Hattingen. Ein Ehepaar möchte im einstigen Haus der Tochter des Ex-Bundespräsidenten in Hattingen eine Alm betreiben. Das Konzept - und die Probleme.
Hattingen soll eine Alm bekommen. Und zwar rund um den ehemaligen Familienferiensitz der Tochter des Ex-Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Wanderer sollen hier rasten können - und ein kleines Museum soll entstehen. Es gibt ein Veranstaltungsprogramm.
Samira und Boris van Loon-Behr haben das Haus Höhenweg 26 gepachtet. Ihre Idee: „Wir möchten alpines Lebensgefühl in die Elfringhauser Schweiz bringen“, sagt Boris van Loon-Behr. „Das soll hier wie eine Alm sein“, ergänzt Samira van Loon-Behr, die seit 30 Jahren in der Gastronomie arbeitet und sie liebt. „Wir möchten einfache Heimatküche anbieten, die sich auch eine Familie leisten kann.“
Tourismus: eine Alm in Hattingen, wo Uta Ranke-Heinemann mit Alice Schwarzer speiste
Mit ihrem Mann, der Architektur studiert und als Immobilienmakler gearbeitet hat, hat sie vier Kinder - und weiß, „dass Familien gern irgendwo ganz locker essen gehen“. So wie auch Wanderer. Schlicht, bodenständig, einfach: Das sieht das Konzept vor. „Es soll Leberkäse, Knödel, Weißwurst, Kaiserschmarrn, Spätzle, Kuchen geben in biologischer Qualität.“ Letzteres ist dem Paar wichtig.
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„Hier war einst ein Viehhandel und Landwirtschaft“, sagt Boris van Loon-Behr. Später dann nutzte die Familie der Theologin und Buchautorin Uta Ranke-Heinemann das Haus. In den Räumen und auf dem riesigen terrassenartigen Balkon stehen inzwischen am Kamin schon rustikale Bänke, Tische und Stühle, die das Paar von Gaststätten, die geschlossen haben, übernommen hat. „Der Nachhaltigkeitsgedanke ist uns wichtig“, erklärt Boris von Loon-Behr. Die Gäste sollen gelaufen oder mit dem Rad kommen. „Mit dem Auto ist die Felderbacher Alm nicht erreichbar. Das wollen wir auch gar nicht.“
Pächter wollen anpflanzen, was dann auf der Alm in Hattingen serviert wird
Das Paar möchte gerne auf dem Grundstück anpflanzen, was es dann auf der Felderbacher Alm den Gästen serviert. Doch das ist Zukunftsmusik. Denn derzeit dürfen die Gastronomen das Haus nicht nutzen als Gaststätte. Seit einem Jahr etwa sind die Pächter des Hauses im Gespräch mit der Stadt, um eine Nutzungsänderung zu erhalten.
Anstehende Workshops
Winter-Hatha-Yoga für Anfänger und Fortgeschrittene mit Kathrin Hermans findet in der Scheune der Felderbacher Alm am Samstag, 16. November, 11 bis 14 Uhr statt. Es gibt ein gemeinsames Mittagessen.
Um „Räuchern und Rituale“ geht es am Samstag, 23. November, 16 bis 19 Uhr, mit Christine Desimeier von Nawawi.de. Teilnehmenden erklärt sie, mit welchen heimischen Pflanzen sie räuchern können und wie sie mit Harzen und Hölzern Duftmomente erzeugen können. Gedacht ist der Workshop mit Kuchen und Getränken, der 59 Euro ksotet, als Auszeit vom Alltag.
Eine Anmeldung ist erforderlich unter www.felderbacher.de/workshops, per E-Mail an servus@felderbacher.de oder telefonisch unter 0172 96 96 964. Kosten: 39 Euro.
Derweil sind beide kreativ: „Wir haben in Sprockhövel, wo wir wohnen, ein Reisegewerbe angemeldet. Wir haben Stühle auf die Wiese gestellt, servieren aus einem mobilen Wagen an Wochenenden und Feiertagen bei jedem Wetter.“ Viele Wanderer auch aus Nachbarstädten haben die Alm längst für sich entdeckt im Vorbeiwandern. Dieser Pop-up-Biergarten mit Augustiner Bräu soll durchs Hügelland tingeln, so die Idee. Start war auf der Felderbacher Alm.
Derzeit sichtet das Pächterpaar die Hinterlassenschaften der Familie Heinemann im Haus, zeigt Taschen, Gürtel, Bücher mit Widmungen von Uta Ranke-Heinemann und eine Lampe aus einer TV-Sendung mit ihr, Kunstwerke, Fotos, die die Familie im Pavillon auf dem Grundstück zeigt. „Wir möchten ein kleines Museum einrichten.“
Newsletter der Felderbacher Alm in Hattingen
Einen Newsletter der Felderbacher Alm gibt es bereits, denn Workshops dürfen in den Räumen stattfinden. „Wir bekommen viel Zuspruch.“ Es gibt Workshops zum mentalen Wohlbefinden, zu Ayurveda, zum Gemüseeigenanbau, geführte Kräuter- und Ge(h)lassenheitswanderungen. Es gibt Kochkurse zur Vollwertkost, Baby- und Kinderkochkurse, Seminare zur Herstellung von Naturkosmetik, Putzmitteln oder Mitteln für die Hausapotheke, zum Fermentieren, über Wasserkefir und zum Einkochen oder zum Bekämpfen vom Verlangen - gleich ob nach Zucker, Knabbereien oder Nasenspray. Perspektivisch soll auch das Feiern auf der Alm möglich sein.
Stadt Hattingen sieht Reisegewerbe nicht gegeben
Die Stadt Hattingen sieht ein Reisegewerbe nicht gegeben. „Die Bewirtung erfolgt mindestens aus einer Hütte“, sagt Stadtsprecherin Susanne Wegemann mit Verweis auch auf Veranstaltungen wie Hütten-Fondue-Abende. „Keine der erforderlichen Genehmigungen für den Betrieb liegt vor: Weder eine Genehmigung für ein Gewerbe noch eine Gaststättenerlaubnis. Alles was dort in dieser Form angeboten wird, entbehrt einer rechtlichen Grundlage.“
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Die Zuwegung müsse gesichert sein. Der Weg zur Alm gehöre nicht den Betreibern. Es bedürfe somit der Zustimmung der Eigentümer. „Ob diese zu erwarten ist, stelle ich dahin.“ Der Weg sei öffentlich „Kraft unvordenklicher Verjährung“, meint indes Boris van Loon-Behr, der Weg existiere seit mindestens 1825. Die Beweisführung sei bei der Stadt eingereicht. Eine Reaktion stehe aus. Zudem besäßen die Pächter auch Anteile an dem Weg. Der Küchentisch sei auf Rollen, Grill, Zapfanlage und Kaffeemaschine seien mobil - und von der Lebensmittelbehörde des EN-Kreises ordnungsgemäß abgenommen. „Wir bewirten nicht aus der Hütte“, so Samira van Loon-Behr. Vertreter des Bauamtes seien schon öfter vor Ort gewesen.
Stadt: „Problem- und Rechtslage ist vielschichtig“
„Schon jetzt gibt es Beschwerden, dass die Straße, die zur Alm führt, zugeparkt ist. Es ist nicht so, dass die Besucher fernab auf einem offiziellen Parkplatz parken und sich zu Fuß dorthin aufmachen“, meint Wegemann. Der Landschaftsschutz spiele eine bedeutende Rolle, da sich das Grundstück im Außenbereich befinde. „Dafür ist der Kreis zuständig mit dem bereits Gespräche geführt wurden. Die Problem- und Rechtslage ist vielschichtig. Wir finden die Idee der Betreiber grundsätzlich gut, aber es müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden“, erklärt Wegemann.
Aufruf: Nächsten Platz für Wanderalm gesucht
Indes starten die Pächter diesen Aufruf: „Welcher Landwirt oder Privatmensch kann sich vorstellen, die Wanderalm im Hügelland über den Winter einige Wochen aufzunehmen als nächsten Standort?“ Info: Telefon 0172 9696964.
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