Heiligenhaus. Der Bergisch-Rheinische Wasserverband investiert fünf Millionen Euro in die Kläranlage Angertal in der Hofermühle. Was dort erneuert wird.
Zwischen all den Diskussionen über die Zukunft des alten Ruhrverband-Klärwerks am Abtskücher Stauteich, das stillgelegt werden soll – aktuell werden die riesigen Rohre für den Wassertransport zur Kläranlage Essen-Kettwig verlegt –, gerät schnell in Vergessenheit, dass es auch im Bereich Hofermühle eine große Kläranlage gibt, die allerdings vom Bergisch-Rheinischen Wasserverband (BRW) betrieben wird. Und dort stehen nun umfangreiche Bauarbeiten an. Denn: Die Faulschlammzentrifuge muss ersetzt werden
„Die alte Zentrifuge ist rund 33 Jahre alt, technisch veraltet und erneuerungsbedürftig“, teilt Heike Berlin-Brack vom BRW mit. Bereits seit Mitte vergangenen Jahres sei daher auf der Kläranlage für den Übergang eine mobile Mietzentrifugenanlage im Einsatz. Geplant ist für rund fünf Millionen Euro der komplette Neubau einer Halle und eines Stapel- und Lkw-Verladebehälters und aller Nebenaggregate.
Neben der Zentrifuge werden in der Halle auch die Lager-, Aufbereitungs- und Dosieranlage für ein sogenanntes Flockmittel stehen, ohne dessen Zugabe die Entwässerung des Faulschlammes nicht ausreichend gelingen würde.
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Baumaßnahme in Heiligenhaus soll rund ein Jahr dauern
Für die Baumaßnahme ist insbesondere in den ersten Wochen an Werktagen mit erhöhtem Baustellenverkehr zu rechnen. So muss beispielsweise Boden ausgehoben und abtransportiert und Beton für die Bauteile angeliefert werden. Insgesamt wird die Baumaßnahme auf dem Klärwerk Angertal etwa ein Jahr dauern, bis die neue Technik in Betrieb gehen kann.
„Die Baumaßnahme wird unter größtmöglicher Rücksichtnahme durchgeführt“, so der BRW. Anwohner werden um Verständnis gebeten, wenn es zeitweise zu Belästigung durch erhöhten Verkehr von und zum Klärwerk kommt.
Dafür ist die Faulschlammzentrifuge in Heiligenhaus erforderlich
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Und wofür ist die Zentrifuge überhaupt notwendig? „Aus wirtschaftlichen und verfahrenstechnischen Gründen wird der im Klärprozess entstehende Faulschlamm möglichst weit entwässert“, erläutert Berlin-Brack. Dies erfolge typischerweise – und auch auf dem Klärwerk Angertal – durch eine Faulschlammzentrifuge. Die neue Zentrifuge rotiert mit mehr als 3000 Umdrehungen in der Minute und verringert das Volumen des Faulschlammes durch die Entwässerung um etwa 90 Prozent.
Die größte „Waschanlage“ der Stadt ist rund 800 Meter lang
Der Faulschlamm-Bereich ist dabei nur ein kleiner Teil der riesigen Anlage, durch die das Wasser in der Hofermühle fließt. Elf bis 20 Stunden dauert es, bis nach rund 800 Metern aus trübem Schmutzwasser wieder klares Wasser – allerdings kein Trinkwasser – wird, das dann in den Angerbach geleitet wird. Für Laien ist nur schwer zu durchschauen, was genau in den einzelnen Becken passiert.
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In der Rechenanlage beispielsweise fließt das Schmutzwasser zunächst durch einen überdimensionalen Kamm. „Hier werden Grobstoffe wie Toilettenpapier, Fäkalien oder auch Kondome aus dem Wasser geholt“, berichtete BRW-Fachbereichsleiter Markus Koch vor einigen Jahren bei einem Rundgang durch die Kläranlage, in der nicht nur alles landet, was die Heiligenhauser die Toilette hinunterspülen, sondern auch das Regenwasser, das mit Laub und Straßendreck in die Kanalisation fließt. Klopapier, Laub und Co. kommen zunächst in große Container – und später dann in die Müllverbrennung.
700 Liter Wasser – pro Sekunde
700 Liter braune Brühe bahnen sich an Regentagen den Weg durch die „Waschstraße“ – pro Sekunde wohlgemerkt. Nach der Rechenanlage setzen sich im Sandfang in zwei breiten Kanälen bei niedriger Fließgeschwindigkeit Sand und andere schwere Partikel auf dem Boden ab und werden dann abgesaugt – und später von einer Spezialfirma zu Unterbau für Straßenbeläge verarbeitet oder zur Rekultivierung von Deponien eingesetzt.
Chemie und winzige Bakterien sorgen für klares Wasser
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Im Vorklärbecken setzt sich schmodderiger Schlamm ab, den sogenannte Räumer in die in den Boden eingelassenen Trichter schieben. Wirklich sauber ist das Wasser noch nicht, wenn vier Pumpen es vom Vorklärbecken in das höher gelegene Belebungsbecken befördern. Im „Herzen der Anlage“ kommt dann Chemie ins Spiel. Um den Phosphor aus dem Schmutzwasser zu ziehen, wird ihm Eisen zugesetzt. Die chemischen Elemente verbinden sich, setzten sich auf dem Boden ab und können anschließend mittels Trichter abgezogen werden.
Im Belebungsbecken holen winzige Bakterien Stickstoff aus dem Abwasser, das nun plötzlich braun-flockig wirkt – und darum noch sieben Nachklärbecken passieren muss, wo sich das gereinigte Wasser vom mit Bakterien durchsetzten Schlamm trennt. Erst dann ist das Wasser so weit, dass es in den Angerbach geleitet wird.