Heiligenhaus. Der Umgang mit todkranken Kindern kann auch Freude bereiten, sagt Kornelia Smailes. Etwa beim neuen Heiligenhauser Kinderhospizdienst.
Es gibt Wörter, die sind kaum zu ertragen: Kinderhospiz ist eins davon. Und doch ist es sinnvoll, nicht die Augen davor zu verschließen, denn auch in Heiligenhaus leben Babys, Kinder, Jugendliche mit sogenannten lebensverkürzenden Erkrankungen. Sie und ihre Familien brauchen neben der intensiv-pflegerischen Betreuung vor allem eins: psychosoziale Unterstützung im Alltag. Hier setzt die Arbeit des neuen ambulanten Kinder- und Jugendhospizes in der Selbeck.
Kornelia Smailes strahlt über das ganze Gesicht, wenn sie auf ihren Beruf angesprochen wird. Das ist schön und erfreulich, aber vielleicht nicht gerade das, was man von einer Frau erwartet, die seit 13 Jahren in der Kinderhospizarbeit tätig ist. Denn: „Meine Arbeit macht mir wahnsinnig viel Freude“, schwärmt die 59-jährige, die gemeinsam mit einer Kollegin das neue ambulante Kinder- und Jugendhospiz in Heiligenhaus aufbaut und koordiniert. Und: „Hospizarbeit hört sich unglaublich traurig an, ich weiß. Aber wir gehen in die Familien und erleben dort auch so viel Lebendigkeit, Fröhlichkeit. Das liegt daran, dass Kinder mit ihrer Krankheit und dem Tod meistens ganz anders umgehen als Erwachsene.“
Das ambulante Hospiz sorgt für alltägliche Entlastung innerhalb der Familien
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enn im Gegensatz zu Erwachsenenhospizen werden nicht nur Kinder in ihrer allerletzten Lebensphase betreut, sondern die Hilfe gilt für alle, die die ärztliche Diagnose „lebenslimitiert oder lebensbedrohlich erkrankt“ erhalten haben. „Das sind oft Kinder mit Stoffwechselerkrankungen, mit Gendefekten, mit neurologischen Störungen, an Krebs erkrankte Kinder, Kinder im Wachkoma und natürlich Unfallopfer“, weiß die gelernte Kinderkrankenschwester.
Noch ist das lichtdurchflutete und hochmoderne Büro spärlich eingerichtet - der riesige Neubau, in dem sich der Hospizdienst niedergelassen hat, befindet sich in seiner letzten Bauphase. In wenigen Wochen werden hier, im „Haus Selbeck“ in der Röntgenstraße, mehrere Wohngemeinschaften für intensiv zu betreuende und dauerbeatmete Kinder und Jugendliche entstehen. „Es ist natürlich kein Zufall, dass wir hier mit eingezogen sind, denn selbstverständlich stehen unsere Dienste auch den Bewohnern hier zur Verfügung.“ Mitarbeiter ambulanter Hospizdienste leisten keine pflegerischen Tätigkeiten, sie kümmern sich um Entlastung innerhalb der betroffenen Familien. „Es kann sein, dass eine alleinerziehende Mutter, die Nacht für Nacht mehrmals aufsteht, um ihr Kind zu versorgen, einfach mal einige Stunden durchschlafen möchte. Dann sorgen wir solange für den Nachwuchs, oder Eltern wollen mal mit dem gesunden Geschwisterkind etwas unternehmen. Vielleicht möchten die Eltern auch einfach mal wieder essen gehen oder sie brauchen Unterstützung bei Anträgen“, erklärt Kornelia Smailes, „Die Bedürfnisse sind so individuell wie die Familien selbst“.
Ob und wie man die Aufgabe als Hospizbegleiter bewältigt, hängt auch von der eigenen Lebensgeschichte ab
Weil der neue Hospizdienst aber nicht nur für Heiligenhaus, sondern den gesamten Kreis Mettmann zuständig sein wird, ist der Bedarf an neuen ehrenamtlichen Mitarbeitern groß. „Aus diesem Grund werden wir Anfang Februar mit einem dreimonatigen Ausbildungskurs zum Kinderhospizbegleiter starten und wünschen uns natürlich, dass es viele Menschen gibt, die sich beteiligen möchten“, erläutert die Koordinatorin. „Ganz besonders freuen wir uns über jüngere Teilnehmer ab 18 Jahren, denn wir kümmern uns ja auch um schwersterkrankte Jugendliche, da passt dann die Chemie oft einfach besser.“
Ein erster Informationsabend am 22. Januar soll Klarheit verschaffen, was genau die Arbeit als Hospizbegleiter bedeutet und vor allem, welche psychischen Belastungen sie aufwirft. „Wir werden uns zu Beginn der Ausbildung an einem kompletten Wochenende intensiv mit unseren eigenen Lebensgeschichten, unseren persönlichen Trauererfahrungen beschäftigen. Denn die eigene Einstellung zum Leben, zum Streben und zum Tod entscheidet mit darüber, wie wir mit diesen Themen umgehen können“, weiß Kornelia Smailes, die auch noch ausgebildete Trauerbegleiterin ist. „Und wenn jemand für sich erkennt, dass er die Betreuung der Familien nicht aushält, dann kann er immer noch gerne an anderen Stellen mitwirken. Sei es, um Feste mit zu organisieren oder uns bei der Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen. Wir freuen uns wirklich über jede helfende Hand.“https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.ece