Herne. Es ist der Herner Bandleader Kurt Edelhagen, der Caterina Valente 1953 entdeckte - und das eher unfreiwillig. Wie es dazu kam.

Über 100 Jahren ist es her, da wurde in Herne Kurt Edelhagen geboren, leidenschaftlicher Musiker und der Leiter verschiedener Bigbands. Was viele nicht wissen: Der „Weltstar“ aus Herne wurde unfreiwillig auch zum Entdecker von Caterina Valente, die nun mit 93 Jahren starb.

Erst mal zu Edelhagen: Er startete eine ungewöhnliche Karriere. Er spielte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in amerikanischen Soldatenclubs, landete später beim Rundfunk, entdeckte Caterina Valente, gastierte in Paris, Moskau und Ost-Berlin, wurde Jazz-Professor und gestaltete die Musik für die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 1972.

Der Bandleader Kurt Edelhagen sei kein „Kölsche Jung“ gewesen, wie viele Zeitgenossen annähmen, sagt Norbert Kozicki, Mitglied der DGB-Geschichtswerkstatt, der sich viel mit der Geschichte der Jazzmusik beschäftigt und dabei auch das Leben von Edelhagen recherchiert hat. Auch wenn Edelhagen lange in Köln gelebt und dort tiefe Spuren hinterlassen habe: Seine Wiege habe in Börnig gestanden, stellt Kozicki klar. Am 5. Juni 1920 ist Edelhagen dort geboren worden.

Schon in der Kindheit von Musik umgeben

Kurt Edelhagen war schon als Kind in Herne von Musik umgeben. Oft übte er, während andere Kinder draußen spielen durften.
Kurt Edelhagen war schon als Kind in Herne von Musik umgeben. Oft übte er, während andere Kinder draußen spielen durften. © Unbekannt | Sammlung Stadtarchiv Herne



Edelhagen sei schon in seiner Kindheit in der Börniger Zechenkolonie immer von Musik umgeben gewesen. So habe der Vater Violine gespielt, sein Kind an Instrumente herangeführt und schließlich in der Essener Folkwangschule angemeldet. Nicht immer offenbar zu dessen Vorteil: „Wenn Freunde auf der Straße dem Fußball nachjagten, musste ich auf den schwarzen Tasten üben“, erzählte Edelhagen später den Mitgliedern des Rotary Clubs Köln. Und fügte laut Kozicki dabei an: „So manches Mal wäre ich lieber bei den Freunden gewesen.“

Während der Nazi-Herrschaft sei Edelhagen an der Essener Folkwang-Hochschule ausgebildet worden, habe dort seine spätere Frau, eine Kommilitonin, kennengelernt und nicht zuletzt auch seine Leidenschaft zur damals verbotenen Jazz-Musik entdeckt. Im Zweiten Weltkrieg sei er berittener Funker in einer Artillerieeinheit gewesen. Nach der Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft sei er im Sommer 1945 nach Herne zurückgekehrt – und seine musikalische Karriere habe auch dort begonnen.

Karriere startete im „Battle Axe Club“ auf der Bahnhofstraße

Und zwar: im ehemaligen „Central Café“ auf der von Fliegerbomben verschonten Bahnhofstraße. Das Café sei von den britischen Besatzungstruppen besetzt und in „Battle Axe Club“ umgetauft worden. „Nur britische Soldaten hatten Zutritt zu diesem Club“, berichtet Kozicki.

Heimspiel: Kurt Edelhagen bei der Gala „75 Jahre Stadt Herne“ im Mai 1972 in der Eissporthalle.
Heimspiel: Kurt Edelhagen bei der Gala „75 Jahre Stadt Herne“ im Mai 1972 in der Eissporthalle. © Unbekannt | Stadtarchiv


Am 11. Juni 1945 sei dort eine der ersten Jazzbands nach 1945 in Deutschland aus der Taufe gehoben worden: „Kurt Edelhagen gastierte erstmalig mit seiner Combo im britischen Club.“ Da die deutschen Musikinteressierten keinen Zutritt bekamen, habe Edelhagen mit seiner immer größer werdenden Gruppe im Kino „Schauburg“ erstmals am 25. März 1946 aufgespielt. „Der Erfolg im ausverkauften Haus übertraf die Hoffnungen der Optimisten“, so der 66-jährige Kozicki. „Am Ende der Veranstaltung brach das Publikum in riesigen Beifall aus“, fügt er an. Konsequenz: „Kurt Edelhagen und seinen Mannen gelang der öffentliche Durchbruch im Nachkriegsdeutschland.“

In den folgenden Jahren habe der „Börniger Junge“ Musikgeschichte geschrieben. Fasziniert von Duke Ellington, Lionel Hampton und Louis Armstrong spielte er erst Jazz, dann, begeistert von der Musik des amerikanischen Bigband-Leaders Stan Kenton, auch Unterhaltungsmusik, baute eine Bigband auf. „Dieses Wechselspiel zwischen Kunst und Kommerz sollte ihn seine ganze Karriere über begleiten“, sagt Kozicki. 1949 landete Edelhagen in Nürnberg beim Bayerischen Rundfunk, baute ein Jazz- und Unterhaltungsorchester auf, wechselte erst zum Südwestfunk, später zum Westdeutschen Rundfunk nach Köln. Auch dort habe er bekannte Orchester aufgebaut, seine Musik hätten die Hörer begeistert aufgenommen.

Caterina Valente kam mit ihrer Gitarre zum Vorspielen

Im Central-Café auf der Bahnhofstraße/Ecke Kirchhofstraße richteten die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg den „Battle Axe Club“ ein - Edelhagen trat dort auf.
Im Central-Café auf der Bahnhofstraße/Ecke Kirchhofstraße richteten die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg den „Battle Axe Club“ ein - Edelhagen trat dort auf. © Unbekannt | Stadtarchiv

In dieser Zeit sei der gebürtige Herner unfreiwillig zum Entdecker eines der größten Showtalente geworden: Im Herbst 1953 sei eines Abends eine junge Frau namens Caterina Valente mit ihrer Gitarre zum Südwestfunk gekommen, um bei Edelhagen vorzuspielen. Der habe die Valente sofort engagiert: „Noch bevor Caterina Valente ihre erste Platte herausgeben konnte, ging sie mit dem Orchester und Kurt Edelhagen auf Tournee, als begnadete Jazz-Sängerin.“

Ein weiterer Höhepunkt in seinen 29 Jahren Orchesterleitung sei für Edelhagen die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiel 1972 in München gewesen. Das Nationale Olympische Komitee habe ihm für die Gestaltung den Auftrag erteilt. „Den großartigen musikalisch-dramaturgischen Erfolg von Kurt Edelhagen ermöglichten 50 exzellente Musiker, drei Arrangeure, Komponisten und versierte Tontechniker“, erzählt Kozicki. Als Fürst Rainier von Monaco in der Ehrenloge den Takt mit klatschte, habe Edelhagen gewusst, dass er mit seiner Musik richtig gelegen habe. Auch die Fans seien hoch zufrieden gewesen: „Mit seinem Album mit der Musik zur olympischen Eröffnungsfeier stürmte er die Hitparaden und erhielt kurz vor seinem Karriereende die erste Goldene Schallplatte.“

Kurt Edelhagen starb nach langer schwerer Krankheit im Alter von nur 61 Jahren am 8. Februar 1982 in Köln. In seine Geburtsstadt Herne sei er im Laufe seines Lebens immer wieder zurückgekehrt. Über sie sagte der Musiker einmal: „Herne, wissen Sie, das ist wie eine Mutter. Sie braucht nicht die schönste Frau zu sein. Aber sie ist auf jeden Fall die beste“.