Heiligenhaus..
Panagiotis Kritikos verdient sein Geld mit grünem Tuning: Statt Autos dröhnende Motoren und glitzernde Felgen einzubauen, senkt er ihren Spritverbrauch.
Zwischen sechs und acht Litern verbrauchen heutige Pkw im Durchschnitt auf 100 Kilometern. Wenn sie aus der Firma Mega-Speed an der Selbecker Straße wieder herausrollen, schlucken sie einen halben bis einen Liter weniger. Das entspricht einer Ersparnis zwischen 8,3 und 12,5 Prozent – oder, umgerechnet auf eine Tankfüllung von 50 Litern bei einem Literpreis von 1,58 Euro, bis zu zehn Euro mehr im Portemonnaie.
Dahinter steckt keine Trickserei, sondern ein Mann am Notebook. Panagiotis Kritikos starrt konzentriert auf das Display. Auf blau-grünem Hintergrund zeigt es gezackte Linien, die unterschiedlich hoch ausschlagen. Sie formen eine Art Kardiogramm des Automotors. Der Tuner hat die Software eines Pkw ausgelesen und analysiert sie jetzt auf seinem Computer. „Jedes Byte hat eine andere Funktion“, sagt er. Sensoren tasten Faktoren wie Drehzahl, Lastzustand, Ansaugtemperatur ab, die Software steuert dementsprechend den Motor. Panagiotis programmiert die Software um: Tuning per Mausklick.
Tuning per Mausklick
Das Ziel: Eine niedrigere Drehzahl bei höherem Drehmoment. „Wenn die Drehzahl hoch ist, verschwende ich Energie durch die vielen beweglichen Teile im Motor“, erklärt der KFZ-Meister. Diese Energieverschwendung reduziert er. Die Umdrehungszahl, die ein Motor normalerweise bei 50 km/h erreicht, senkt er um etwa 100. Dadurch verliere das Auto nicht an Spritzigkeit. „Die Beschleunigung bleibt die gleiche; er zieht trotzdem.“ Ein weiterer Ansatzpunkt des Heiligenhausers ist der Technikrückstand der Wagen, die auf seinem Prüfstand landen: „Bis ein Modell rauskommt, hat es fünf, sechs Jahre Entwicklungszeit hinter sich.“
Zeit, die dem Tüftler Spielraum für seine Arbeit verschafft. Zwischen einer Stunde und einem Tag dauert bei ihm normalerweise die Verwandlung einer Spritschleuder in eine Öko-Limousine. „Ich habe aber auch schon einen ganzen Monat an einem Wagen herumprobiert“, sagt er. Denn der Inhaber und Geschäftsführer von Mega Speed kauft seine Dateien nicht wie in der Branche üblich ein, sondern programmiert sie selbst. „Das machen in Deutschland nur ein oder zwei Handvoll Leute. Eco-Tuning bieten aber Tausende an.“
Für Eco-Tuning gibt es keine Ausbildung
Der Grund für das Tuning nach Schema F ist simpel: Für Eco-Tuning gibt es keine Ausbildung. Dreitägige Schulungen vermitteln die Grundlagen, „den Rest muss man sich anlesen und über die Analyse von Daten ausprobieren.“ Panagiotis las und probierte mit Erfolg. Seit zehn Jahren programmiert er selbst.
Ein Angebot, das für die Autohersteller Sand im Getriebe ist. „Für die ist das ein Verlust“, stellt Panagiotis klar. Liegt doch der Unterschied zwischen zwei Modellen derselben Firma oft bei zig tausend Euro – dabei sind beim teureren Wagen nur ein paar Software-Funktionen mehr freigeschaltet. Daher gewähren viele Hersteller keine Garantie mehr auf Motor, Getriebe und Achsen, sobald jemand wie Panagiotis an einem ihrer Wagen digital herumgeschraubt hat. Spezielle Tuning-Garantien stopfen allerdings solche Lücken.
Der TÜV ist einverstanden
Außer den Herstellern äußert niemand Bedenken gegen das Eco-Tuning. Wolfgang Schäfer, Prüfstellenleiter des TÜV in Velbert, fasst die Linie des TÜV zusammen: „Alles, was den Verbrauch mindert und die Umwelt schon, ist okay.“ Zwar erlösche nach dem Eingriff zunächst die Betriebserlaubnis, diese könne der Fahrzeughalter aber mit einem positiven Gutachten beim Straßenverkehrsamt wiedererlangen.
Seine Kunden hätten damit bisher keine Probleme gehabt, sagt Panagiotis. Er tunt den Privatwagen aus der Garage um die Ecke ebenso wie eine Firmenflotte Lkw oder die landwirtschaftlichen Maschinen eines Bauern. Für all diese Kunden gelte: „Wer Eco-Tuning einmal gemacht hat, der macht es immer wieder.“
300 bis 500 Euro kostet Panagiotis’ Arbeit bei einem Pkw. Ab 15 000 Kilometern Laufleistung nach dem Tuning rechne sich die Investition, sagt der 52-Jährige. Da erfährt sich so mancher Sparfuchs schließlich doch noch die glitzernden Alufelgen.