Herne zum Mörder geworden sein. Der 26-Jährige soll den kleinen Elias im Juni zu Hause praktisch totgeboxt haben. Am Mittwoch hat vor dem Bochumer Schwurgericht der Mordprozess begonnen.

Keine Einlassung zum Prozessauftakt

Es war 14.40 Uhr als der mutmaßliche Babymörder von zwei Wachtmeistern in den Saal geführt wurde. Zum Schutz vor den Kameras hatte der Vater sein Gesicht anfangs hinter einem ausgeklappten Aktenordner verborgen. Erst als die Fotografen den Saal verlassen hatten, legte der Angeklagte den Sichtschutz ab. Während der Verlesung der Mordanklage verzog der bärtige Lkw-Fahrer immer wieder leidvoll sein Gesicht, schluchzte leise und schlug sich sie Hände vor das Gesicht. Zu den Vorwürfen will er vorerst schweigen. Sein Verteidiger Matthias Kracke erklärte nur knapp: „Heute wird keine Einlassung erfolgen.“

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Säugling am frühen Abend des 19. Juni in einer Mietwohnung in der westlichen Herner Innenstadt von seinem Vater unvorstellbar brutal misshandelt worden ist. „Gegen 17.45 Uhr schlug er Elias mit seiner Faust oder aber einem stumpfen Gegenstand derart heftig in den Magen, dass es zu einer Rippenserienfraktur kam“, so Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann. Die Ärzte in der Kinderklinik Datteln stellten später diverse und allesamt so schwere innere Verletzungen im Rumpfbereich fest, dass das kleine Herz des Jungen schließlich um 21.50 Uhr aufhörte zu schlagen. Den Rettungsdienst hatten die Eltern zuvor selbst alarmiert gehabt. Art und Schwere der Verletzungen hatten in der Kinderklinik aber sofort einen Misshandlungsverdacht hervorgerufen, woraufhin schließlich auch die Polizei eingeschaltet worden ist.

Vorher mehrere Rippen gebrochen

Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann (Archivbild).
Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Zum Motiv für den väterlichen Entschluss, seinen eigenen Jungen zu töten, heißt es in der Anklageschrift wörtlich: „Weil er mit dessen weinerlichen Wesen nicht mehr zurechtkam, obwohl er selbst die Ursache für dessen Schmerzen gesetzt hatte.“ Der Lkw-Fahrer soll dem kleinen Elias nämlich bereits drei Wochen zuvor am 31. Mai bei einem vorherigen Gewaltausbruch mehrere Rippen gebrochen haben. Aufgrund der Knochenbrüche soll der Säugling anschließend nachts so gut wie nicht mehr geschlafen und häufig geweint haben. Die Eltern waren zwar Anfang Juni bei einer Kinderärztin, „verschwiegen hierbei jedoch die genauen Umstände der Schmerzen, so dass die Ärztin allein einen Nabelbruch diagnostizierte“, so die Anklage.

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Erst eine Woche später soll die Mutter einer anderen Kinderärztin offenbart haben, dass sie bei Elias stets „ein Knacken beim Atmen“ höre. Zur möglichen Ursache soll die Mutter die Ärztin aber angelogen und (obwohl sie wusste, dass Elias seine erheblichen Verletzungen anders erlitten hat) einen Unfall erfunden haben. Ihre Version soll gelautet haben: Ein vierjähriges Kind habe sich angeblich aus Versehen auf den in einer Sitzschale sitzenden Säugling gesetzt. Mehrere vereinbarte Untersuchungstermine in der Kinderchirurgie in Witten ließen die Herner Eltern dann laut Staatsanwaltschaft „aus Angst vor Entdeckung“ aber stets platzen. „Vielmehr überließen sie Elias seit dem 31. Mai seinem schmerzhaften Schicksal“, so die Anklage. Die Folge: Baby Elias soll immer unruhiger, weinerlicher und appetitloser geworden, habe zuletzt den Kopf nur noch auf die rechte Seite gedreht.

26-jährige Mutter ist mitangeklagt

Auch die Mutter des Säuglings ist in dem Mordprozess mitangeklagt. Allerdings nicht wegen Mordes, aber weil die ebenfalls 26 Jahre alte Frau ihr Kind vor dem Gewalttod bereits böswillig im Stich gelassen und dadurch gequält haben soll, lautet die Anklage in ihrem Fall auf Misshandlung von Schutzbefohlenen. Anders als der Vater sitzt die Mutter nicht in U-Haft. Für den Prozess hat das Bochumer Schwurgericht zunächst noch neun weitere Verhandlungstage bis zum 3. Februar 2021 anberaumt.

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