Heiligenhaus. Seit gut 45 Jahren ist der 63-jährige Heiligenhauser mit „Benzin im Blut“ im Bereich KFZ selbstständig. Angefangen mit einer kleinen Werkstatt verkauft er nun sein Unternehmen.
Frank Wagner schaut sich ein altes Foto aus seinem Smartphone an: „Das bin ich, der kleine Pimpf, an der Tankstelle meines Vaters mit meiner Mutter, das ist schon ein paar Jahre her“, sagt er lachend. „Das ist damals in einigen Zeitungen erschienen, da war ein dpa-Fotograf zufällig bei uns“. Auf dem Bild zu sehen sind Wagner und seine Mutter, sie füllen Benzin in Kanister, da ist er vielleicht fünf Jahre alt, „ich habe einfach Benzin im Blut“, sagt der Besitzer der Mercedes-Benz Frank Wagner KG an der Hauptstraße. Doch nach fast 45 Jahren Selbstständigkeit ist bald Schluss mit dem täglichen Kundenkontakt für den 63-Jährigen: Die Lueg-Gruppe übernimmt den Service-Standort in Heiligenhaus zum 1. Februar 2025.
Es sind schon emotionale Tage für Frank Wagner, eine bewegte Zeit liegt hinter ihm, mit Höhen und Tiefen, wie sie zum Leben dazu gehören. In diesem Monat läuten gleich zwei wichtige Unterschriften seine Zukunft ein: „Ich habe am 15. Oktober den Kaufvertrag von Lueg unterzeichnet, das ist also noch alles ganz frisch“, berichtet Wagner. Ende des Monats folgt zudem im Privaten die Scheidung mit seiner zweiten Ehefrau. Alles auf Neuanfang, könnte man sagen, aber Ruhestand sei jetzt nicht angesagt, macht Wagner klar: „Ich werde mein Sachverständigenbüro weiter betreiben, außerdem habe ich schon eine Halle angemietet, an der ich dann an meinen Oldtimern herumschrauben kann“. Denn so ganz ohne Autos und Arbeit, das geht für Wagner einfach nicht.
Heiligenhauser Frank Wagner hat „Benzin im Blut“
Dass bald Schluss ist, die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. „Ich bin schon ein starker Mensch, und das hier alles, das habe ich aufgebaut, das ist mein Leben. Was ich hier alles erlebt habe. Ich könnte drei Bücher schreiben“, erzählt Wagner. Doch das letzte Jahr sei nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht. Ich habe seit sieben Jahren keinen richtigen Urlaub mehr gemacht, außer ein paar freier Tage“. Stressbedingt habe er im letzten Jahr elf Kilo abgenommen, „ich denke, es ist jetzt die richtige Entscheidung“, so der Geschäftsmann.
Von halb sechs morgens an ist er im Autohaus, jeden Morgen gibt es Brötchen für die Belegschaft, „wir hatten mal 47 Mitarbeiter, jetzt sind es noch 39“. Der Laden boome, „wir haben immer mehr als gut zu tun. Unsere Kundschaft kommt aus Heiligenhaus, Velbert, aber auch Kettwig, Werden, Kupferdreh und Hösel, teilweise noch von weiter weg“. Die Kundenzufriedenheit sei groß, Kundenservice werde bei ihm großgeschrieben, so Wagner, „das ist vielleicht auch das Einzige, was ich rückblickend anders machen würde. Vielleicht war ich manchmal auch einfach zu lieb“.
„Zehn Jahre hätte ich noch weitergemacht“, sagt Frank Wagner
Gut weitere zehn Jahre hätte er sich vorstellen können, weiterzumachen, doch einiges habe sich verändert. „Seit Mai 2023 haben wir schon kein Neukundengeschäft mehr, das möchte Mercedes einfach nicht“. Keine Provision gebe es mehr für eine Vermittlung, was es für den Geschäftsmann eben null attraktiv macht. Und auch die Suche nach neuen, guten Mitarbeitenden gestalte sich immer schwieriger. Im Sommer sei Lueg dann mit einem Angebot auf ihn zugekommen, das habe er nun angenommen.
Jetzt wolle er den Übergang gut begleiten, „und ich möchte mich auch von ganzem Herzen bei meinen vielen Kundinnen und Kunden bedanken für die jahrelange Treue und mich bei ihnen allen verabschieden, am Ende werde ich auch sicher emotional sein“, sagt er mit einem Tränchen in den Augen.
Für Frank Wagner ging es mit der Selbstständigkeit im Jahr 1980 los
Wagners Selbstständigkeit begann am 2. Mai 1980 an der Hauptstraße, im Bereich des ehemaligen Ludgeruscenters, hinter der Tankstelle seines Vaters eröffnete er seine erste Werkstatt. „Das war klein und schnuckelig“, erinnert er sich. Er zog weiter an die Gohrstraße, 1989 wollte er hier neu bauen, als Mercedes Wuppertal auf ihn zugekommen sei. 1990 eröffnete er sein Autohaus an der Rheinlandstraße, bevor er 2001 das ehemalige Autohaus Schniewindt (zuletzt Gottfried Schulz) übernahm. „Sechs Millionen hat der Umbau gekostet, und dann kam 2008 die Wirtschaftskrise. Da habe ich gekämpft und viele Nächte nicht geschlafen“, erinnert er sich zurück.
Doch es ging weiter, 2010 folgte die Auszeichnung, über die sich Wagner richtig freute: „Wir sind einer von nur weltweit 35 Classicpartnern von Mercedes-Benz“, zeigt er auf die vielen Schmuckstücke in der Autohalle. „Jeder Mercedes-Benz ClassicPartner ist nicht nur ein Klassik-Spezialist, sondern auch und vor allem ein Mercedes-Benz Spezialist“, sagt Mercedes selber dazu. Das älteste Auto, um das sich in Heiligenhaus derzeit gekümmert werde, stamme übrigens aus dem Jahr 1936.
Das sagt Lueg zu der Übernahme
Die Lueg AG & Co. KG freue sich auf die Übernahme, teilt das Unternehmen mit: „Ganz im Sinne unserer Strategie, das klassische Autohausgeschäft weiter zu stärken, bauen wir unseren Servciemarkt für die Marke Mercedes-Benz AG angrenzend an unser bestehendes Servicenetz weiter aus und vergrößern unsere Präsenz im Bergischen Land“. Besonders freue man sich, alle Mitarbeitenden zu übernehmen und das gute Serviceangebot vor Ort fortzuführen und weiterzuentwickeln. Bei Lueg in Velbert gibt es übrigens bereits seit einem Jahr nur noch einen Servicepunkt, aber keinen Verkauf und keine Reparatur mehr.