Herne. Fünf Hörstationen erschließen den Stadtteil Wanne als Schmelztiegel der Nationalitäten. Die Brost-Stiftung hat Herne die Audio-Tour spendiert.
„Sobald der Ball rollt, sind alle gleich. Egal, ob man die gleiche Sprache spricht, über Fußball versteht man sich.“ Was für die Sportfreunde Wanne-Eickel 04/12 gilt, wo über die Hälfte der Vereinsmitglieder einen Migrationshintergrund haben, ließe sich auch auf die Josefschule übertragen oder das Mevlana-Restaurant: Wo zusammen gespielt, gelernt oder gegessen wird, findet Integration ganz von selbst statt.
Wer bisher wenig Berührungspunkte mit anderen Kulturen in Herne hatte, dem seien die Hörstationen „InterkultOUR“ empfohlen: Mit den Audio-Dateien auf dem Handy oder Tablet können sich Interessierte jetzt auf einen interkulturellen Spaziergang durch Wanne begeben und dabei den genannten Sportverein, die Grundschule, das Restaurant und eine Ditib-Gemeinde an der Hauptstraße sowie die Syrisch-Orthodoxe Kirche besser kennenlernen.
Das Projekt
„Ruhrgebiet besser machen“, ein Projekt der Brost-Stiftung, hat Herne neben Bottrop und Oberhausen als Pilotkommune ausgewählt. Bei verschiedenen Beteiligungsformaten wie etwa den „Kneipengesprächen“ haben mehr als 650 Bürger 1250 Ideen für die Zukunft der drei Städte entwickelt. Die Audiotour entstand in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Stadtmarketing-Gesellschaft, die bereits ähnliche Touren durch Herne-Mitte und Eickel vorgelegt hat. „InterkulTOUR“ findet sich auf www.herne.de/interkultour
In der prachtvoll ausgestatteten Kirche an der Deutschen Straße wurde am Donnerstag auch die Audio-Tour vorgestellt - eine der Ideen, die aus dem Bürgerbeteiligungsprojekt „Ruhrgebiet besser machen“ der Brost-Stiftung hervorgegangen ist. Als deren Vorstandsvorsitzender war Bodo Hombach nach Wanne-Eickel zum Pressetermin gekommen. Er lobte die „offene, integrationsfreundliche Stadtgesellschaft“, die sich die „InterkulTOUR“ gewünscht habe. Den Spaziergang bezeichnete er als „ambulantes Rendez-vous“, bei dem „Gewohntes merkwürdig und Merkwürdiges vertraut“ werde. OB Frank Dudda bedankte sich für die Unterstützung der Stiftung. Die Kulturen hätten auch in Herne viel zu lange nebeneinander her gelebt. Es gelte Potenziale zu erkennen, unabhängig von der Herkunft - Respekt sei das Leitmotiv.
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Ursprünglich seien die Stadtrundgänge als geführte Touren zu den ausgewählten Orten gedacht gewesen, erklärte Michael Barszap als stellvertretender Leiter des Kommunalen Integrationszentrums Herne. Die Pandemie habe sie zu Audio-Angeboten werden lassen, die aber später, nach Corona, durch Führungen ergänzt werden könnten. „Es macht Spaß, das anzuhören“, freut sich Barszap über die Clips, „durch die O-Töne werden sie sehr lebendig.“
Begrüßt hatte die Gäste der Dekan der Syrisch-Orthodoxen Kirche Herne, Samuel Gümüs. Das Haus sei 1989 von der evangelisch-methodistischen Gemeinde übernommen und 1991 eingeweiht worden, berichtete er. 250 Familien aus dem ganzen Ruhrgebiet gehörten der Gemeinde an, ergänzte ihr Geschäftsführer Adnan Mermertas: „85 Prozent unserer Mitglieder sind deutsche Staatsbürger und Teil der Gesellschaft.“ Sie stammten ursprünglich aus der Türkei, Syrien, dem Libanon und dem Irak.
Wie das Vaterunser auf Aramäisch klingt, können die Nutzer der „InterkulTOUR“ übrigens in dem gut vierminütigen Clip zur syrischen Gemeinde hören, professionell eingesprochen, wie auch die anderen Audiodateien, von Achim Preikschat von Radio Herne. Konzipiert hat die kurzen, reportageartigen Hörstücke Jasmina Matera von der Brost-Stiftung, die auch die Interviews geführt hat.