Bochum/Herne. Nach Studierenden distanziert sich auch das Rektorat der Ruhr-Uni von der Herner St. Elisabeth-Gruppe. Grund: das Kopftuchverbot in Kliniken.
Das Rektorat der Ruhr-Universität Bochum distanziert sich in einer schriftlichen Stellungnahme von der Herner St. Elisabeth-Gruppe wegen des allgemeinen Kopftuchverbots in den Häusern der Gruppe. Auslöser war der Fall der 24-jährigen Praktikantin Melda Ende Januar. Die Hernerin hatte ihr Praktikum im St. Marien Hospital Eickel, das zur St. Elisabeth-Gruppe gehört, nach zwei Wochen abbrechen müssen, da das Tragen eines Kopftuch während der Dienstzeit nicht erlaubt sei.
- Lesen Sie dazu: Wegen Kopftuch: Herner Klinik schmeißt Praktikantin raus
Studierende der Ruhr-Uni nahmen das zum Anlass, gegen das allgemeine Kopftuchverbot der Klinikgruppe zu protestieren. Bereits im Februar hatte das Studierendenparlament in einem Brief das Ende des Kopftuch-Verbots bei der St. Elisabeth-Gruppe gefordert. Das Schreiben war an alle Chefärztinnen und Chefärzte der Gruppe verschickt worden. Die Botschaft: Sollte St. Elisabeth nicht von dem Verbot ablassen, könne man die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen als Träger eines Uniklinikums oder akademischen Lehrkrankenhauses nicht weiter unterstützen. Das Studierendenparlament hatte zuvor einstimmig einen entsprechenden Antrag des Fachschaftsrats Medizin verabschiedet.
RUB-Rektor Prof. Dr. Martin Paul und die Prorektorin für Diversität, Prof. Dr. Isolde Karle, stellen in ihrer aktuellen Mitteilung klar, dass die Position der St. Elisabeth Gruppe nicht im Einklang mit den Werten der RUB stehe. „Unsere Universität hat sich mit der Charta der Vielfalt verpflichtet, einer Vielfalt von wissenschaftlichen Diskursen und weltanschaulichen Perspektiven Ausdruck zu verleihen“, heißt es. Man sei bestrebt, Diskriminierung zu verhindern. Das werde auch von „mit der Universität durch Kooperationsverträge verbundenen Institutionen“ erwartet.
Auch interessant
St. Marien Hospital Herne spricht von einem Missverständnis
Derzeit stehe die Ruhr-Universität in Gesprächen mit der St. Elisabeth Gruppe. Man wolle sicherstellen, „dass dort eine Unternehmenspolitik hinsichtlich Diversität und Inklusion umgesetzt wird, die mit den Werten und Regularien der RUB im Einklang ist“. Rektor Paul gibt sich positiv: „Aufgrund der bisherigen Kontakte sind wir zuversichtlich, dass hier in Kürze eine Lösung angeboten wird.“
Auf dpa-Anfrage hatte Gruppen-Geschäftsführer Theo Freitag – wie auch im Januar gegenüber der WAZ – von einem „bedauerlichen Missverständnis“ gesprochen und „Fehler in der Kommunikation“ eingeräumt. In Gesprächen sei man nun bestrebt, das Problem aus der Welt zu schaffen.
Für Studierende der RUB ist es offenbar mehr als ein „Missverständnis“. In der Vergangenheit seien auch Studierende der Ruhr-Uni im Rahmen von Blockpraktika, Famulaturen und Praktischem Jahr aufgrund ihres Kopftuches diskriminiert worden, heißt es in dem Brief des Studierendenparlaments. Und: „Im Gespräch mit Ihrer Geschäftsleitung im Oktober wurde uns versichert, dass künftig niemand mehr im Rahmen von Studium und Ausbildung solchen Belästigungen ausgesetzt sein soll.“ Genau dies sei aber nun der Fall. Von der Geschäftsleitung um Theo Freitag fühle man sich daher nicht ernst genommen. Deshalb wende man sich nun direkt an die Chefärztinnen und Chefärzte.
Von der St. Elisabeth-Gruppe war am Mittwoch zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. loc/nik (mit dpa)
>>> Elisabeth-Gruppe: Kein Kopftuch während der Arbeitszeit
Bewerberinnen, die mit Kopftuch zu einem Vorstellungsgespräch erschienen, werde in dem Gespräch mitgeteilt, dass sie das Kopftuch während der Arbeitszeit nicht tragen könnten. So hatte es die Geschäftsleitung der St. Elisabeth-Gruppe nach dem Vorfall im Eickeler Hospital gegenüber der WAZ kommuniziert.
Das sei bei der Praktikantin im Januar offenbar versäumt worden. Wenn die Geschäftsleitung davon Kenntnis gehabt hätte, hätte Melda ihr Praktikum mit Kopftuch fortsetzen können, weil der Fehler bei der Gruppe gelegen habe, hieß es.