Heiligenhaus. Israel Gonzales und Cristina Moreno sind mit ihren Kindern Jorge und Lucy vom mexikanischen Puebla nach Niederberg gezogen. Warum sie hier ihre Zukunft sehen.

„Nimm mal Jorge aus dem Wagen, die anderen Kinder wollen doch sicher auch mal“, sagt Cristina zu Israel. „Ist doch gerade keiner hier, er kann ruhig noch eine Weile, es macht ihm doch Spaß“, antwortet er. Als das Ehepaar beim letzten Feierabendmarkt auf dem Rathausplatz unterwegs ist und miteinander spricht, kommt es den Umstehenden im wahrsten Sinne des Wortes Spanisch vor: Denn das ist die Muttersprache des jungen Ehepaars. Sie sind aus Mexiko vor anderthalb Jahren nach Heiligenhaus gezogen. Israel folgte einem Jobangebot seines Arbeitgebers Kiekert, wo er zuvor im lokalen Produktions-Hub für den amerikanischen Kontinent tätig war. Wie sich die Familie in Heiligenhaus eingelebt hat.

Was bewegt Menschen, von Mexiko nach Heiligenhaus auszuwandern? Dass Menschen für Jobs in andere Länder ziehen, kommt oft vor. Gerne zieht es Deutsche auch in wärmere Gefilde. „Die Kälte macht uns gar nicht so viel aus“, sagt Cristina; gewohnt sind sie in ihrer Heimatstadt Puebla jedoch ganz andere Temperaturen. Nur eins mögen beide nicht: Schnee. „Ich fahre noch immer nicht gerne, wenn es geschneit hat“, sagt Israel, und draußen laufen, das mag Cristina nicht. Aber sonst lieben sie bereits ihre neue Heimat: „Es ist so schön ruhig und grün hier, und die Menschen sind wirklich sehr nett und freundlich“, findet Israel.

Mexikanische Familie wird liebevoll empfangen in Heiligenhaus

Ein paar Kontakte haben sie schon knüpfen können, wie zur Freievangelischen Kirchengemeinde, „die sind alle sehr lieb“, so Israel, der beinahe fließend Deutsch spricht. „In Puebla ist es quasi modern, Deutsch zu lernen, denn wir haben dort viele deutsche Firmen, wie VW. Ich habe mit 19 Jahren angefangen, Deutsch zu lernen, und in meinem Studium war ich für ein Auslandssemester in Reutlingen“. Verstehen kann Cristina schon eine Menge, sagt sie, „das Sprechen fällt mir aber noch schwer, weil ich so wenige Möglichkeiten habe, es zu üben im Alltag“.

Denn momentan ist die 34-Jährige noch Vollzeit-Mama, Jorge ist zweieinhalb Jahre und geht in die Kita, die vier Monate alte Lucy ist kurz davor, das Krabbeln zu lernen. „Den Kopf kann sie schon heben, bald rollt sie sich“, freut sich der stolze Papa. Die Kinder seien auch ein Hauptgrund für das Paar gewesen, über die Auswanderung nach Deutschland nachzudenken. Ja, Mexiko sei ein tolles Land, und dort leben ja auch nach wie vor die Angehörigen und Freunde, „aber wir haben dort auch einfach Probleme, wie mit der Sicherheit. Wir haben einfach viele Drogenkartelle, da ist es hier mit Kindern einfach sehr viel sicherer“.

Deutsch lernen zur Integration steht oben auf der Liste

So freut sich die kleine Familie, wenn Verwandtschaft aus Mexiko kommt, „meine Eltern waren schon hier, es hat ihnen auch alles sehr gut gefallen“, so Israel. Das Kleinstädtische, das mögen beide, „in Puebla ist es immer sehr laut und hektisch, wir mögen es lieber ruhiger“. 1,6 Millionen Menschen leben in der Stadt südöstlich von Mexiko, da kann Heiligenhaus mit 26.500 Einwohnern nun mal nicht mithalten. Ruhiger im Gegensatz zu den Mexikanern seien die Deutschen, aber „sehr lieb und überhaupt nicht langweilig“, findet Cristina.

Sie will nun ihr Deutsch verbessern, „aber es ist eine schwere Sprache“. Aber auch eine lustige Sprache, finden sie: „Warum heißt es zum Beispiel, wenn man etwas nicht versteht, dass man nur Bahnhof versteht?“, fragt Israel lachend. Auch als seine Arbeitskollegen von sich als „alte Säcke“ sprachen, war der 34-Jährige anfangs irritiert. Und dass die Deutschen dazu neigen, Tiernamen als Kosenamen zu verwenden, nein, das sei neu für sie, ob Mäuschen, Hase oder Tiger. Aber keine Sorge: Wenn Jorge jetzt immer besser Deutsch lernt in den nächsten Jahren, werden sicher noch Begriffe dazukommen, die auch deutsche Eltern manchmal einfach nicht verstehen.