Hattingen/Sprockhövel/EN-Kreis. Dennis Melsa managt als Berufsbetreuer Finanzen oder Behördengänge für andere. Dabei kommt es auch schon mal zu brenzligen Situationen.

„Wir sind Organisatoren.“ Mit diesen drei Worten umschreibt Dennis Melsa seinen Job. Der 37-Jährige arbeitet als Berufsbetreuer und ist für Menschen aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis zuständig. Melsa kommt dann ins Spiel, wenn Menschen ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen können. Der Grund dafür kann eine Erkrankung oder Behinderung sein. Was bringt dieser Job an Herausforderungen mit sich?

Dennis Melsa arbeitet selbstständig als Berufsbetreuer und gehört einer Bürogemeinschaft in Hattingen an. Bürokratische Dinge zu erledigen, das liegt dem 37-Jährigen. Dabei kommt ihm auch seine frühere Tätigkeit zugute: Bis 2014 arbeitete Melsa als Bankkaufmann, studierte dann Reha-Pädagogik.

Eva Ulrich, Sachgebietsleiterin der Betreuungsstelle des Ennepe-Ruhr-Kreises, und Dennis Melsa, gesetzlicher Betreuer, informieren über die Arbeit von gesetzlichen Betreuern.
Eva Ulrich, Sachgebietsleiterin der Betreuungsstelle des Ennepe-Ruhr-Kreises, und Berufsbetreuer Dennis Melsa informieren über die Arbeit von gesetzlichen Betreuern. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Damit seine heutige Tätigkeit als Berufsbetreuer auskömmlich ist, muss Dennis Melsa bis zu 60 Fälle laufend betreuen. „Die Vergütung ist über Pauschalen geregelt. In 95 Prozent der Fälle rechnen wir das mit der Justizkasse des Amtsgerichts ab.“

Vermögenssorge ist größter Aufgabenbereich

Rechtliche Betreuung

Das Wichtigste vorab: Eine rechtliche Betreuung bedeutet nicht, dass Menschen entmündigt oder entmachtet werden. Sondern sie sollen vom Betreuer so unterstützt werden, dass sie ihre rechtlichen Angelegenheiten so weit wie möglich selbst wahrnehmen können und ihr Recht auf Selbstbestimmung gewahrt bleibt.

Menschen, die über ein Vermögen von mehr als 10.000 Euro verfügen, müssen die Betreuung erst einmal selbst bezahlen. Doch in den meisten Fällen springt die Justizkasse ein. Denn in der Regel arbeiten Berufsbetreuer mit Menschen, die Sozialleistungen beziehen.

Die Betreuungsstelle des Kreises unterstützt die Gerichte bei der Entscheidung, ob ein rechtlicher Betreuer zu bestellen ist. Wie Eva Ulrich vom Ennepe-Ruhr-Kreis erklärt, ist mittlerweile ein Mangel an Betreuern zu verzeichnen. Da das klassische Modell, dass hilfsbedürftige Menschen im Kreise der Familie versorgt werden, immer mehr abnehme, steige der Bedarf an rechtlicher Betreuung. Gleichzeitig sei aber die Vergütung der Berufsbetreuer nicht sonderlich gut. „Im Kreis haben wir derzeit 67 registrierte Berufsbetreuer und können auch Betreuer aus Hagen oder Wuppertal anfragen“, erklärt Ulrich.

Wer Berufsbetreuer werden möchte, muss unter anderem einen entsprechenden Sachkundelehrgang absolvieren. Infos: www.berufsbetreuung.de oder unter www.enkreis.de

Der größte Aufgabenbereich von Dennis Melsa ist die Vermögenssorge, worunter zum Beispiel die Verwaltung des Girokontos fällt. Mindestens einmal im Jahr muss ein Berufsbetreuer dem Amtsgericht gegenüber eine Rechnungslegung vorlegen. „Im Grunde eine Auflistung, was auf dem Konto passiert ist.“ Der Standardfall sei, dass der Betreute eine Selbstverwaltungserklärung unterschreibt, womit er sein Konto komplett selbst verwalten darf. „Wenn der Betroffene selbst Geld abhebt, notiert man das entsprechend. Was der Betreute selbst mit seinem ausgezahlten Geld macht, da ist er völlig frei – solange der Betroffene nicht in eine Überschuldung rutscht.“ Regelmäßig komme es vor, dass ein Betreuter gegen Mitte oder Ende eines Monats anruft und kein Geld mehr habe.

Wie lange eine Betreuung laufe, sei unterschiedlich. „Bei manchen ist die Situation innerhalb von zwei Jahren so stabilisiert, dass sie ihre Angelegenheiten wieder selbst regeln können. Das ist auch das Ziel der Betreuung, dass die Leute wieder selbst für sich handeln können. Aber das ist abhängig von der Erkrankung.“

Berufsbetreuer helfen ihren Klienten bei ihren Finanzen oder auch beim Umgang mit Behörden.
Berufsbetreuer helfen ihren Klienten bei ihren Finanzen oder auch beim Umgang mit Behörden. © dpa-tmn | Silvia Marks

In schwierigen Fällen ruhig zu bleiben, das gelingt Dennis Melsa durch Abgrenzung. „Wenn man das länger macht, treten manche Sachen immer wieder auf. Wenn jemand alkoholabhängig ist, sind die meisten Rückfälle vorprogrammiert. Dann sind die Leute nicht mehr gut zu erreichen und das betrifft dann auch das Konto, weil in Massen Geld für das Suchtmittel ausgegeben wird.“

Brenzlige Situationen, in denen es zu Beschimpfungen oder Bedrohungen kommt, seien zwar nicht alltäglich, könnten aber vorkommen. Einen körperlichen Angriff hat Dennis Melsa bisher nicht selbst erlebt. „Aber wenn jemand zum Beispiel fluchend oben am Treppenabsatz steht, sollte man lieber die Situation verlassen. Wir sind ja alleine, und ein Gespräch ist in so einem Moment auch nicht zielführend.“ Angst habe er bei seiner Tätigkeit als rechtlicher Betreuer nicht, sagt Dennis Melsa. „Man verspürt Respekt.“

„Wir können nicht alles heilen.“

Dennis Melsa arbeitet als Berufsbetreuer

Hilfen organisieren und Angebote machen

Was ein rechtlicher Betreuer erledigt und vor allem, was nicht – darüber muss Dennis Melsa regelmäßig aufklären. Sowohl die Klienten selbst, als auch Angehörige oder Nachbarn. „Wir putzen nicht den Flur, bringen auch nicht die Einkäufe nach Hause oder fahren die Leute zum Bahnhof“, macht Dennis Melsa deutlich. „Man merkt, dass wir häufig die letzte Institution sind, wenn irgendwo Probleme sind.“

Dennis Melsa versuche als rechtlicher Betreuer, so viele Hilfen wie möglich für seine Klienten zu organisieren. Manchmal würde er sich auch gerne mal mit einem Betreuten hinsetzen und einen Kaffee trinken. Ein ganz normales Gespräch führen. Aber rechtliche Betreuer seien Organisatoren, keine Freunde. „Viele Leute sind trotz der Hilfen den überwiegenden Teil mit ihrem Leben allein. Wir können Angebote machen, aber wir können nicht alles heilen.“

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