Hattingen. Hüttenkampf und Kirchenkunst: Künstler Egon Stratmann, eine bedeutende Persönlichkeit Hattingens, ist tot. Eine Würdigung – mit vielen Bildern.

„Die Feuer lodern, greifen in die Dunkelheit. Nächte glühen plötzlich auf. Schwaden ziehen weiß, wogen, treiben, wenn der Wind sie packt. Unruhe in mir. Papier, Farbe, der Zwang, dies malen zu müssen.“ (Egon Stratmann in „Die Hütte“)

Hattingens Stadtgesellschaft ist traurig: Egon Stratmann ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein Leben bewegte sich zwischen Hüttenkampf und Kirchenkunst – auf jeden Fall aber immer in Blankenstein. Er war der prägendste Künstler dieser Stadt.

Nein, er sei kein Künstler, hat er immer wieder betont. „Ich mag den Begriff nicht“, sagt er einmal im WAZ-Gespräch. Denn: „Es gibt heute so viele Künstler. Ich bin Maler und Gestalter.“

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Künstler Egon Stratmann in seinem Atelier in Blankenstein.
Künstler Egon Stratmann in seinem Atelier in Blankenstein. © WAZ FotoPool | Thomas Schild

Und damit ist schon viel über diesen Mann gesagt, der so viele herausragende Fähigkeiten besaß, der aber immer bescheiden und ruhig im Hintergrund geblieben ist. Denn er wollte lieber seine Arbeiten sprechen lassen. Zum Beispiel dieses eine Bild vom Hochofen: Düsteres Feuerrot als Rahmen, schemenhaft, ganz in Schwarz, steht das Gebäude im Mittelpunkt. Hattinger spüren sofort den Schmerz, der die Arbeiter gequält haben muss, als das Aus für die Henrichshütte verkündet wird. „Dabei ist das Bild entstanden, als von der Schließung noch gar nicht die Rede war“, sagte er.

Das Hüttenfeuer hat ihn nie losgelassen

Das Hüttenfeuer war für ihn Inspiration, es war sein Leben, hat ihn nie losgelassen. Egon Stratmann hat es festgehalten, in seinem Kopf, in seinen Werken. Die Menschen, sie sind ihm ans Herz gewachsen. Er hat sie schwitzen sehen, malochen. Lachend, mit Leidenschaft. Er hat sie weinen sehen. Am Boden, um ihren Job, ihren Lebensplan gebracht. Die Henrichshütte: Bedrohung war sie, Herausforderung, Inspiration.

Hüttenkampf in Hattingen: Egon Stratmann war dabei und hat ihn immer wieder verarbeitet.
Hüttenkampf in Hattingen: Egon Stratmann war dabei und hat ihn immer wieder verarbeitet. © Hattingen | Svenja Hanusch

Gemeinsam mit Museumsleiter Robert Laube und Otto König von der IG Metall hat Stratmann im Jahr 1997 das Buch „Das Ende der Stahlzeit“ herausgegeben. Dafür hat er gemalt. Und auch geschrieben:

„Abstich! Die Halle glüht auf, Sterne sprühen, der Vulkan öffnet sich, gewollt, gezähmt. Das kalte Licht verschwindet. Der Pinsel hetzt über den Bogen, die Farbe fließt - läuft - Gelb - Orange, manchmal Grün, Umbra - Indigo. Paynesgrau, wo ist es? Es wird wieder dunkler. Die Glut zieht sich zurück.“

In Blankenstein geboren – und immer geblieben

Im Jahr 1936 wird Egon Stratmann in Blankenstein geboren, hier lebt er sein Leben lang. Er macht eine Handwerkslehre und lässt sich zum Maler weiterbilden, studiert an der Höheren Fachschule für Maler sowie an der Akademie der Bildenden Künste.

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Berufliches Standbein ist für ihn stets die Arbeit für die Kirche. Glasfenster gestaltet er, pures Handwerk, getragen von der Kreativität in der Motivfindung. „Zur Existenzsicherung beigetragen hat außerdem immer meine Lehrtätigkeit an der Meisterschule in Dortmund.“ Seine Fachbereiche: Farblehre und Gestaltung, Zeichnen, gestalterische Techniken und Farbtechnologie.

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Arbeiten für die Kirche war für Egon Stratmann stets ein bedeutendes Standbein: Hier eines seiner kolossalen Glasfenster.
Arbeiten für die Kirche war für Egon Stratmann stets ein bedeutendes Standbein: Hier eines seiner kolossalen Glasfenster. © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch

Mit 37 entschließt er sich, ein Atelier zu gründen. In Blankenstein, wo sonst? „Ich bin hier verwurzelt“, sagt Egon Stratmann. Er engagiert sich für den Gethmannschen Garten, fürs Stadtmuseum, für das Leben in seinem Dorf. Die Innengestaltung der katholischen Kirche stammt aus seiner Hand und im Jahr 2000 stellt er den Blanken Stein auf den Marktplatz vors Museum.

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Vor fünf Jahren hat er der Henrichshütte ein Denkmal gesetzt: Gut 30 Jahre nach ihrem Ende hat Stratmann Geld für sein Projekt gesammelt und die Skulptur „Schmelzer – Menschen in Aluminium“ in Welper aufgestellt. Da stehen die beiden nun auf dem Marktplatz – „100, 200, 500 Jahre“, meinte Stratmann bei der Enthüllung. „Oder wie bei Mark Aurel in Rom 2000 Jahre.“

Egon Stratmann mit den Modellen seines letzten großen Projekts, zwei Skulpturen ehemaliger Hochofenarbeiter.
Egon Stratmann mit den Modellen seines letzten großen Projekts, zwei Skulpturen ehemaliger Hochofenarbeiter. © FUNKE Foto Services | Volker Speckenwirth
Am 18. .Dezember 2019 werden die „Zwei Schmelzer“ auf dem Marktplatz an der Thingstraße in Welper aufgestellt.
Am 18. .Dezember 2019 werden die „Zwei Schmelzer“ auf dem Marktplatz an der Thingstraße in Welper aufgestellt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer
Egon Stratmann hat der Henrichshütte mit seinen Skulpturen ein würdiges Denkmal gesetzt.
Egon Stratmann hat der Henrichshütte mit seinen Skulpturen ein würdiges Denkmal gesetzt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer
Egon Stratmann im Jahr 1994: Arbeiten in seinem Atelier.
Egon Stratmann im Jahr 1994: Arbeiten in seinem Atelier. © WAZ | Udo Kreikenbohm
Egon Stratmann und sein langjähriger Begleiter Elias, ein Graupapagei aus dem Kongo.
Egon Stratmann und sein langjähriger Begleiter Elias, ein Graupapagei aus dem Kongo. © WAZ | KREIKENBOHM, Udo
Im Jahr 2009 wurde auf dem Gelände des Haus Theresia in Bredenscheid eine Stratmann-Stele zum Gedächnis an Thresia Albers aufgestellt. Weihbischof Franz Vorrath segnete die Skulptur.
Im Jahr 2009 wurde auf dem Gelände des Haus Theresia in Bredenscheid eine Stratmann-Stele zum Gedächnis an Thresia Albers aufgestellt. Weihbischof Franz Vorrath segnete die Skulptur. © WAZ FotoPool | KREIKENBOHM, Udo
Kirchenkunst von Egon Stratmann.
Kirchenkunst von Egon Stratmann. © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch
Egon Stratmann hat gerne über seine beeindruckenden Arbeiten gesprochen.
Egon Stratmann hat gerne über seine beeindruckenden Arbeiten gesprochen. © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch
Ausstellung im Stadtmuseum 2011: „Farbe, Form, Objekt zu Kohle, Stahl und Kirche“ von Egon Stratmann.
Ausstellung im Stadtmuseum 2011: „Farbe, Form, Objekt zu Kohle, Stahl und Kirche“ von Egon Stratmann. © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch
Die rote Fahne steht als Symbol für den Widerstand und die Stilllegung des Hochofens 1987.
Die rote Fahne steht als Symbol für den Widerstand und die Stilllegung des Hochofens 1987. © WAZ FotoPool | Claudia Schütte
Künstler Egon Stratmann auf dem Blanken Stein in Blankenstein – es ist sein Kunstwerk.
Künstler Egon Stratmann auf dem Blanken Stein in Blankenstein – es ist sein Kunstwerk. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer
Zum 80. Geburtstag lässt er die WAZ in sein Atelier blicken.
Zum 80. Geburtstag lässt er die WAZ in sein Atelier blicken. © FUNKE Foto Services | Volker Speckenwirth
Ausstellung beim Kunstverein im Jahr 2022.
Ausstellung beim Kunstverein im Jahr 2022. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel