Heiligenhaus.. Bufo bufo, die Erdkröte, wartet noch auf frühlingshafte Temperaturen. Viele Amphibien verstecken sich noch im Laub – und landen bald im Eimer.


Zaghaft schiebt sich die Sonne hinter den Wolken hervor und überzieht den Waldboden mit goldenen Sprenkeln. Der blaue Himmel täuscht. In dicke Jacken eingepackt wandern Manuela und Ingmar Janssen den Angerweg entlang. Der Blick bleibt auf den Boden hinter dem kniehohen Zaun gerichtet. Die beiden Naturfreunde suchen etwas, dass sich zwischen Laub und Schlamm gar nicht so leicht ausfindig machen lässt. Immerhin tragen die kleinen Wanderer Tarnfarben und sind auch sonst eher ruhige Zeitgenossen. Machen die Janssens eine Kröte ausfindig, landet sie im Eimer. In den Frühlingsmonaten brauchen die wechselwarmen Tiere nämlich ein Taxi zum nächst gelegenen Teich.

Bitte recht freundlich. Für das WAZ-Bild nimmt Ingmar Janssen ein Krötenpärchen aus dem Eimer. Mit geschlossenen Augen rollt sich das kleine Amphibien-Paket auf seiner Handfläche zusammen. Die große Linse vor ihrem Gesicht lässt sie kalt. Im wahrsten Sinne des Wortes – denn die Haut der Kröten fühlt sich so an, als kämen sie gerade frisch aus dem Kühlschrank. „Sie fühlen sich eigentlich sehr wohl auf der Hand. Heute Nacht war es recht kalt und die wechselwarmen Tiere müssen sich erstmal aufwärmen. Wären wir nicht da, würden sie das auf der Straße tun und überfahren werden“, erklärt Ingmar Janssen die Gefahr. Herrschen dauerhaft Temperaturen unter fünf Grad, kühlen auch die Frühlingsgefühle wieder ab. Dann laichen die Turtel-Kröten nicht und verharren in ihrer Winterstarre.

Wie in Zeitlupe fangen die Kröten schließlich an sich zu bewegen. Öffnen langsam ihre bernsteinfarbenen Augen und strecken die muskulösen Hinterbeine aus. Mit den Vorderen umklammert das Männchen jedoch weiterhin seine Angebetete. „Auf ein Weibchen kommen zehn Männchen. Deshalb versucht mich dieser hier so vehement loszuwerden. Er ist richtig sauer“, scherzt Janssen während er mit dem Finger über den Rücken des Casanovas streicht.

Hat das Krötenmännchen erstmal eine Partnerin gefunden, lässt er sich von ihr huckepack bis in den Teich tragen. Konkurrenten werden auf dieser Reise nicht nur weggestoßen, sondern auch lautstark fiepend in ihre Schranken gewiesen.

Den Weg zum Heimat-Weiher speichern die Tiere nach dem Schlüpfen als Instinkt ab und finden problemlos dorthin zurück. Wählerisch sind die Amphibien allerdings nicht. Liegt ein anderes stehendes Gewässer auf ihrem Weg, nehmen sie auch das an. Eine Bequemlichkeit, die sich Janssen in der Abtsküche zu Nutzen machen möchte. Dort sind es in den letzten Jahren nämlich immer mehr Tiere geworden.

Sie wandern auf der Strecke zwischen Museum und Ausflugsparkplatz über die Straße. Ihr Reiseziel sorgt für Sorgenfalten auf Ingmar Janssen Stirn: „Im und am Stauteich gibt es sehr viele Fressfeinde. Wir denken darüber nach, die Kröten in das neu hergerichtete Biotop dahinter umzusiedeln.“ Festinstallierte Zäune könnten die Tiere auf den rechten Weg führen.

Seit Mitte der 1980er Jahre gibt es schon das Kröten-Taxi. Anfangs sammelten die Helfer nur an der Ratinger Straße. Mittlerweile müssen sich die Janssens um diese Stelle keine Sorgen mehr machen. Bufo bufo (so der lateinische Name der Erdkröte) muss in der Hofermühle nicht mehr über die Straße watscheln, sondern kann bequem unter ihr hindurch schlüpfen. „Leider sind die Krötentunnel sehr teuer“, weiß Janssen. Bis aus der Zukunftsmusik eine lebensrettende Ode an die Heiligenhauser Erdkröten wird, müssen die helfenden Hände weiter zupacken.