Hattingen. Hüttenkampf und Kirchenkunst: Künstler Egon Stratmann, eine bedeutende Persönlichkeit Hattingens, ist tot. Eine Würdigung – mit vielen Bildern.
„Die Feuer lodern, greifen in die Dunkelheit. Nächte glühen plötzlich auf. Schwaden ziehen weiß, wogen, treiben, wenn der Wind sie packt. Unruhe in mir. Papier, Farbe, der Zwang, dies malen zu müssen.“ (Egon Stratmann in „Die Hütte“)
Hattingens Stadtgesellschaft ist traurig: Egon Stratmann ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein Leben bewegte sich zwischen Hüttenkampf und Kirchenkunst – auf jeden Fall aber immer in Blankenstein. Er war der prägendste Künstler dieser Stadt.
Nein, er sei kein Künstler, hat er immer wieder betont. „Ich mag den Begriff nicht“, sagt er einmal im WAZ-Gespräch. Denn: „Es gibt heute so viele Künstler. Ich bin Maler und Gestalter.“
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Und damit ist schon viel über diesen Mann gesagt, der so viele herausragende Fähigkeiten besaß, der aber immer bescheiden und ruhig im Hintergrund geblieben ist. Denn er wollte lieber seine Arbeiten sprechen lassen. Zum Beispiel dieses eine Bild vom Hochofen: Düsteres Feuerrot als Rahmen, schemenhaft, ganz in Schwarz, steht das Gebäude im Mittelpunkt. Hattinger spüren sofort den Schmerz, der die Arbeiter gequält haben muss, als das Aus für die Henrichshütte verkündet wird. „Dabei ist das Bild entstanden, als von der Schließung noch gar nicht die Rede war“, sagte er.
Das Hüttenfeuer hat ihn nie losgelassen
Das Hüttenfeuer war für ihn Inspiration, es war sein Leben, hat ihn nie losgelassen. Egon Stratmann hat es festgehalten, in seinem Kopf, in seinen Werken. Die Menschen, sie sind ihm ans Herz gewachsen. Er hat sie schwitzen sehen, malochen. Lachend, mit Leidenschaft. Er hat sie weinen sehen. Am Boden, um ihren Job, ihren Lebensplan gebracht. Die Henrichshütte: Bedrohung war sie, Herausforderung, Inspiration.
Gemeinsam mit Museumsleiter Robert Laube und Otto König von der IG Metall hat Stratmann im Jahr 1997 das Buch „Das Ende der Stahlzeit“ herausgegeben. Dafür hat er gemalt. Und auch geschrieben:
„Abstich! Die Halle glüht auf, Sterne sprühen, der Vulkan öffnet sich, gewollt, gezähmt. Das kalte Licht verschwindet. Der Pinsel hetzt über den Bogen, die Farbe fließt - läuft - Gelb - Orange, manchmal Grün, Umbra - Indigo. Paynesgrau, wo ist es? Es wird wieder dunkler. Die Glut zieht sich zurück.“
In Blankenstein geboren – und immer geblieben
Im Jahr 1936 wird Egon Stratmann in Blankenstein geboren, hier lebt er sein Leben lang. Er macht eine Handwerkslehre und lässt sich zum Maler weiterbilden, studiert an der Höheren Fachschule für Maler sowie an der Akademie der Bildenden Künste.
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Berufliches Standbein ist für ihn stets die Arbeit für die Kirche. Glasfenster gestaltet er, pures Handwerk, getragen von der Kreativität in der Motivfindung. „Zur Existenzsicherung beigetragen hat außerdem immer meine Lehrtätigkeit an der Meisterschule in Dortmund.“ Seine Fachbereiche: Farblehre und Gestaltung, Zeichnen, gestalterische Techniken und Farbtechnologie.
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Mit 37 entschließt er sich, ein Atelier zu gründen. In Blankenstein, wo sonst? „Ich bin hier verwurzelt“, sagt Egon Stratmann. Er engagiert sich für den Gethmannschen Garten, fürs Stadtmuseum, für das Leben in seinem Dorf. Die Innengestaltung der katholischen Kirche stammt aus seiner Hand und im Jahr 2000 stellt er den Blanken Stein auf den Marktplatz vors Museum.
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Vor fünf Jahren hat er der Henrichshütte ein Denkmal gesetzt: Gut 30 Jahre nach ihrem Ende hat Stratmann Geld für sein Projekt gesammelt und die Skulptur „Schmelzer – Menschen in Aluminium“ in Welper aufgestellt. Da stehen die beiden nun auf dem Marktplatz – „100, 200, 500 Jahre“, meinte Stratmann bei der Enthüllung. „Oder wie bei Mark Aurel in Rom 2000 Jahre.“