Hattingen. Hattinger verliert ein markantes Eingangstor: Das Viadukt an der Nierenhofer Straße soll abgerissen werden - für den Ausbau des Radverkehrs.

Hattingen verliert ein markantes Eingangstor: Der Landesbetrieb Straßen NRW plant, das historische Eisenbahnviadukt, das die Nierenhofer Straße überspannt, abzureißen. Das massive Bauwerk fällt dem Radweg-Ausbau zum Opfer. Oben soll über eine schlanke Brücke die Glückauf-Trasse verlängert werden. Unten führt dann ein breiter Radstreifen von Shell und Obi in Richtung Innenstadt.

Das geklinkerte Eisenbahnviadukt stammt aus dem Jahr 1883. In dieser Zeit war ein Teilstück der Eisenbahnlinie neu gebaut worden: von der Grünstraße bis zum Bahnhof Hattingen. Dazu wurde durch die Südstadt ein Damm aufgeschüttet. Gut 100 Jahre später legte die Bundesbahn die Eisenbahnlinie zwischen Hattingen und Wuppertal wieder still. Bis auf Höhe des heutigen Kindergartens am Südring verkehrten die Züge jedoch noch bis um die Jahrtausendwende – sie bedienten die Firma O&K. Die Gleise liegen noch immer dort.

Das Viadukt an der Nierenhofer Straße in Hattingen soll durch Straßen NRW abgerissen werden.
Das Viadukt an der Nierenhofer Straße in Hattingen soll durch Straßen NRW abgerissen werden. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Bausubstanz ist nicht gut

Zwischen der Stadtgrenze Wuppertal, über Sprockhövel bis kurz vor das Viadukt führt heute die Radtrasse. Über die Eisenbahnbrücke radelt jedoch niemand, kurz zuvor muss man links auf die Nierenhofer Straße abbiegen. Das soll sich langfristig ändern: Im Bauamt wird bereits die Fortführung der Trasse geplant, über eine neue Brücke und das einstige O&K-Gelände bis auf die Radwege an der Ruhr.

Bislang hat das Viadukt eine Fortführung verhindert. Nun kommt Bewegung in die Sache. „Wir brechen das Bauwerk ab“, so Straßen.NRW-Sprecher Andreas Berg. Zum einen sei die Bausubstanz nicht gut, zum anderen sei das „Lichtraumprofil bescheiden“. Will heißen: Die massive Brücke engt die Nierenhofer Straße an dieser Stelle zu sehr ein. Zwei große Fahrzeuge - etwa Feuerwehr und Lkw - passen nicht gleichzeitig durch den schmalen Durchlass. Das Viadukt wird durch eine „deutlich schlankere Konstruktion“ ersetzt.

Neuer Geh- und Radweg auf Mehrzweckstreifen

Für Lkw, Busse oder Feuerwehr wird es unter dem Viadukt an der Nierenhofer Straße eng.
Für Lkw, Busse oder Feuerwehr wird es unter dem Viadukt an der Nierenhofer Straße eng. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Zunächst wird in diesem Winter der starke Bewuchs auf dem Viadukt gerodet. „Erst dann können wir das Bauwerk vermessen und auf dieser Grundlage planen“, so Andreas Berg. Wann das Bauwerk abgerissen wird, kann er noch nicht sagen. Auch nicht wie: Den Gedanken an eine dann voll gesperrte Nierenhofer Straße will man nicht aussprechen.

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Für die Nierenhofer Straße ergeben sich durch den Abriss neue Chancen. Anstelle des Viadukts soll die Straße aufgeweitet werden und durch einen Geh- und Radweg ergänzt werden. Seit Jahren gibt es schon einen Mehrzweckstreifen zwischen Beuler Höhe (der Straße zu Obi) und der Reschop-Kreuzung. Dieser Streifen soll rot markiert werden und zum „richtigen“ Radstreifen werden.

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Denkmalbehörde hat Bauwerk geprüft

Der geplante Abriss des Viadukts ist der Grund, warum die Stadt Hattingen nur ein 4,5 Kilometer langes Teilstück der Bahntrasse ab Anfang 2025 asphaltiert. „Unsere Zielsetzung ist es, dass die Anbindung an die Ruhr bis zur IGA 2027 fertiggestellt sein wird“, so Stadtbaurat Jens Hendrix. Im Abbruch des alten Eisenbahnrelikts sieht er „verkehrlich einen Quantensprung für Hattingen“.

Aber steht das Bauwerk nicht unter Denkmalschutz? Tatsächlich stand es noch nie auf der Denkmalliste der Stadt. Nun hat die Obere Denkmalbehörde der Bezirksregierung Arnsberg die gemauerte Straßenbrücke noch einmal geprüft, nicht als „besonders erhaltenswert“ eingestuft und damit gegen den Denkmalschutz entschieden. Regierungssprecher Christoph Söbbeler: „Die Bezirksregierung hat sich ausführlich mit dem Bauwerk befasst, aber zugunsten des Radweg-Weiterbaus entschieden.“

Emotionalen Wert hat die Straßenbrücke sicherlich für viele Hattinger. „Für mich ist das Viadukt eine erhaltenswertes Erkennungszeichen Hattingens“, schrieb uns einst Leser Peter Hupperich. „Wenn das vor mir auftaucht, weiß ich: Ich bin zu Hause!“

Asphaltierung der Trasse startet bald

Die Radtrasse in Hattingen soll ihren schlechten Ruf als Matschbahn loswerden und asphaltiert werden. Die Pläne dazu sind Jahrzehnte alt: Erst fürchtete man, dass rasende Radler das Miteinander von Fußgängern und Radfahrern gefährden könnten und mehr Unfälle vorprogrammiert werden. Auch habe Naturschützer Unterschriften gegen die Versiegelung gesammelt. Doch die Kritik, die Strecke sei kaum nutzbar, wenn es nass ist, tiefe Schlaglöcher sogar gefährlich, reißt nicht ab.

Los geht es in diesem Winter mit Grünschnittarbeiten. Danach wird in Abschnitten gearbeitet, damit ist die Glückauf-Trasse immer nur in Teilstücken gesperrt. Umleitungen sollen nah an der Trasse erfolgen. Insgesamt soll die Asphaltierung etwa ein Jahr dauern.

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